Tsipras hat den Rückhalt des Parlaments
16. Januar 2019Der Ministerpräsident hatte die Vertrauensfrage gestellt, nachdem Verteidigungsminister Panos Kammenos wegen des Mazedonien-Streits zurückgetreten war und das Regierungsbündnis aufgekündigt hatte. "Ich brauche die Mehrheit und das Vertrauen des Parlaments, um alle Gesetze zu billigen, die notwendig sind, um das Land in Richtung Wachstum zu führen", sagte Alexis Tsipras. Er ist im Parlament auf die Abgeordneten der von Kammenos geführten nationalistischen Partei Unabhängige Griechen (Anel) angewiesen. Die linksgerichtete Syriza-Partei des Regierungschefs verfügt nur über 145 der insgesamt 300 Sitze im Parlament. Am Ende sicherten 151 Abgeordnete dem Regierungschef ihre Unterstützung zu - der denkbar knappste Erfolg für den Premier.
Damit kann Tsipras vorerst als Chef einer Minderheitsregierung weiterregieren. Das griechische Parlament muss nun noch dem umstrittenen Namenskompromiss mit dem Nachbarland Mazedonien zustimmen. Die Abstimmung findet voraussichtlich in der kommenden Woche statt.
Im Vorfeld der Abstimmungen sollen Medienberichten zufolge etliche Parlamentarier massiv bedroht worden sein. Weil sie für Tsipras und die Einigung auf den Namen Nord-Mazedonien für das Nachbarland stimmen wollte, habe eine Politikerin via SMS Bilder von Frauen mit abgetrennten Köpfen erhalten. Weitere Parlamentarier berichteten von Drohanrufen, die sich auch gegen ihre Familien richteten. Im Norden Griechenlands und in der Hafenstadt Thessaloniki tauchten außerdem Plakate mit Fotos der Abgeordneten auf. Unter den Portraits steht die Frage: "Wirst auch du (unsere Provinz) Mazedonien verraten?". Vier Verdächtige wurden festgenommen.
Namensänderung entzweit die Nation
Der Streit um die Umbenennung Mazedoniens spaltet die Griechen. Der im vergangenen Jahr von Tsipras ausgehandelte Namens-Kompromiss wird von der Opposition abgelehnt. Während das Parlament in Skopje am Freitag der Änderung zu "Republik Nordmazedonien" zustimmte, sind griechische Konservative und Nationalisten weiterhin strikt dagegen. Grund ist eine nordgriechische Provinz, die ebenfalls den Namen Mazedonien trägt. Anhänger haben Angst, dass der Nachbarstaat durch die Landesbezeichnung Mazedonien Ansprüche auf diese Region erheben könnte. Wegen dieses Namenstreits blockiert Griechenland seit Jahren die Annäherung Mazedoniens an die EU und die NATO.
Oppositionsführer Kyriakos Mitsotakis von der konservativen Neo Dimokratia (ND) sagte, die Wirtschafts- und Außenpolitik unter Tsipras schade Griechenland. Er fordert sofortige Neuwahlen. Die ND liegt in Meinungsumfragen seit Monaten in Führung. Tsipras dagegen bekräftigt, dass die Parlamentswahl erst zum Ende seines Mandates im Oktober stattfinden soll.
rb/fa/se (afp, dpa, rtr)