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Politik

Trump droht Türkei mit Wirtschaftszerstörung

7. Oktober 2019

Für den Abzug der US-Truppen aus Nordsyrien erntet US-Präsident Donald Trump massive Kritik - selbst aus der eigenen Partei. Trump reagierte und verwies dabei auf seine "großartige und unvergleichliche Weisheit".

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USA Präsident Donald Trump in Florida
Bild: picture-alliance/dpa/E. Vucci

Auf Twitter drohte US-Präsident Donald Trump Ankara ganz unverholen: "Wenn die Türkei irgendetwas unternimmt, was ich in meiner großartigen und unvergleichlichen Weisheit für tabu halte, werde ich die türkische Wirtschaft vollständig zerstören und auslöschen", schrieb er auf seinem Twitter-Account.

Selbst Vertraute distanzieren sich von Trump

Was genau gegen seine "Weisheit" verstoßen würde, macht Trump nicht deutlich. Wegen eines von ihm angekündigten Rückzugs der US-Truppen aus Nordsyrien war er zuvor jedoch heftig angegriffen worden - selbst von Vertrauten wie dem einflussreichen Republikaner Lindsey Graham. "Diese impulsive Entscheidung des Präsidenten hat alle Gewinne, die wir gemacht haben, zu Fall gebracht, die Region in weiteres Chaos gestürzt", sagte Graham dem TV-Sender Fox News.

Syrien Raʾs al-ʿAin | Syrische Kurden und US Militärfahrzeug nahe der Grenze zur Türkei
Amerikanische Soldaten im nordsyrischen Grenzort Ras al-Ain Bild: Getty Images/AFP/D. Souleiman

Der Senator warf Trump vor, die bisherigen kurdischen Verbündeten in Nordsyrien im Stich zu lassen. Für den Fall einer türkischen "Invasion" in die Grenzregion kündigte Graham eine parteiübergreifende Resolution im Senat an. Sollten türkische Truppen kurdische Kräfte in Nordsyrien angreifen, werde man zudem die Aussetzung der NATO-Mitgliedschaft der Türkei fordern, schrieb Graham auf Twitter. 

Er hoffe und erwarte, dass eine Zweidrittelmehrheit im Kongress für eine solche Resolution zustande komme. Mit einer solchen Mehrheit könnte auch ein etwaiges Veto von US-Präsident Trump überstimmt werden. Er habe über eine mögliche Resolution mit seinem demokratischen Senatskollegen Chris Van Hollen gesprochen. Dieser äußerte ebenfalls scharfe Kritik: "Die syrischen Kurden haben im Kampf gegen den IS zusammengestanden, als es die Türkei nicht getan hat. Trumps Entscheidung, sie zu verraten, ist gewissenlos."

Vorsitzende beider Kongress-Kammern kritisieren US-Präsidenten

Kritik äußerten auch der republikanische Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell, und die Sprecherin des Repräsentantenhauses, die Demokratin Nancy Pelosi. McConnell warnte vor der Gefahr eines "signifikanten Konflikts" zwischen der Türkei und den Kurdenmilizen. Pelosi warf Trump ebenfalls Verrat an den kurdischen Verbündeten der USA vor. Die Entscheidung Trumps "stellt eine direkte Bedrohung für die regionale Sicherheit und Stabilität dar und schickt eine gefährliche Nachricht sowohl an den Iran und Russland als auch an unsere Verbündeten, dass die Vereinigten Staaten kein zuverlässiger Partner mehr sind", sagte Pelosi.

Das Weiße Haus hatte am Sonntagabend angekündigt, sich einer türkischen  Militäroffensive in Nordsyrien nicht in den Weg zu stellen. Trump twitterte dann, es sei an der Zeit, aus diesen "lächerlichen endlosen Kriegen" herauszukommen und "unsere Soldaten nach Hause zu bringen". In einer Serie von Tweets machte er klar, dass es nun an der "Türkei, Europa, Syrien, Iran, Irak, Russland und den Kurden" liege, die Situation zu lösen. "Wir sind 7000 Meilen entfernt und werden (die Terrormiliz) IS erneut niederschlagen, wenn sie irgendwo in unsere Nähe kommt." 

Hintergrund ist der Plan der Türkei, die bisher mit den USA verbündeten Kurdenmilizen aus der Grenzregion zu vertreiben und dort syrische Flüchtlinge anzusiedeln. Nach einem Telefonat zwischen dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan und Trump hatte das Präsidialamt in Washington zuvor mitgeteilt, es handele sich um einen "lange geplanten Einsatz" im umkämpften Gebiet, mit dem die Türkei "bald" beginne und den die USA nicht unterstützten. Daher zögen sich die US-Truppen von der türkischen Grenze zurück.

Fast gleichzeitig begann der Abzug. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte berichtet, die US-Kräfte seien am Montagmorgen aus den Städten Ras al-Ain und Tal Abiad nahe der türkischen Grenze abgezogen. Die von Kurden dominierten Syrisch-Demokratischen Kräfte (SDF) bestätigten, dass der Abzug von US-Truppen aus der Grenzregion begonnen habe und sprachen von einem "Dolchstoß".

Syrien Raʾs al-ʿAin | Syrische Kurden nahe der Grenze zur Türkei
In den Kurdengbieten Nordsyriens gibt es seit Tagen Proteste gegen die geplante türkische Offensive und den Rückzug der USABild: Getty Images/AFP/D. Souleiman

Es habe Zusicherungen der USA gegeben, dass sie keinen türkischen Angriff auf die Region zulassen würden, sagte ein Sprecher der von der Kurden-Miliz YPG angeführten SDF. Das Rebellenbündnis war im Kampf gegen den IS für die USA ein wichtiger Verbündeter. Nun erklärte ein US-Vertreter, die USA würden im Fall des offenbar bevorstehenden türkischen Angriffs in Nordsyrien die dortigen SDF-Kräfte nicht verteidigen. Darüber habe man den SDF-Kommandeur informiert. 

Die Vereinten Nationen sehen die geplante Militäroffensive kritisch. "Wir bereiten uns auf das Schlimmste vor", sagte der UN-Hilfskoordinator für Syrien, Panos Moumtzis. Priorität der Vereinten Nationen sei es, dass auf die Militäroffensive keine neuen Vertreibungen erfolgen und humanitäre Hilfe ungehindert geleistet werden könne.

EU warnt Türkei 

Die syrischen Kurden warnten, dass eine türkische Militäroperation den IS in die Region zurückbringen werde. Auch aus Brüssel kamen Bedenken: "Weitere bewaffnete Auseinandersetzungen werden nicht nur das Leiden der Zivilbevölkerung verschlimmern, sondern auch die aktuellen politischen Bemühungen gefährden", sagte die Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini. Man fordere alle Konfliktparteien zur Einstellung der Feindseligkeiten und zum Schutz von Zivilisten auf. 

Washington erklärte zudem, dass die USA keine festgenommenen IS-Kämpfer aus der Region auf Kosten der US-Steuerzahler aufnehmen würden. Deutschland, Frankreich und andere europäische Länder, aus denen IS-Angehörige stammten, hätten sie trotz des Drucks aus Washington auch nicht gewollt. Nun sei die Türkei zuständig für alle IS-Kämpfer, die in den vergangenen zwei Jahren auch mithilfe der US-Streitkräfte in der Region gefangen genommen wurden, führte das Weiße Haus aus.

Nicht die erste Drohung in Richtung Türkei

Im Januar hatte Trump der Türkei schon einmal mit wirtschaftlicher Vernichtung gedroht, sollten sie die Kurden in Syrien angreifen. Im August vergangenen Jahres hatte Trump mit Sanktionen die Türkische Lira auf Talfahrt geschickt. Dabei ging es allerdings um einen in der Türkei gefangen gehaltenen US-Pastor, nicht um die Kurden in Syrien. 

fab/uh/ww (rtr, dpa, afp)