Bush allein zu Haus
27. August 2007Der umstrittene US-Justizminister Alberto Gonzales hat die Konsequenz aus der anhaltenden Kritik an seiner Amtsführung gezogen und seinen Rücktritt angekündigt. Nach monatelangem Kampf um sein Amt gab Gonzales am Montag (27.8.07) bei einem kurzen Presseauftritt in Washington bekannt, dass er am 17. September aus dem Amt scheiden werde. Zu den Beweggründen für seinen Verzicht äußerte sich Gonzales nicht selbst. Bei seinem einminütigem Presseauftritt ließ er keine Journalistenfragen zu.
Bush akzeptiert "mit Zögern"
Gonzales werden unter anderem die Entlassung von acht Bundesanwälten aus politischen Gründen und der Missbrauch von Antiterrorgesetzen bei Lauschaktionen gegen US-Bürger angelastet. Außerdem hat er als Rechtsberater des Weißen Hauses die Beschneidung von Rechten für die Häftlinge im US-Gefangenenlager Guantánamo Bay auf Kuba forciert.
US-Präsident George W. Bush bedauerte den Rücktritt seines langjährigen Vertrauten und warf Gonzales' Gegnern vor, den Minister durch "monatelange unfaire Behandlung" zu Fall gebracht zu haben. Bush, der seinen Minister bis zuletzt verteidigt hatte, kommentierte Gonzales' Entscheidung mit Bitterkeit. "Sein guter Name wurde aus politischem Kalkül durch den Schmutz gezogen", sagte Bush. Er habe das Rücktrittsgesuch "mit Zögern akzeptiert".
Bush räumte ein, dass die Affäre die Fähigkeit des Justizministers zur Amtsausübung behinderte: Die Vorwürfe gegen Gonzales hätten zu einer "schädlichen Ablenkung" der Arbeit des Justizministeriums geführt.
Chertoff möglicher Nachfolger
Bis der US-Senat einen Nachfolger bestätigt hat, soll nach Bushs Angaben der Generalstaatsanwalt Paul Clement das Amt kommissarisch führen. Offizielle Angaben zu der Nachfolge lagen zunächst nicht vor. Einem Bericht des Fernsehsenders CNN zufolge ist die Nachfolge bereits geklärt: Heimatschutzminister Michael Chertoff solle den Posten des Justizminister übernehmen.
Führende Demokraten nahmen Gonzales Rücktrittsankündigung mit Genugtuung zur Kenntnis. Der Chef des Justizausschusses im Senat, Patrick Leahy, warf Gonzales vor, "das Justizsystem durch politischen Einfluss korrumpiert zu haben". Der demokratische Senator Chuck Schumer sagte, das Justizministerium sei unter Gonzales "praktisch nicht mehr funktionsfähig" gewesen.
Offenes Misstrauen
Gonzales war in der Affäre um die Entlassung der Bundesanwälte in den vergangenen Monaten immer stärker unter Druck geraten. US-Senatoren hatten ihm Mitte Juli offen ihr Misstrauen ausgesprochen. Er weiche Fragen aus, ändere immer wieder seine Aussagen und erzähle die Unwahrheit, warfen sie dem Minister bei einer Sitzung des Justizausschusses vor. Auch einflussreiche Politiker von Gonzales' Republikanischer Partei forderten zuletzt seinen Rücktritt.
Auch im eigenen Haus geriet Gonzales schließlich unter Druck. Das Justizministerium leitete im Juni Ermittlungen gegen den eigenen Ressortchef ein. Dabei ging es um die Frage, ob der Minister die Zeugenaussagen von Mitarbeitern zu der Angelegenheit beeinflussen wollte
Letzter Mitstreiter
Bush allerdings hatte bis zuletzt zu seinem umstrittenen Minister gehalten und Rücktrittsforderungen zurückgewiesen. Zudem weigerte sich der Präsident, mit seinen ehemaligen Top-Beratern Joshua Bolton und Harriet Miers enge Vertraute in der Affäre vor dem Kongress aussagen zu lassen. Der Druck des Weißen Hauses war stark genug, um ein symbolisches Misstrauensvotum gegen Gonzales Mitte Juni scheitern zu lassen: Den Abgeordneten der Demokratischen Partei gelang es nicht, ausreichend Republikaner auf ihre Seite zu ziehen.
Im vergangenen Jahr waren acht der 93 ranghohen US-Bundesanwälte entlassen worden. Gonzales hatte behauptet, dies sei wegen schlechter Leistungen geschehen. Kritiker des Justizministers sind jedoch davon überzeugt, dass sie wegen mangelnder Loyalität zur Bush-Regierung gefeuert wurden. Gonzales war vom Präsidenten im Februar 2005 zum Justizminister ernannt worden. Der 52-Jährige war einer der letzten politischen Gefolgsleuten von Bush aus dessen Zeiten als Gouverneur von Texas.
Vor Gonzales hatten bereits der ehemalige Stabschef im Weißen Haus, Andrew Card, Bushs Rechtsberaterin Harriett Miers, der Sprecher des Weißen Hauses, Tony Snow, sowie zuletzt die beiden engsten Vertrauten des Präsidenten, Dan Bartlett und Karl Rove, ihren Abschied eingereicht. Auch die beiden stellvertretenden nationalen Sicherheitsberater Meghan O'Sullivan und J.D. Crouch waren aus dem Regierungsdienst ausgeschieden. (stu)