Trumps Corona-Test auch an Börsen spürbar
2. Oktober 2020Der positive Corona-Test von US-Präsident Donald Trump hat weltweit für Unruhe an den
Finanzmärkten gesorgt. In Japan ging der 225 Werte umfassende Nikkei-Index am Freitag schwächer bei 23.029,90 Punkten aus dem Handel. Die europäischen Futures lagen im Minus, die US-Futures weiteten ihre Verluste aus.
Die Nachricht sorgte bei der Weltreservewährung Dollar zudem für Nachfrage - der Dollar legte zu, der Euro fiel im Gegenzug unter die Marke von 1,17 Dollar. Die US-Währung gilt in Zeiten der Unsicherheit als sicherer Hafen.
Auch am deutschen Aktienmarkt haben Anleger zunächst beunruhigt reagiert. Im Tagesverlauf konnte sich der Dax aber wieder erholen und ging mit 12.676 Punkten aus dem Handel, ein nur leichtes Minus von 0,4 Prozent. Auch beim MDax der mittelgroßen Börsentitel (-0,4%) und dem Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 (-0,2%) hielten sich die Verluste in Grenzen.
Trumps Ansteckung werfe in einer heiklen Phase des Präsidentschaftswahlkampfs viele offene Fragen auf, gab Analyst Jochen Stanzl von CMC Markets zu bedenken. "Eins aber steht fest:
Nach den schon ohnehin wackligen Handelstagen kommt nun ein weiterer Schwung Unsicherheit in den Markt. Und wenn die Börsen eines nicht leiden können, dann ist es Unsicherheit."
"Corona wieder im Mittelpunkt"
Die Meldung über die Infektion komme für den US-Präsidenten "zu einer denkbar ungünstigen Zeit", kommentierte Thomas Gitzel, Chefvolkswirt bei der VP Bank. An den Märkten könnte es insbesondere dann turbulent werden, wenn Trump einen schweren Krankheitsverlauf durchmache. "Die ohnehin bestehenden Unsicherheiten würden dann nochmals zunehmen."
Der positive Corona-Test habe das Potenzial, den Wahlkampf Trumps zu beeinträchtigen, sagte Sean Callow, Währungsstratege bei Westpac. "Er hat eine Menge am laufen, und das ist eine Unterbrechung. Außerdem schadet ihm der positive Test, weil er gegen die ganze Einschätzung spricht, dass man sich eigentlich keine Sorgen machen muss - er bringt die Corona-Krise zurück in den Mittelpunkt."
Vorteil Biden?
Am Rohstoffmarkt gab der Ölpreis nach. Ein Barrel leichtes US-Öl verbilligte sich um 3,9 Prozent auf 37,22 Dollar, Nordseeöl der Sorte Brent kostete mit 39,40 Dollar 3,7 Prozent weniger. Der Ölpreis steuert damit auf ein Wochenminus von sechs Prozent in den USA beziehungsweise sieben Prozent bei Brent zu, das ist der zweite Wochenrückgang in Folge.
"Öl bleibt das schwächste Glied in den Corona-Schlagzeilen, weil der positive Test Trumps zeigt, dass wirklich jeder für das Virus anfällig ist", sagte Stephen Innes, Marktstratege beim Brokerhaus AXI. Nun werde es wahrscheinlicher, dass Biden die Wahl gewinne.
Die Märkte brauchen einen Sieger
Sollte Trump nur leicht erkranken und sich schnell erholen, könnte er auf mehr Zustimmung bei der Bevölkerung stoßen, sagte Yako Sera, Marktstratege bei der Sumitomo Mitsui Trust Bank in Tokio. "Allerdings behindert die Krankheit seine Möglichkeiten im Wahlkampf, und die Zeit vor der Wahl wird knapp." Solange nicht klar sei, ob der nächste Präsident Trump oder Joe Biden heiße, sei es schwierig für die Märkte, sich eindeutig zu positionieren.
Finanzmärkte neigen üblicherweise dazu, einen Wahlsieg der Republikaner positiv zu bewerten, weil sie in diesem Fall auf niedrigere Steuern und weniger Regulierung hoffen. Bei einem Wahlsieg Bidens werden dagegen höhere Steuern erwartet, was negativ eingeschätzt werden dürfte.
Zugleich allerdings wird damit gerechnet, dass der Demokrat die Ausgaben für die Infrastruktur steigert. "Je nach Wahlsieger dürften zwar unterschiedliche Unternehmen profitieren, in der Summe sehen wir aber kaum größere Unterschiede bei den Marktauswirkungen", konstatierten die Experten der Commerzbank. "Wichtig wäre aus Sicht der Märkte, dass der Sieger rasch feststeht."
dk/mak (rtr, dpa)