Union beschließt Wahlprogramm einstimmig
3. Juli 2017Manche hatten es nach dem quälenden Flüchtlingsstreit zwischen Kanzlerin Angela Merkel und Bayerns Ministerpräsidenten Horst Seehofer kaum noch erwartet. Doch CDU und CSU haben sich auf ein gemeinsames Wahlprogramm für die Bundestagswahl geeinigt - einstimmig, wie die Deutsche Presseagentur (dpa) berichtet.
Vor der Presse in Berlin teilten Merkel und Seehofer mit, nach der Wahl ein "Fachkräfte-Zuwanderungsgesetz" auf den Weg bringen zu wollen. Ziel sei, dass "kein Arbeitsplatz unbesetzt bleibt", sagte Merkel (CDU). Dafür brauche es ausreichend Fachkräfte. In dem Gesetz sollten bestehende Regeln gebündelt und gegebenenfalls verbessert werden. In ihrem Programm geben die Unionsparteien das Ziel aus, bis 2025 Vollbeschäftigung zu erreichen.
Soli soll ab 2020 schrittweise abgebaut werden
Außerdem will die Union unter anderem die Bürger bei der Einkommensteuer um insgesamt 15 Milliarden Euro entlasten. Der Solidaritätszuschlag soll ab 2020 bis 2030 schrittweise abgeschafft werden. Zudem soll es ein Baukindergeld geben: Wer eine Immobilie kauft, bekäme pro Kind und Jahr 1200 Euro Zuschuss über einen Zeitraum von zehn Jahren. Kindergeld und Kinderfreibetrag wollen die Unionsparteien erhöhen.
Am Sonntagabend hatte sich bereits CSU-Chef Horst Seehofer nach stundenlangen abschließenden Beratungen der Führungsspitzen beider Parteien in Berlin zufrieden gezeigt.
Teilnehmer der Runde erklärten, CDU und CSU wollten das Kindergeld nach der Bundestagswahl um 25 Euro erhöhen. Der Kinderfreibetrag (bisher 7356 Euro) soll in zwei Schritten bis zum Grundfreibetrag für Erwachsene (derzeit 8820 Euro) angehoben werden. Für das erste und das zweite Kind werden zurzeit jeweils 192 Euro Kindergeld pro Monat gezahlt, für das dritte 198 Euro und ab Kind Nummer vier jeweils 223 Euro.
Merkel sagte am späten Abend bei einem Treffen mit den Vorständen von CDU und CSU in einem Berliner Restaurant nach Teilnehmerangaben, man habe mit der Familienförderung "einen klaren Schwerpunkt auf Zukunft" gesetzt. Sie ergänzte demnach: "Wir denken an alle, wir spalten nicht."
Nach Teilnehmerangaben haben sich beide Parteien zudem darauf geeinigt, dass es ein "Fachkräftezuwanderungsgesetz" geben soll. Die CSU hatte sich lange gegen ein Einwanderungsgesetz gesträubt und gefordert, dass es mit einer Begrenzungskomponente für Zuwanderung kombiniert werden müsse. Das Gesetz soll nun den wachsenden Fachkräftemangel besser bekämpfen.
CSU-Chef Seehofer sagte, es gebe "ein sehr kräftiges Band der Gemeinsamkeit zwischen CDU und CSU". Der Sinn der Verhandlungen sei nicht die Frage gewesen, wo sich die CSU gegenüber der CDU habe durchsetzen können, "sondern wo wir ein starkes Zukunftsprojekt formulieren, gemeinsam für die Zukunft Deutschlands. Das ist uns gelungen." Er habe bereits viele Wahlprogramme mitformuliert, "aber das ist schon beachtlich", sagte Seehofer. Man habe sich sehr einvernehmlich nach wochenlangen Beratungen verständigt. "Ich bin hochzufrieden und das wird ein starker Wahlkampf gemeinsam mit Angela Merkel." Auch in der Migrationspolitik sei er sehr zufrieden mit den Formulierungen. Details nannte er hier jedoch nicht.
"Nichts ohne Schäuble"
Man habe am Abend länger als geplant verhandelt, weil man sorgfältig habe vorgehen wollen: "Wir haben ja als obersten Grundsatz, die Dinge, die wir der Bevölkerung versprechen, die wollen wir unter allen Umständen auch einhalten." Deshalb gehe es bei allen Ideen immer um die Frage, ob sie auch finanzierbar seien. Es habe an keinem Punkt Spannungen oder kontroverse Diskussionen gegeben, bei denen CDU und CSU auseinander gewesen seien.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sei in den Beratungen immer eng einbezogen worden, sagte Seehofer. "Wir hätten nichts gemacht, ohne Zustimmung von Wolfgang Schäuble." Denn dass man solide Finanzen und die schwarze Null - einen Haushalt ohne Neuverschuldung - halten wolle, sei völlig unstrittig. Deshalb stütze man sich bei den Vorhaben des Wahlprogramms sehr darauf, was auch aus Sicht Schäubles ohne Steuererhöhungen oder Verschuldung eingehalten werden könne.
Die CSU wird aber am 23. Juli noch einen "Bayernplan" vorlegen, in dem sie Forderungen für die Bundestagswahl und mögliche Koalitionsverhandlungen aufstellt, die sie gegenüber der CDU nicht durchsetzen konnte.
se/stu/ml (dpa, afp, rtr)