Terrorgefahr - aber nicht konkret
5. Februar 2016"Verwirrter prügelt um sich", "Postverteilerkasten zerstört", "Festnahme nach versuchtem Raub" - der Berliner Polizeiticker liest sich Freitagmorgen wie an jedem anderen Tag. Ganz anders die Zeitungen, die an den Kiosken ausliegen. Deutschlands größte Boulevardzeitung "Bild" titelt am Freitag "Terroranschlag in Berlin geplant", die Berliner Lokalzeitung "Tagesspiegel" weiß von "Anschlagsplänen am Checkpoint Charlie", jenem früheren Übergang an der Berliner Mauer, der auf keinem Touristenprogramm fehlen darf. Auch die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" spricht in ihrer Schlagzeile von Terroristen, die Anschläge in Berlin geplant hätten.
"Kein Hinweis auf konkrete Straftat"
Am Donnerstag hatten Polizisten mehrere Personen festgenommen, Wohnungen und eine Asylunterkunft durchsucht. Die Verdächtigen sollen dem sogenanten "Islamischen Staat" nahestehen und per Telefon Terroranschläge geplant haben. Allerdings stellt Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller bereits am Abend im Rundfunk klar, es gebe "wohl offensichtlich keine Hinweise auf konkrete Gefahren in unserer Stadt". Am Freitagmorgen sagt auch Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen im Frühstücksfernsehen: "Es gab keinen Hinweis auf eine konkrete bevorstehende terroristische Straftat."
Die Meldung, die zu den Schlagzeilen führte, findet sich im Polizeiticker einige zerstörte Autos und geraubte Handtaschen weiter unten. Am Donnerstag um 7:48 Uhr meldete die Berliner Polizei "Durchsuchungen in der Islamistenszene". Vier Männer und eine Frau seien bei Razzien in Berlin, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen festgenommen worden. Man ermittle wegen "Vorbereitung einer staatsgefährdenden Straftat", teilen die Behörden mit. Nach Medieninformationen hatten sich die Verdächtigen über Anschlagsziele in Berlin unterhalten. Sie galten den Behörden als potentielle Terroristen und wurden seit einiger Zeit beobachtet. Warum sich die Polizei entschied, zu diesem Zeitpunkt einzugreifen, bleibt unklar.
Verdächtiger soll in Kontakt zu IS-Kadern stehen
Für eine Untersuchungshaft reicht der Verdacht offenbar nicht. Auch der Generalbundesanwalt, der für Terrorismus zuständig ist, schaltet sich nicht in die Ermittlungen ein. Zwei Männer und die Frau bleiben trotzdem wegen "Haftbefehls in anderer Sache" weiter in Gewahrsam, heißt es offiziell. Einer der Berliner Tatverdächtigen soll Urkunden gefälscht haben und unter falscher Identität in Deutschland gelebt haben.
Der andere, der gemeinsam mit seiner Frau in einer Flüchtlingsunterkunft im Sauerland verhaftet wurde, wird per internationalem Haftbefehl gesucht. Der Algerier soll sich dem "Islamischen Staat" angeschlossen haben und in Syrien für die Terrormiliz gekämpft haben. Später soll er über die Balkanroute nach Deutschland eingereist sein. Der "Tagesspiegel" meldet, dass der Mann in Kontakt zu hohen IS-Funktionären stand. Der "Spiegel" sieht eine Fährte zu den Hintermännern der Paris-Attentate vom 13. November.
Möglicherweise wurden die beiden Verdächtigen gezielt von der IS-Terrormiliz nach Deutschland geschickt, um Attentate zu verüben. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur aus Sicherheitskreisen gehen die Ermittler entsprechenden Indizien nach. Das Paar bleibt auch am Freitag in Untersuchungshaft.
Von einer verschärften Bedrohungslage möchten die Behörden dennoch nicht sprechen. Die Gefahrenlage sei unverändert, sagt Verfassungschutzpräsident Hans-Georg Maaßen. "Wir haben ein hohes Risiko, dass es einen Terroranschlag geben kann."