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Ukraine hofft auf frisches Geld vom IWF

Frank Hofmann 11. März 2015

Es ist für Kiew eine wichtige Entscheidung, die das Direktorium des Internationalen Währungsfonds treffen wird. Denn es geht um Hilfen in Milliardenhöhe. Doch diese sind an Bedingungen geknüpft. Frank Hofmann aus Kiew.

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Außenminister Pawlo Klimkin bei einer Pressekonferenz (Foto: DW/F. Hofmann)
Bild: DW/F. Hoffmann

Es hängt alles an einem seidenen Faden, vielleicht steht Pawlo Klimkin (Bild oben), der Außenminister der Ukraine, deshalb so stramm da, bloß keine hektische Bewegung. Die Hände steif am Körper, betet der oberste Diplomat vor dem Präsidentengebäude in Kiew eine Erklärung herunter. Es klingt wie auswendig gelernt. Kiew halte sich an den Waffenstillstand, der am 12. Februar in Minsk verabredet wurde. Die Rebellen aber, die zögen ihre schweren Waffen nur scheinbar zurück.

Kurz zuvor hatte erstmals das sogenannte "Militärkabinett" getagt. Was genau das sein soll, kann selbst ein Mitarbeiter der Präsidialverwaltung nicht genau erklären. Nur, dass er sich nicht erinnern kann, so etwas schon einmal erlebt zu haben, ein "Militärkabinett". Der Mann hat schon unter dem von den Maidan-Revolutionären verjagten Autokraten Viktor Janukowitsch hier gearbeitet.

Das "Militärkabinett" beschließt, was Präsident Poroschenko schon in der Nacht zuvor in einem Fernsehinterview erklärt hatte: Der Waffenstillstand halte, irgendwie jedenfalls. Dabei hatten die Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) erst zu Wochenbeginn erklärt, dass sie von beiden Seiten an ihrer Arbeit gehindert würden. Es kann also nicht zweifelsfrei festgestellt werden, ob alle schweren Waffen hinter die in Minsk vereinbarte Linie zurückgezogen worden sind.

Großteil der Kredite noch in diesem Jahr

Das spielt aber während dieser Pressekonferenz keine Rolle – denn im Moment geht es ohnehin vor allem um die Stimmung, die Einschätzung, das Klima. Und zwar nicht im Kriegsgebiet sondern an den – (Finanz-) Märkten. An diesem Mittwoch diskutiert weit weg vom Drama im Donbass, weit weg von den ruhenden Soldaten, das Direktorium des Internationalen Währungsfonds (IWF). Es geht um die Freigabe des Ukraine-Planes für die nächsten vier Jahre und damit darum, ob die Ukraine wie sie heute aussieht überhaupt noch eine Zukunft hat. Der IWF soll 17,5 Milliarden US-Dollar an frischen Krediten geben.

Auf ihrem Twitter-Account schreibt die in den USA geborene ukrainische Finanzministerin Natalija Jaresko, der IWF spreche von einer "großen Frontladung" an Hilfen schon in diesem Jahr. Es gehe darum "eine rasche makroökonomische Stabilisierung zu erreichen", schreibt die Finanzministerin weiter. Jareskos Adressaten sind die angelsächsisch dominierten Märkte. Nur wenn das IWF-Geld fließt, gibt es Hoffnung, dass auch wieder frisches, privates Kapital ins Land kommt. Risikokapital.

Seit Januar bedient Jaresko vor allem US-Medien mit Interviews – die europäischen, zumal die vom Kontinent, sind ihr offenbar egal. London, Washington, New York – das ist Jareskos Reiseplan für die nächste Woche, um das IWF-Paket vollends nach Kiew zu holen. Dass die Europäer den viel größeren Teil des IWF-Geldes stemmen, ist der ehemaligen Mitarbeiterin der Kiewer US-Botschaft womöglich gleichgültig.

Warnung von Christine Lagarde

Vielleicht ist das auch ein Zeichen für den winzigen Spielraum, der ihr bleibt. Denn wenn der Waffenstillstand im Osten zusammenbricht, bevor das erste Geld fließen kann, dann ist alles Makulatur. Niemand verpulvert sein Geld in einem Land im Krieg. Vor einer Woche sprang der Kiewer Kassenfrau IWF-Direktorin Christine Lagarde bei: "Die Finanzielle Unterstützung für Kiew hängt davon ab, wie stabil die Lage in der Ost-Ukraine ist", sagte sie. Allerdings erinnerte sie auch Moskau daran, dass Russland kein Interesse am Kollaps der Ukraine haben könne. Denn dann wären die russischen Kredite in der Ukraine verloren und den vielen ukrainischen Banken mit russischer Beteiligung drohten die Pleite.

Kein Vertrauen in den Waffenstillstand

Deren Kapital ist schon jetzt in der Ukraine gefangen: Seit fast einem Jahr sind alle Bank-Auszahlungen reglementiert. Bargeld-Investoren kommen nicht mehr an ihr einjähriges Festgeld. Der Umrechnungskurs der ukrainischen Währung Griwna hat sich im Moment stabilisiert: Bei 25 Griwna für einen Euro in den Kiewer Wechselstuben. Doch ob das so bleibt, hängt allein an den vielen angekündigten Reformen, von denen im Kiewer Alltag keine zu erkennen ist.

Allein das Wetter verändert sich – seit dem Wochenende blauer Himmel und Sonnenschein, Passanten sind zurück in der Kiewer Innenstadt. Die ersten Straßenmusikanten spielen wieder auf der Flaniermeile, dem Khreschtschatyk, und nicht in den Kiewer Metro-Gängen wie während der Wintermonate. Ein Frühlingsbeginn, gerade so als ob es kein Krieg gäbe im Osten. Doch der Schein trügt.

Blick auf den Maidan (Foto: DW/F. Hofmann)
Ruhe auf dem Kiewer MaidanBild: DW/F. Hoffmann

Aus Donezk kommen Nachrichten nach Kiew, die Rebellen würden trainieren, "bis zum 20. oder 25. März" soll alles bereit sein. Doch niemand weiß, was genau. Und es reicht, um auch das wenige Vertrauen in den Waffenstillstand zu zerstören. Mariupol, die von ukrainischen Truppen gehaltene Hafenstadt am Asowschen Meer könnte das nächste Ziel der Rebellen sein oder sogar Charkiw, die multikulturelle zweitgrößte Stadt der Ukraine im Nordosten des Landes. Unter der ruhigen Oberfläche gibt es kein Vertrauen – es hängt eben alles an einem seidenen Faden.