Untersuchungs-Team in Hongkong wirft hin
11. Dezember 2019In der Kommission zur Untersuchung von Fehlverhalten der Polizei bei den anhaltenden Demonstrationen in Hongkong ist ein offener Konflikt mit den internationalen Beratern ausgebrochen. Die eigens hinzugezogenen Polizeiexperten aus Großbritannien, Neuseeland, Australien und Kanada setzten ihre Kooperation überraschend aus. Das Aufsichtsorgan, das sie beraten sollen, kann aus ihrer Sicht nicht ausreichend seiner Arbeit nachgehen, wie es in einer Mitteilung hieß.
Die ausländische Gruppe sei zu dem Schluss gekommen, dass in dem amtlichen "Unabhängigen Rat der Polizei für Beschwerden" (IPCC) "ein entscheidender Mangel an Befugnissen, Kapazitäten und unabhängigen Ermittlungsfähigkeiten ersichtlich ist". Die internationalen Polizeiexperten waren im September berufen worden, um der Arbeit des Gremiums in der chinesischen Sonderverwaltungsregion mehr Glaubwürdigkeit zu verleihen.
Der Rückzug der ausländischen Experten stellt für Hongkongs Regierungschefin Carrie Lam einen schweren Rückschlag dar. Angesichts zunehmender Klagen über willkürliches oder hartes Vorgehen der Polizeikräfte bei den Protesten gehört die Einrichtung einer wirklich unabhängigen Kommission zur Untersuchung von Polizeibrutalität zu den Hauptforderungen der Demonstranten. Lam hatte das Ansinnen aber wiederholt unter Hinweis auf die Berufung der ausländischen Experten im September abgelehnt und das bestehende Aufsichtsorgan für ausreichend erklärt.
Polizei als Filter
Eines der Probleme des Gremiums liegt nach Presseberichten unter anderem darin, dass nur Klagen nachgegangen werden kann, die auch von der Beschwerdestelle der Polizei weitergeleitet werden.
Seit Beginn der Massenproteste vor einem halben Jahr wurden in Hongkong mehr als 6000 Menschen festgenommen. Ausgelöst wurden die Proteste durch ein letztlich zurückgezogenes Gesetzesvorhaben, das Auslieferungen nach Festland-China ermöglicht hätte. Längst richten sich die Proteste aber generell gegen die Peking-treue Hongkonger Regierung, den wachsenden Einfluss Chinas in der früheren britischen Kronkolonie sowie Einschränkungen demokratischer Rechte. Am Rande der Demonstrationen kam es häufig zu schweren Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und radikalen Gruppen gekommen.
Seit der Rückgabe 1997 an China wird Hongkong nach dem Grundsatz "ein Land, zwei Systeme" autonom regiert. Die sieben Millionen Hongkonger genießen - anders als die Menschen in der Volksrepublik - viele Rechte wie Versammlungs- und Meinungsfreiheit. Die Hongkonger fürchten aber zunehmend um ihre Freiheiten. Auch fordern sie echte Demokratie, wie es ihnen beim Souveränitätswechsel auch in Aussicht gestellt worden war.
stu/AR (dpa, afp, ap)