Südostasien in Sorge um Nordkorea
29. April 2017Die zunehmenden Spannungen zwischen Nordkorea und den USA versetzen auch die Staaten Südostasiens in immer größere Sorge. Bei dem Jubiläumsgipfel der ASEAN auf den Philippinen gehörte der Konflikt zu den wichtigsten Themen. Die Staats- und Regierungschefs der zehn Mitglieder zeigten sich in Manila "extrem beunruhigt". Sie arbeiteten an einer Erklärung, mit der Nordkorea aufgefordert werden sollte, sich ans Völkerrecht und die UN-Resolutionen zu halten, die Pjöngjang den Start ballistischer Raketen verbieten.
Nordkorea hatte am Morgen (Ortszeit) trotz des wachsenden Drucks der USA und Chinas erneut eine Mittelstreckenrakete getestet. Das Militär Südkoreas stufte den Test im Nachbarland allerdings als Fehlschlag ein. Die Rakete sei nach dem Start nördlich der Hauptstadt Pjöngjang höchstens 71 Kilometer hoch geflogen, bevor sie in der Luft auseinandergebrochen sei, teilte der Generalstab der südkoreanischen Streitkräfte mit. Das südkoreanische Außenministerium warf Nordkorea Provokation vor.
US-Präsident Donald Trump kritisierte den Test als eine Respektlosigkeit gegenüber China, dem einzigen großen Verbündeten des abgeschotteten kommunistischen Staates. Die chinesische Führung mahnte Nordkorea und die USA, es nicht zu einer Eskalation kommen zu lassen. Bei einer Konfrontation würden die Region und die gesamte Welt einen hohen Preis zahlen. Auch Japan und das Auswärtige Amt in Berlin verurteilten den Raketentest scharf.
USA sollen sich nicht provozieren lassen
Der philippinische Präsident Rodrigo Duterte, momentan Vorsitzender der ASEAN, apellierte am Ende des Gipfels, die USA sollten besonnen handeln und Zurückhaltung zeigen, um dem nordkoreanischen Führer Kim Jong Un nicht in die Hände zu spielen, weil dieser "den Weltuntergang" wolle. Jede Fehleinschätzung könne besonders für die Region in einer "Katastrophe" enden. Nach Dutertes Angaben ist für diesen Tag ein Telefonat zwischen ihm und Trump angesetzt.
Duterte sagte weiter, die jüngsten Entwicklungen der Weltpolitik seien auch ein "Test" für die Entschlossenheit von ASEAN, Frieden, Wohlstand und Sicherheit voranzubringen. Singapurs Ministerpräsident Lee Hsien Loong rief dazu auf, sowohl die Beziehungen zu China als auch die zu den USA auszubauen. Zum nächsten ASEAN-Gipfel im November, der wieder auf den Philippinen stattfindet, wird auch US-Präsident Trump erwartet.
Weiteres Thema des Treffens in Manila war der Streit zwischen vier ASEAN-Mitgliedern und China um verschiedene Inseln im Südchinesischen Meer. Im Entwurf der Abschlusserklärung verzichtete die Gemeinschaft jedoch auf schärfere Töne gegen die Volksrepublik.
Zehntausende Sicherheitskräfte im Einsatz
Aus Sorge vor einem Anschlag wurde der Gipfel von mehr als 40.000 Soldaten und Polizisten geschützt. Kurz vor Beginn war wenige Kilometer vom Tagungsort eine Bombe explodiert. Dabei wurden am Freitagabend mindestens 14 Menschen verletzt. Nach Angaben der Polizei hatte die Tat jedoch nichts mit dem Gipfel zu tun. Es soll sich dabei jedoch um eine Auseinandersetzung zwischen zwei kriminellen Banden gehandelt haben.
ASEAN wurde 1967 von zunächst fünf Ländern gegründet, die den USA nahestanden: Indonesien, Thailand, die Philippinen, Malaysia und Singapur. Heute gehören ihr auch kommunistische Staaten wie Vietnam an. Im Lauf der Jahre wurde die Gemeinschaft auch um Brunei, Laos, Myanmar und Kambodscha erweitert. Als elftes Land steht Osttimor auf der Warteliste.
Mit 625 Millionen Einwohnern - mehr als die Hälfte unter 30 Jahren - ist ASEAN heute größer als die Europäische Union (EU). ASEAN ist jedoch kein Verbund nach dem Muster der EU. Es gibt weder gemeinsame Gesetze noch eine einheitliche Währung, seit Ende 2015 aber einen gemeinsamen Binnenmarkt. Hauptziele der Organisation mit Sitz in Jakarta: wirtschaftliche Entwicklung, Frieden und Stabilität.
ust/sti (dpa, rtr, afp)