Togo: Parlamentswahl inmitten der Angst
20. Dezember 2018Die Drohungen kommen per WhatsApp. Seit Tagen kursieren in Togo anonyme Botschaften, die über Messenger-Dienste und Soziale Netzwerke verbreitet werden. Bleibt am Wahltag lieber zuhause, heißt es in den Botschaften, es könnte eine Gewaltwelle geben, deckt euch mit Lebensmitteln ein. "Das Leben geht normal weiter, aber man spürt eine große Spannung”, berichtet DW-Reporter Kossivi Tiassou aus der Hauptstadt Lomé.
Unklar ist, wer hinter den Drohbotschaften steckt. Die Regierung ruft die Bevölkerung auf, Ruhe zu bewahren und zur Wahl zu gehen. "Auf den Straßen sind Soldaten und Militärs zu sehen", sagt DW-Reporter Tiassou. Am Wahltag sollen laut Regierung mehr als 8.000 Polizisten im Einsatz sein.
Togo steckt tief in der Krise
Auch ohne Drohbotschaften ist die Angst vor Gewalt groß. Erst vor wenigen Tagen starben vier Menschen bei Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften. Eine Koalition aus 14 Oppositionsparteien, die sich C14 nennt, boykottiert die Wahl. Sie sei "eine Farce" schimpfte C14-Koordinatorin Brigitte Abjamagbo-Johnson in einem lokalen Radiosender. Die Mehrheit der 850 Kandidaten, die um die 91 Parlamentssitze konkurrieren, gehören zur Staatspartei UNIR oder mit ihr verbündeten kleineren Oppositionsgruppen.
Die C14 fordern, die Abstimmung zu verschieben und zunächst Reformen durchzusetzen. Togo steckt schon seit 2017 in der Krise, verschiedene Oppositionsparteien hatten damals zu Massenprotesten gegen Staatschef Faure Gnassingbé aufgerufen. Der ließ die Proteste blutig niederschlagen, mehr als 20 Menschen starben. Familie Gnassingbé regiert das Land bereits seit über 50 Jahren mit eiserner Hand. Schon Vater Eyadéma war jahrzehntelang Präsident, nach seinem Tod 2005 hievte sich der Sohn mithilfe des Militärs an die Macht.
Die Opposition macht den Staatschef für die grassierende Armut und Korruption im Land verantwortlich - aber auch für den Druck auf kritische Medien und die Opposition. Sie fordert eine Verfassungsänderung, damit Gnassingbé nicht mehr als Präsident antreten kann.
Eigentor der Opposition?
"Es herrscht eine ungeheure Spannung im Land", sagt auch Hanza Diman, Togo-Experte der Universität Bayreuth zur Deutschen Welle. Versuche der westafrikanischen Staatengemeinschaft ECOWAS, in der Krise zu vermitteln, scheiterten. Zwar liegen Reformvorschläge auf dem Tisch, die nun vom Parlament beschlossen werden müssen. Die Regierung schlägt unter anderem vor, dass künftige Präsidenten nur zwei Amtszeiten regieren dürfen. Doch für Amtsinhaber Gnassingbé soll die Regelung nicht gelten.
Der Wahlboykott könnte der Opposition möglicherweise selbst schaden. "Durch den Oppositionsboykott wird die Regierung mit großer Sicherheit eine große Mehrheit gewinnen und damit genug Stimmen im Parlament haben, um die Reformen so durchzusetzen, wie sie es will. Wenn die Opposition damit nicht einverstanden ist, wird die politische Krise aber weitergehen", sagt Paul Melly, Westafrika-Experte der britischen Denkfabrik Chatham House im DW-Interview.
Doch eine Fortsetzung der Krise könnte schlimme Folgen haben. Arbeitsplätze sind im bettelarmen Togo Mangelware. Außer Phosphor gibt es keine nennenswerten Exportprodukte. Gerne würde das Land mehr Investitionen aus dem Ausland gewinnen, was in der aktuellen Lage fast unmöglich ist. "Wenn die Situation so weitergeht wie bisher, wird es für ausländische Investoren schwierig. Jeder, der eine größere Investition plant, gerade im armen Landesinneren von Togo, möchte ein stabiles und friedliches politisches Umfeld", so Paul Melly.