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Politik

Trump, Netanjahu und die arabischen Medien

17. Februar 2017

Nach den Erklärungen des amerikanischen Präsidenten und des israelischen Premiers hagelt es in der arabischen Presse Kritik. Dass Trump nicht wisse, wovon er rede, ist noch die freundlichste Vermutung.

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USA Israel | Benjamin Netanjahu bei Donald Trump in Washington
Bild: Getty Images/AFP/M. Ngan

Geschickte Unterhändler waren sie alle, die israelischen Premierminister. Kluge Repräsentanten ihres Landes waren sie ausnahmslos, aber wenn es um gute Beziehungen zu Washington ging, liefen sie zu besonderer Hochform auf. Diplomatisch bewiesen sie ausnahmslos Spitzenleistungen. Doch alle, schreibt die palästinensische Zeitung Al-Hayat al-Jadeeda, blieben sie hinter dem derzeitigen Premier Netanjahu zurück. "Er hat alle seine Vorgänger ausgestochen. Als Trump ins Weiße Haus einzog und dort die Prinzipien seines Amtes - den Respekt vor den Richtern, den Medien wie überhaupt allen, die mit seinen Ansichten nicht übereinstimmen - über den Haufen kickte, rechtfertigte der israelische Premier jeden einzelnen Tweet des Präsidenten."

Vielleicht hat sich Trump aus Dankbarkeit bei dem Treffen mit Netanjahu so flexibel gezeigt? Eine "Ein-Staat"- oder eine "Zwei-Staaten"-Lösung: Alles sei ihm recht, solange die beiden Parteien sich nur einigten. Das klinge gut, schreibt Al-Hayat al-Jadeeda - allerdings nur einen Moment lang. "Sollte es wirklich nur einen Staat geben? Israel zusammen mit zahllosen Palästinensern? Das ist ein Rezept, um den jüdischen Staat an ein Ende zu bringen." Denn dann wäre Israel zwar noch ein Staat – aber kein jüdischer Staat mehr. Die Palästinenser wären absehbar in der Überzahl.

"Weiß Trump, wovon er redet?"

Weiß Trump eigentlich, wovon er redet, fragt sich in seinem Essay für den Fernsehsender Al-Arabyia auch der palästinensisch-amerikanische Journalist Fawaz Turki. Auch er ist über den lockeren Stil des Präsidenten erstaunt, die Unentschlossenheit, mit der dieser auf den ältesten Konflikt des modernen Nahen Ostens schaue. "Die Unbestimmtheit seiner Bemerkungen lässt vermuten, dass es dem zum Präsidenten mutierten Geschäftsmann an jeglicher Erfahrung in Diplomatie sowie Vertrautheit mit der Komplexität der Probleme vor Ort mangelt."

USA Weißes Haus Unterzeichnung von Oslo 1  Präsident Bill Clinton (M) Israels Premierminister Yitzhak Rabin und PLO Vorsitzender Jassir Arafat
Bild aus harmonischeren Zeiten: Yitzhak Rabin, Bill Clinton und Yasser Arafat 1993 im Weißen HausBild: picture-alliance/CPA Media

Eben darum dürfte der Nahostkonflikt weiter eingefroren bleiben, fürchtet der palästinensische Publizist Daoud Kuttab in seinem Kommentar für Al-Jazeera. "Der naive Kommentar des Präsidenten im Hinblick auf die Ein- oder Zwei-Staaten-Lösung bedeutet, dass Washington den Besatzungsstatus aller Wahrscheinlichkeit nach verlängert." Für die Palästinenser bedeute das nichts Gutes,  so Kuttab weiter: "Der Ansatz von Netanjahu und Trump drängt die Region in eine noch offensichtlichere  Form der Apartheid, in der die palästinensische Mehrheit in den besetzten Gebieten ihrer politischen Rechte beraubt ist, während sich die Siedler voller politischer und nationaler Rechte erfreuen."

Das, so Kuttab weiter, dürften seine Landsleute kaum hinnehmen: "Sollten die vier Millionen Palästinenser nicht über Nacht zu Zionisten werden, ist es unwahrscheinlich, dass sie einen jüdischen Staat akzeptieren und anerkennen werden und sich gleichzeitig einverstanden erklären, ohne die gleichen politischen Rechte wie die Juden zu haben."

Kein Vorstoß für Demokratie und Säkularismus

Ähnlich sieht es auch der Kommentator der Zeitung Al Quds al-araby. Die Ein-Staat-Lösung könne und dürfe es nicht geben, ist er überzeugt. "Denn das ist kein Versuch, den Palästinensern einen säkularen Staat und Demokratie zu bringen. Stattdessen zielt er darauf, den jüdischen Staat zu vollenden, in dem die Palästinenser kaum mehr eine Rolle spielen." Der Kommentator ist sich nicht sicher, dass die demographische Entwicklung der Palästinenser sich wirklich zu ihren Gunsten auswirkt.

Trump weiß nicht, wovon er redet, davon ist auch der Kommentator von "Al araby al-Jadeed" überzeugt. "Er denkt, er versteht alles und ist darum unwillig, sich umfassend informieren zu lassen. Und um ihn herum scheint niemand zu sein, der es wagt, ihm das zu sagen." Eben diese Ignoranz, fürchtet das Blatt, könnte für die Palästinenser harte Folgen haben: "Sie könnten am Beginn einer neuen Runde der Liquidierung, Marginalisierung und weiteren Blutvergießens stehen."

Israel Palästinenser Ostjerusalem Shepherd Hotel wird abgerissen für Siedlung
Siedlungen? "Nein Danke" Proteste gegen den Bau neuer israelischer Häuser in Ost-JerusalemBild: AP

Das Internet-Magazin Al-Monitor zitiert den palästinensischen Aktivisten und Menschenrechtler Mustafa Barghouti. "Die Palästinenser sind nicht willig, in einem rassistischen Apartheid-System als Sklaven der Besatzer zu leben."

Auch Israelis haben Bedenken

Von einer Ein-Staat-Lösung hielten aber auch die Israelis wenig, schreibt der israelische Kolumnist Akiva Eldar, ebenfalls in Al-Monitor. "Denn im schlimmsten Fall  würde das Israel in einen binationalen Staat  verwandeln – vielleicht sogar in einen Staat mit palästinensischer Mehrheit, in einen aussätzigen Apartheid-Staat zwischen Mittelmeer und Jordan."

Die Kolumnistin Caroline Glick hingegen kann der in Washington demonstrierten neuen Flexibilität in ihrem Kommentar für die Zeitung "Jerusalem Post" einiges abgewinnen. Man dürfe die normalen Beziehungen, die Israel zu seinen arabischen Nachbarn unterhalte, nicht kleinreden, nur weil es bislang keine "grandiosen Friedensabschlüsse" gegeben habe.

Islamischer Staat Fahne Irak
Kommt auch auch ohne Verweis auf Israel aus: Die Terrororganisation "Islamischer Staat". Hier seine Flagge Bild: Reuters/T. Al-Sudani

Zudem sei es entgegen oft vorgetragener Behauptungen falsch, den israelisch-palästinensischen Konflikt für das Erstarken des radikalen Islam verantwortlich zu machen. "Die grundlegende Überlegung hinter dem Zwei-Staaten-Modell ist die Annahme, dass die Gründung eines PLO-Staates die Vorbedingung sei, um den Kampf gegen den islamistischen Terror zu gewinnen." Diese Annahme treffe nicht zu, so Glick weiter. Wer das annehme, verkenne , dass es sehr wohl Möglichkeiten für eine amerikanisch-israelisch-sunnitische Allianz gegen Iran ebenso wie gegen den islamistischen Terror gebe.

Ob Präsident Trump so weit vorausschaut, mögliche Allianzen da sieht, wo alle anderen sie verkennen? Die arabischen Zeitungen bezweifeln das. "Wir sind", vermutet der palästinensisch-amerikanische Publizist Douad Kuttab, "einmal mehr gezwungen, dem neuen Bewohner des Weißen Hauses eine Grundausbildung hinsichtlich der Friedensbedingungen in Nahost zukommen zu lassen."

DW Kommentarbild | Autor Kersten Knipp
Kersten Knipp Politikredakteur mit Schwerpunkt Naher Osten und Nordafrika