Hochwasser birgt Seuchengefahr
19. Mai 2014
Mehrere Dutzend Menschen sind bislang in den Fluten ums Leben gekommen, riesige Gebiete vor allem entlang des Flusses Save stehen unter Wasser, zahlreiche Häuser sind zerstört; nur ihre Dächer ragen aus dem Schlamm - die Hochwasserkatastrophe auf dem Balkan hat dramatische Folgen. Rund eine Million Menschen sind betroffen. Die Einwohner Serbiens bereiten sich derweil auf eine weitere Flutwelle vor: Millionen weitere Sandsäcke wurden in Orten wie Sabac, Mitrovica, Belgrad und Obrenovac aufgestapelt.
In der Nacht zum Montag (19.05.2013) hatten die Befestigungen gehalten. Etwa 7000 der 25.000 Einwohner Obrenovacs in der Nähe von Belgrad hatten vorsorglich ihre Häuser verlassen müssen. Weite Teile der Stadt sind unzugänglich. Auch in der serbischen Hauptstadt hat ein Wettrennen gegen die Zeit begonnen. Tausende Einsatzkräfte stapelten Sandsäcke entlang der Save - ein neuer Rekordpegelstand wird erwartet. "Die Situation ist einfach katastrophal", sagt Klaus Mock, Regionalleiter der Hilfsorganisation Help der DW.
Doch nicht nur in den Städten - vor allem auf dem Land hat die Flut für heftige Verwüstungen gesorgt. Die heftigen Regengüsse - die stärksten seit rund 120 Jahren - könnten den Bauern in Bosnien die notwendige Saat verderben. "Jetzt hat es schon fast vier Wochen geregnet - wenn die Saat nicht in den nächsten Wochen vorgenommen wird, dann werden die Bauern keine Ernte haben", sagt Fritz Neuberg von der Hilfsorganisation Adra. Das wäre eine wirtschaftliche Katastrophe für das landwirtschaftlich geprägte Land.
Verseuchtes Wasser, verseuchte Häuser
Experten warnen zudem vor einer Seuchengefahr. "Viele Tiere sind umgekommen, jetzt geht das Wasser zurück, gleichzeitig gehen die Temperaturen nach oben", erklärt Klaus Mock von "Help" gegenüber der DW das Problem. Auch umher schwimmender Müll und ausgelaufenes Öl verschmutzen das Wasser. Das verunreinigte Wasser könne zum Ausbruch von Krankheiten wie etwa Typhus oder Hepatitis führen, hieß es seitens des Gesundheitsamtes in Sarajevo. Deshalb sei eine sichere Wasserversorgung besonders wichtig. "Die Desinfektion ist ein großes Problem", sagt auch Neuberg von Adra. "Nicht nur das Wasser - auch die Gärten, Wiesen und Äcker sind verseucht." Ebenso sind Gebäude stark verunreinigt. "Die Wände müssen desinfiziert werden - man kann nicht sofort wieder hinein."
Neben zahlreichen Hilfsorganisationen ist von deutscher Seite auch das Technische Hilfswerk mit Großpumpen vor Ort. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes werden rund 350.000 Euro für die Flutopfer zur Verfügung gestellt: 150.000 Euro für das Technische Hilfswerk, weitere 200.000 Euro für andere Projekte, die derzeit noch nicht feststehen. "Der weitere Bedarf wird noch ermittelt", hieß es gegenüber der DW. Möglicherweise werde der Geldbetrag auch über 350.000 Euro hinaus gehen. "Die Fluterfahrungen aus Deutschland helfen uns sehr bei den Hilfsmaßnahmen", sagt Caritas Länderreferent Gernot Krauß. "Man weiß, dass Hochdruckreiniger gebraucht werden, Hygieneartikel und - was ganz wichtig ist -, dass es eine langfristige Problematik ist, die sich nicht in sechs Wochen gelöst hat." Er rechnet mit einer Zeitspanne von bis zu einem Jahr, bis die Schäden behoben sind.
Weggespülte Landminen
Zusätzlich kommt ein weiteres Problem auf die Bevölkerung zu: Zehntausende Landminen aus dem blutigen Krieg der 1990er Jahre könnten aus den markierten Minenfeldern in Bosnien weggespült werden, so die Warnung des bosnischen Minenaktionszentrums. Schon jetzt sollen einige Minen an Stellen gesichtet worden sein, wo zuvor nie welche gewesen waren. "Das heißt, dass die ganzen Markierungen von den Minenfeldern, die auf Karten eingezeichnet sind, zur Zeit kaum mehr stimmen", warnt Fritz Neuberg von der Hilfsorganisation Adra. "Man ist sehr vorsichtig, wenn man von der Straße runter geht."
Die Minen könnten auch für die Nachbarländer zum Problem werden. Denn über Flüsse in Bosnien könnten die gefährlichen Kriegsrelikte im Fluss Save landen, der wiederum in der Donau mündet und damit auch in andere Teile Südosteuropas gelangen könnte. Eine tödliche Gefahr - denn auch wenn die Minen im Wasser liegen und der Zündmechanismus feucht geworden ist, könnten sie noch losgehen. Auch für die Wasserkraftwerke könnten die tödlichen Waffen gefährlich werden. Denn die Landminen könnten an die Turbinen gelangen und dort Schaden anrichten.