US-Kongress wendet Shutdown ab - vorerst
30. September 2021Nach dem US-Senat stimmte am Donnerstag (Ortszeit), also kurz vor Ablauf der Frist, auch das Repräsentantenhaus für einen Übergangshaushalt, der eine Finanzierung der Bundesbehörden bis zum 3. Dezember sicherstellt. Ansonsten wären die USA nach Mitternacht in einen sogenannten Shutdown gerutscht, bei dem Hunderttausende Bundesbedienstete in den unbezahlten Zwangsurlaub geschickt worden wären. US-Präsident Joe Biden muss das Gesetz nur noch unterzeichnen.
Das Problem eines drohenden Zahlungsausfalls der USA ist damit aber noch nicht gelöst - und auch Streitigkeiten innerhalb der Demokraten bringen Biden in Bedrängnis. Zwar stimmten sowohl im Senat als auch im Repräsentantenhaus einige Republikaner für den Haushaltsentwurf - eine große Anzahl von ihnen votierte jedoch in beiden Kammern dagegen.
Streitfall Schuldenobergrenze
Mit der Verhinderung des Shutdowns ist nur eine Krise vorerst abgewendet. Das weitaus größere Problem der Schuldenobergrenze bleibt vorerst bestehen. Ohne eine Anhebung oder Aussetzung dieser Grenzedurch den Kongress droht der US-Regierung laut Finanzministerin Janet Yellen Mitte Oktober der Zahlungsausfall.
Das Repräsentantenhaus hatte bereits in der vergangenen Woche mit den Stimmen der Demokraten eine Regelung zur vorübergehenden Finanzierung der Regierung beschlossen. Im Senat sperrten sich die Republikaner aber dagegen, weil darin auch vorgesehen war, die Schuldenobergrenze vorerst auszusetzen - was sie ablehnen. Die Demokraten trennten beide Fragen schließlich notgedrungen, um einen Shutdown doch noch abzuwenden und das Haushaltsgesetz im Senat durchzubekommen.
"Riskantes Vorgehen"
Die Demokraten wollen das Schuldenlimit nun in einem separaten Schritt mithilfe eines Sonderverfahrens ("Reconciliation") bis Dezember 2022 aussetzen. Gelingt das nicht, droht den USA Mitte Oktober erstmals in ihrer Geschichte die Zahlungsunfähigkeit. Nach Angaben der Demokraten würde das sechs Millionen Jobs kosten und Privatvermögen in Höhe von 15 Billionen Dollar (knapp 13 Billionen Euro) zerstören.
Obwohl die Demokraten die parlamentarische Mehrheit dafür hätten, warnen ihre eigenen Leute vor diesem Schritt. Die Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, hatte dieses Vorgehen als zu "riskant" bezeichnet. Finanzministerin Yellen hatte bei einem Zahlungsausfall vor einer Katastrophe gewarnt. Das Vertrauen in die Kreditwürdigkeit des Landes würde beschädigt - es drohten eine Finanzkrise und eine Rezession, sagte sie.
Infrastruktur und Soziales
Heftige interne Auseinandersetzungen bei den Demokraten machen Präsident Biden auch im Blick auf zentrale Vorhaben seiner Amtszeit schwer zu schaffen. Mit einer Serie von Gesprächen und Verhandlungen versucht er, ein großangelegtes Paket für Investitionen in die Infrastruktur des Landes und ein zweites gewaltiges Paket mit Investitionen für Soziales im Kongress durchzusetzen.
Das milliardenschwere Infrastrukturpaket, mit dem Straßen, Brücken sowie andere Verkehrs- und Energienetze in den USA modernisiert werden sollen, hatte im August nach langen Verhandlungen den Senat passiert - mit Unterstützung von Republikanern. Das abschließende Votum der anderen Kongresskammer fehlt noch.
Das US-Repräsentantenhaus verschob die ursprünglich ebenfalls für Donnerstag vorgesehene Abstimmung. Die Gespräche sollen nun an diesem Freitag fortgesetzt werden. Vorgesehen sind über die nächsten Jahre verteilt rund 550 Milliarden US-Dollar neuer Investitionen in die Infrastruktur. Insgesamt, inklusive schon vorher veranschlagter Mittel, hat das Paket einen Umfang von mehr als einer Billion Dollar.
Demokraten-Streit über Sozialpaket
Das zweite Paket sieht einen deutlichen Ausbau der Sozialleistungen vor. Biden will etwa mehr in Bildung und Kinderbetreuung investieren, Familien stärker unterstützen und sie steuerlich entlasten sowie Geld für den Kampf gegen die Klimakrise in die Hand nehmen. Dieses Paket hat bisher einen Umfang von 3,5 Billionen Dollar, auch verteilt über mehrere Jahre. Finanziert werden soll es durch Steuererhöhungen für Spitzenverdiener und das konsequentere Eintreiben fälliger Abgaben.
Da die Republikaner hier nicht mitziehen wollen, planen die Demokraten, dieses zweite Paket in einem parlamentarischen Sonderverfahren aus eigener Kraft durch den Kongress bringen. Sie haben in beiden Kammern aber nur knappe Mehrheiten, und auch bei ihnen sind die Pläne umstritten. Einige moderate Demokraten sehen die hohen Ausgaben kritisch und sperren sich dagegen. Progressive Demokraten haben sich hingegen mehr gewünscht. Letztere drohten damit, das Infrastrukturpaket zu blockieren, sofern nicht auch das größere zweite Paket gesichert sei.
mak/rb (dpa, afp)