Tote im Lkw: 25 Jahre Haft für Schlepper
14. Juni 2018Die vier Schlepper, die mutmaßlich für den Tod von 71 Flüchtlingen in einem Kühllaster verantwortlich sind, müssen für je 25 Jahre ins Gefängnis. Ein Gericht im südungarischen Kecskemet sprach den afghanischen Bandenchef und seine drei bulgarischen Helfer - den Fahrer des Lastwagens, den Fahrer eines Begleitfahrzeugs und den Organisator - der Tötung schuldig. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, sowohl die Angeklagten als auch der Staatsanwalt wollen in Berufung gehen.
Staatsanwalt Gabor Schmidt hatte lebenslänglich für die Männer gefordert und sagte noch im Gericht: "Das Urteil spiegelt die Bedingungen des Verbrechens nicht ausreichend wider." Er warf den Schleusern "besondere Grausamkeit" und "Mord mit erschwerenden Umständen vor."
Schlepper leisteten bewusst keine Hilfe
Der Bandenchef hatte vor Gericht bis zuletzt beteuert, er habe "niemanden töten wollen". Richter Janos Jadi glaubte ihm offenbar - in seiner Urteilsbegründung sprach er lediglich von einer "absichtsvollen Unterlassungstat". Eine "Mischung aus Gier, Angst vor Entdeckung und Affekthandlungen" habe sie daran gehindert, das Leben der Menschen im Laderaum zu retten. In Telefonaten, die die ungarische Polizei abgehört hatte, war zu hören, dass die Schlepper mitbekommen hatten, wie die eingeschlossenen Menschen geschrien und gegen die Fahrzeugwände getrommelt hatten. Der Organisator und der Chef der Bande wiesen den Fahrer explizit an, nicht anzuhalten und die Tür nicht zu öffnen. Als erschwerend sah das Gericht an, dass so viele Menschen und auch Kinder starben und die Tat in einer kriminellen Vereinigung begangen wurde.
Die Menschen waren qualvoll erstickt
Der Kühllaster war am 27. August 2015 verlassen an einer österreichischen Autobahn gefunden worden, Einsatzkräfte entdeckten im Laderaum die Leichen von 59 Männern, acht Frauen und vier Kindern aus Syrien, Irak und Afghanistan. Die Todesfahrt hatte am Vortag im Süden Ungarns begonnen, die Menschen waren laut Gerichtsmedizinern innerhalb von spätestens drei Stunden qualvoll erstickt. Der Fund hatte international Entsetzen ausgelöst.
Zehn weitere Männer verurteilt
Im selben Prozess in Kecskemet wurden noch 25 weitere Schlepperfahrten nach Deutschland und Österreich verhandelt. Das Gericht verurteilte wegen dieser Fahrten zehn weitere Männer aus Bulgarien, Afghanistan und dem Libanon zu Haftstrafen zwischen drei und zwölf Jahren.
de/sam (dpa, rtr, afp)