1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Und er läuft und läuft

Carlos Albuquerque/Christina Weise22. März 2013

60 Jahre Volkswagen in Brasilien - eine Erfolgsgeschichte auf Augenhöhe. Mehr als 20 Millionen Fahrzeuge hat das Unternehmen dort produziert. Wie die Marke "made in Brazil" mit eigenen Modellen den Weltmarkt eroberte.

https://p.dw.com/p/1811m
Klassische Modelle von VW do Brasil (Foto: VW do Brasil)
Brasilien 60 Jahre VWBild: Volkswagen do Brasil

Die ersten 30 Käfer trafen im September 1950 im Hafen von Santos ein. Kurz darauf waren sie verkauft - für das Dreifache des erwarteten Preises. Drei Jahre später ließen sich die Wolfsburger in Brasilien nieder. Am 23. März 1953 nahmen die zwölf Mitarbeiter von "Volkswagen do Brasil" ihre Arbeit auf. In einem kleinen Lagerhaus in São Paulo montierten sie Käfer und VW-Busse.

Das war der Start zu einem riesigen Erfolg: Seit seiner Gründung vor 60 Jahren hat Volkswagen in Brasilien, genannt "VW do Brasil", mehr als 20 Millionen Fahrzeuge produziert. Heute ist das Land der zweitgrößte Absatzmarkt für VW-Fahrzeuge - nach China.

Eine Reihe Käfer vor dem Lagerhaus in São Paulo, wo VW Brasilien seine Tätigkeit im Jahr 1953 begann. (Foto: Volkswagen do Brasil)
Die ersten Käfer wurden in Brasilien lediglich montiertBild: Volkswagen do Brasil

"VW do Brasil" ist seither zu einer eigenen Größe herangewachsen. Laut einer Studie der brasilianischen Vereinigung der Werbewirtschaft (ABA) ist Volkswagen die bekannteste Automarke des Landes. Der Konzern ist der größte Autoproduzent und Exporteur des Landes. Als Arbeitgeber belegt "VW do Brasil" mit 24.000 Angestellten den zweiten Platz unter den Autobauern knapp hinter General Motors.

Erste Fabrik im Ausland

Die erste Fertigungsstätte in São Paulo würde man heute wohl als Vormontage, eine sogenannte CKD-Produktion (CKD = Completely knocked down) bezeichnen: Die Teile waren aus Deutschland importiert, und die Fahrzeuge in Brasilien montiert. BMW und Audi bauen gerade große CKD-Werke in Lateinamerika, um Zollschranken zu umgehen. Doch in den 50er-Jahren wurde noch anders verfahren.

Es war die Zeit der brasilianischen Industrialisierung: Der fortschrittsgläubige Präsident Juscelino Kubitschek trieb den Bau der neuen Hauptstadt Brasília voran, beschloss große Straßenprojekte, und die Automobilindustrie blühte auf. 1956 setzte Kubitschek die Rahmenbedingungen fest: Autobauer mussten in Brasilien nach einer kurzen Aufbauphase ohne den Import ausländischer Teile auskommen. Noch im selben Jahr legte Volkswagen den Grundstein für seine erste Fabrik außerhalb Deutschlands in São Bernardo do Campo, einem Vorort von São Paulo.

Schwarz-weiße Werbefotografie einem schwarzen und einem weißen VW-Bulli (Foto: Volkswagen do Brasil) Alle Bilder zugeliefert von Carlos Albuquerque
Der Bulli wird seit 1953 in Brasilien gebautBild: Volkswagen do Brasil

Den Gesetzesauflagen folgend kam im September 1957 der erste der VW-Bus auf den Markt, dessen Teile zu 50 Prozent aus brasilianischer Produktion stammten. Zwei Jahre später baute "VW do Brasil" den ersten Käfer Vorort, der zu 95 Prozent eine brasilianische Fertigung war.

Nationalhelden

Wie in Deutschland entwickelte sich der Käfer auch in Brasilien rasch zu einem Verkaufsschlager. Insgesamt wurden mehr als drei Millionen Stück produziert. Doch 1986 - zehn Jahre später als in Deutschland - stellte "VW do Brasil" den Bau des "Fusca", wie er dort heißt, auch dort ein, allerdings zunächst nur vorübergehend.

Viel länger überlebte in Brasilien der Kleintransporter T2. In Deutschland wurde der runde "Bulli" 1979 durch ein eckigeres Modell, den "T3", abgelöst. Sein brasilianisches Pendant, der "Kombi", wird immer noch hergestellt: Bis 2011 summierte sich die Zahl der produzierten Einheiten auf 1,5 Millionen Stück. Allerdings sind die Tage des "Kombi" auch in Brasilien gezählt: Ende 2013 ist Schluss. Der "Kombi" erfülle nicht die nötigen Sicherheitsanforderungen, begründet Thomas Schmall, Präsident von "VW do Brasil", die Entscheidung.

Ob der Kombi irgendwann noch einmal gebaut wird, ist schwer zu sagen. Der Käfer jedoch feierte 1993 unverhofft seine Wiederauferstehung. Möglich machte dies der damalige Staatspräsident Itamar Franco, ein bekennender Fusca-Fan. Doch der "Fusca Itamar" fand in Brasilien nicht den erhofften Anklang. 1996 wurde die Produktion eingestellt.

Präsident Itamar Franco steht in der offenen Tür eines Käfers. (Foto: Volkswagen do Brasil)
Relaunch des Käfers 1993 mit Präsident Itamar FrancoBild: Volkswagen do Brasil

Spitzenreiter

So erfolgreich und kultig Käfer und Bulli auch waren - manche brasilianische Kalender weisen sogar die Jahrestage des jeweiligen Produktionsbeginns in Brasilien aus - mit einem Modell können sie es nicht aufnehmen: Der "Gol" bricht alle Rekorde.

1980 stellte "VW do Brasil" einen speziell für Lateinamerika entwickelten Kleinwagen vor. Er sah aus wie eine Miniatur des damaligen Passat und fand schnell zahlreiche Käufer. 1987, als er bereits eher ein kleiner Golf aussah, erklomm er die Spitze der brasilianischen Verkaufscharts. Bis heute hat der "Gol" diese Position nicht für ein einziges Jahr abgegeben: Mit mehr als sieben Millionen Exemplaren ist er das mit Abstand meist gebaute und verkaufte brasilianische Auto aller Zeiten.

Werbefotographie eines weißen Gol. (Foto: Volkswagen do Brasil)
Mehr als sieben Millionen Mal gebaut: der GolBild: Volkswagen do Brasil

Eine eigene Marke

Die Entwicklung eigener Modelle hat "VW do Brasil" praktisch zu einer nationalen Marke gemacht, auch, weil die Konzerntochter ihre Autos sehr erfolgreich exportiert. So wird im Irak etwa der Passat "Brazili" genannt, weil die Heckscheibe seine Herkunft ausweist: "Made in Brazil".

Zudem hat "VW do Brasil" eigene Innovationen vorzuweisen: 2003 stellte man als erstes Unternehmen, ein "Flex-Fuel"-Auto vor. Es hat einen Motor, der mit Alkohol, Normalbenzin oder jeder beliebigen Mischung beider Treibstoffe läuft. In Brasilien ist Ethanol bereits seit Jahrzehnten ein Benzinersatz, doch die Systeme waren unflexibler. Inzwischen bieten fast alle Hersteller dort solche Modelle an.

Wie wichtig Brasilien für Konzernchef Martin Winterkorn ist, betonte er noch im Oktober vergangenen Jahres, als er das Land zum "Eckstein der Strategie 2018" machte. Brasilien soll dazu beitragen, den Automobilkonzern aus Wolfsburg zum größten Autobauer der Welt auszubauen. Winterkorn rechnet mit einem Boom auf dem brasilianischen Automarkt: Bis 2018 soll der Absatz um insgesamt 45 Prozent auf jährlich acht Millionen verkaufte Fahrzeuge steigen. "VW do Brasil" möchte seinen Anteil daran haben.