Friedensgespräche für Syrien in Gefahr?
4. März 2016Die Voraussetzungen für die geplante Wiederaufnahme der Friedensgespräche für Syrien sind aus Sicht der Opposition derzeit nicht erfüllt. Das sagte der Koordinator des Hohen Verhandlungskomitees (HNC), Riad Hidschab, in Paris. Noch habe sich die Opposition nicht entschieden, ob sie an den für Mittwoch angesetzten Verhandlungen unter UN-Schirmherrschaft teilnehmen werde. Das hänge von den unmittelbaren Entwicklungen ab, so Hidschab.
HNC: Luftangriffe und Belagerungen gehen weiter
Als Gründe nannte der HNC-Koordinator wiederholte Brüche der Waffenruhe seitens der syrischen Armee sowie die anhaltende Belagerung von Städten und den fehlenden Zugang zu humanitären Hilfen. Seit einer Woche gelte eine Waffenruhe und trotzdem habe es seitdem 90 Luftangriffe auf Gebiete gegeben, die von der Opposition gehalten werden, beklagte Hidschab.
Außerdem nutzten die syrische Führung und ihre Verbündeten die Belagerungen weiterhin als "Waffe". Der HNC-Koordinator bekräftigte erneut die Position der Opposition, wonach es für Syriens Präsident Baschar al-Assad "keinen Platz" in einer Übergangsregierung geben könne. Assad habe "Blut an den Händen".
Frankreich fordert Einhaltung der Waffenruhe
Die Anfang Februar begonnenen Friedensgespräche sollen Vertreter der syrischen Regierung und der Rebellen an einen Tisch bringen. Bisherige Pläne zur Beendigung des Konflikts sehen die Bildung einer Übergangsregierung, die Erarbeitung einer neuen Verfassung sowie Neuwahlen vor. Die Rolle Assads ist ein Knackpunkt im Ringen um eine politische Lösung für Syrien. Russland unterstützt ihn, die USA sehen wie die syrische Opposition dagegen künftig keinen Platz für Assad in einer Regierung.
Hidschab war in Paris mit Frankreichs Außenminister Jean-Marc Ayrault, Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier, dem britischen Außenminister Philip Hammond und der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini in Paris zusammengekommen. Mit Blick auf die Friedensverhandlungen nannte auch Ayrault zwei Bedingungen: " Zugang aller Syrer zu humanitärer Hilfe und die volle Einhaltung der Waffenruhe".
Beobachtungsstelle: Luftangriffe in Ost-Ghuta
Dennoch hatten die Außenminister von "wirklichen Fortschritten" in dem Bürgerkrieg gesprochen. Zwar sei die Waffenruhe "keineswegs perfekt", neue Luftangriffe bei Damaskus zeigten ihre Zerbrechlichkeit, sagte der britische Außenminister. Doch habe sie die Gewalt insgesamt deutlich verringert, so Hammond. Laut der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in London hatte es am Freitag zwei Angriffe auf die Rebellenhochburg Duma bei Damaskus gegeben. Gemäß den nur schwer überprüfbaren Angaben der oppositionsnahen Organisation waren es die ersten Luftangriffe in der umkämpften Region Ost-Ghuta seit Beginn der Waffenruhe vor genau einer Woche. Die Beobachtungsstelle konnte nicht sagen, ob es syrische oder russische Flugzeuge waren.
Merkel und Hollande appellieren an Putin
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Präsident François Hollande riefen Russland auf, sich stärker für die Einhaltung der Waffenruhe einzusetzen. In einem Telefonat mit Staatschef Wladimir Putin sei es darum gegangen, "dass auch Russland seinen Einfluss geltend macht", sagte Merkel, die zu Besuch in Paris war. Kritik übte Hollande an den Plänen Assads für eine Parlamentswahl am 13. April. Der Kreml erklärte dagegen, die Wahl stehe "im Einklang mit der geltenden syrischen Verfassung" und sei "nicht störend für die Schritte hin zu einem Friedensprozess."
Erste Demonstrationen seit Jahren
In Syrien waren am Freitag erstmals seit Jahren wieder Anhänger der Opposition auf die Straße gegangen, um gegen Assad zu protestieren. Unter dem Motto "Die Revolution geht weiter" demonstrierten Hunderte Menschen in Rebellen-Gebieten in den Provinzen Aleppo, Damaskus, Homs und Daraa.
Die Vereinten Nationen (UN) bemühten sich derweil weiter, Hilfen an notleidende Menschen in Syrien zu verteilen. Wie die UN-Koordinationsstelle mitteilte, brachte sie in 23 Lastwagen Nahrung, Medikamente und andere Hilfsgüter für 20.000 Menschen in die Ortschaften Sakba, Ain Tarma und Hasse in der Region Ost-Ghuta. In den folgenden Tagen sollen weitere Hilfslieferungen folgen.
cw/mak (dpa, afp)