Burundi: Tausende fliehen nach Ruanda
24. April 2015"Sie sagten, sie würden Löcher in den Boden graben und uns hinein stecken", erzählt Audiline Mukarugamba der Deutsche-Welle-Korrespondentin Flora Kaitesi im Auffanglager im Bugesera-Distrikt in Ruanda. Mukarugamba stammt aus der nahegelegenen Kirundo-Provinz im Norden von Burundi. Sie beschloss, mit ihren vier Kindern zu fliehen, als ihr Nachbar von den Drohungen berichtete. Drei Tage lang versteckten sie sich im Wald, ehe sie das ruandische Lager erreichten.
"Sie haben uns immer wieder gesagt, dass wir von der Opposition seien. Wir seien keine menschlichen Wesen, sondern Unkraut, das man jäten müsse", erzählt Beatrice Nyabenda, eine andere Frau, die mit ihren Kindern im Flüchtlingslager Schutz fand.
Gezielte Einschüchterung
Hinter den Schikanen und der Panikmache stecken vermutlich Teile der Jugendliga, auch bekannt als "Imbonerakure", die im Namen der Regierungspartei CNDD-FDD für Angst und Schrecken sorgen. Wer nicht der Partei angehört oder den Präsidenten und die Regierungspartei unterstützt, muss um sein Leben fürchten.
Am 26. Juni wird in Burundi gewählt. Bisher hielt sich der amtierende Präsident Pierre Nkurunziza über eine mögliche erneute Kandidatur bedeckt. Jetzt hat die Regierungspartei verkündet, dass sie ihn ein drittes Mal ins Rennen schickt.
Viele Regimekritiker wollen dies verhindern. Ihnen zufolge ist eine weitere Amtszeit Nkurunzizas nicht verfassungsgemäß. Vergangene Woche gingen hunderte Menschen in der Hauptstadt Bujumbura auf die Straße. Die Polizei setzte Tränengas und Wasserwerfern gegen die Demonstranten ein. Laut den Verträgen von Arusha, dem Dokument, das vor 15 Jahren das Ende des Bürgerkrieges in dem zentralafrikanischen Land besiegelte, darf ein Präsident höchstens zwei Amtszeiten von je fünf Jahren absolvieren. So steht es auch in der Verfassung von 2005. Doch Unterstützer des Staatschefs berufen sich auf einen Artikel in der Verfassung, der eine Direktwahl des Präsidenten vorsieht. Da Nkurunzizas erste Amtszeit auf einer Wahl durch das Parlament beruhte, zähle sie nicht mit, so die Argumentation.
Angst vor der Heimkehr
Die Zahl der Flüchtlinge im benachbarten Ruanda übersteigt mittlerweile 10.000, die meisten von ihnen sind Kinder. Nur wenige Tage nachdem die Menschen in Ruanda ankamen, mahnten die burundischen Behörden bereits zur Rückkehr. Bei einem Treffen im Auffanglager in Bugesera, wo mehr als 6000 Flüchtlinge hausen, drängten burundische Beamte darauf, dass die Menschen schnell heimkehrten. Dabei stießen sie auf großen Widerstand. Die Flüchtlinge wollen aufgrund der unsicheren Lage in ihrer Heimat nicht zurück - und immer mehr Menschen drängen aus Burundi ins Nachbarland. Berichten zufolge sollen die "Imbonerakure" Flüchtlinge mittlerweile daran hindern, die Grenze nach Ruanda zu überqueren.
Burundis Innenminister Edouard Nduwimana bestätigte, dass die Gewalt gegen burundische Bürger politisch motiviert sei. "Sie fliehen nicht vor einer Hungersnot. Wenn es darum ginge, würden mehr Menschen aus verschiedenen Regionen des Landes fliehen. Uns ist klar, dass Politiker dahinterstecken."
Ausgereizte Kapazitäten
Die Flüchtlinge in Bugesera werden derzeit in andere Auffanglager weiter im Landesinneren umgesiedelt. "Diese Leute können nicht in der Nähe der Grenze bleiben. Burundi ist von hier nur zwölf Kilometer entfernt, das entspricht nicht den Richtlinien", so die ruandische Ministerin für Krisenmanagement und Flüchtlinge, Seraphine Mukantabana.
Doch nicht nur Flüchtlinge aus Burundi belasten die Hilfskapazitäten der ruandischen Regierung und des UN-Flüchtlingshilfswerks, sondern auch 75.000 Männder, Frauen und Kinder aus der Demokratischen Republik Kongo. Sie flohen vor den anhaltenden Machtkämpfen verschiedener Rebellengruppen in den Provinzen Nord- und Süd-Kivu. Saber Azam, Direktor des UN-Flüchtlingswerks in Ruanda, befürchtet, dass bei steigender Tendenz die Kapazitäten des Hilfswerks bald nicht mehr reichten und schnell neue Maßnahmen getroffen werden müssten.
Denn es bleibt zu erwarten, dass es nach der Ankündigung einer weitere Kandidatur von Nkurunziza am Sonntag zu weiteren Protesten und Gewaltausschreitungen kommen wird - und damit zu noch mehr Flüchtlingen.