Südsudans ziellose Rebellion
10. Januar 2014Seit mehr als einer Woche schon verhandeln Vertreter des südsudanesischen Präsidenten Salva Kiir und des Rebellenführers Riek Machar in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba. "Das ist gut und wichtig", sagt Wolf-Christian Paes, der das Sudanbüro der deutschen Organisation "Bonn International Center for Conversion" leitet. Doch bei den Gesprächen,so Paes, gehe es ausschließlich um eine kurzfristige Feuerpause. Was eine Lösung des eigentlichen Konflikts betreffe, habe offenbar "das Nachdenken noch nicht einmal begonnen".
Ein Problem sehen Beobachter wie Paes darin, dass die heterogene Gruppe aus Kriegsfürsten und Funktionären der südsudanesischen Regierungspartei SPLM, die sich Riek Machar angeschlossen hat, selbst keine klaren Ziele formuliert hat. Obwohl sie große Teile des Landes unter ihre Kontrolle gebracht haben, verfügen die Rebellen über keinerlei erkennbare Strukturen.
Selbst die Führungsposition Machars innerhalb der Aufständischen ist keineswegs gefestigt. "Es gibt derzeit einfach niemanden anderen, der behauptet für die Rebellen zu sprechen", sagt Paes. Laut Magdi al-Gizouli, Sudanexperte des kenianischen Rift Valley Institutes, nutzt Machar die derzeitigen Verhandlungen, um seinen Führungsanspruch auszubauen: Machar bestehe etwa auf der Freilassung verhafteter Oppositioneller, um als landesweit bedeutender Politiker aufzutreten. "Hochrangige politische Gefangene unter seinem Namen freizubekommen, würde seiner Rebellion viel größeres politisches Gewicht verleihen, als sie derzeit hat", so al-Gizouli.
Interne Differenzen
Auch wer genau zu Machars Lager gehört, ist bislang nicht gänzlich geklärt. Mehrere mächtige Kriegsfürsten haben sich offen dem Aufstand angeschlossen. Inwieweit weitere Politiker in der Hauptstadt Juba, so etwa die Witwe des ehemaligen SPLM-Anführers John Garang, Rebecca Garang, die Rebellen unterstützen, sei allerdings unklar, sagt Sudan-Experte Paes. "Sie hat zumindest Teile des alten Garang Lagers hinter sich, die mit unterschiedlichen Elementen der Politik des Präsidenten unzufrieden waren."
Dass diese beiden Teile der derzeitigen Opposition - die Kriegsfürsten um Machar und die Politiker aus der Hauptstadt - gemeinsame Positionen für künftige Verhandlungen mit der Regierung entwickeln können, hält Magdi al-Gizouli für schwierig. "Wenn es zu Verhandlungen kommt, dürften die Unterschiede offen zu tage treten."
Neue Kritik am Präsidenten
Bevor die Kämpfe im Dezember 2013 eskaliert waren, hatten sowohl Machar als auch Rebecca Garang Präsident Salva Kiir scharf für dessen autoritären Führungsstil und die Korruption in der Regierung angegriffen. "Es steht völlig außer Frage, dass die Regierung des Südsudan vom Präsidenten ausgesprochen autoritär geführt wurde und dass es natürlich massive Korruption gibt", sagt auch Paes. Aber sowohl Machar, als auch Rebecca Garang seien jahrelang selbst tragende Teile dieses System gewesen. "Natürlich muss man die Frage stellen, warum denen das gerade jetzt aufgefallen ist", sagt Paes. Dies lasse vermuten, dass es den Mitstreitern der Rebellen vielmehr um persönliche Macht, als um politische Fragen gehe.
Blutige Aufstände wegen Machtstreitigkeiten um einzelne Kriegsfürsten hatte es im Südsudan in den vergangenen Jahren immer wieder gegeben. Lokale Kommandanten seien "in den Busch gegangen" und hätten die Regierung so lange bekämpft, bis ihnen einflussreiche Posten angeboten worden seien, erklärt Paes. Gerade im Machars Heimatregion, dem ölreichen Upper-Nile-State, haben solche Kämpfe um Macht und Geld Tradition.
Die gegenwärtige Rebellion kann als ein solches Aufbegehren unzufriedener Kriegsfürsten - allerdings in größerem Maßstab - interpretiert werden. Da Machar bereits Vizepräsident mit weitreichender Macht gewesen sei, sei jedoch nicht erkennbar, was er darüber hinaus erreichen könnte, glaubt Paes. "Die Präsidentschaft wird er natürlich nicht bekommen." Das sei unter anderem aus Gründen der ethnischen Balance extrem unwahrscheinlich. Denn Machar gehört der Minderheit der Nuer an.