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US-Repräsentantenhaus verlängert umstrittenes Anti-Terror-Gesetz

Christina Bergmann2. Februar 2006

Das US-Repräsentantenhaus hat den "Patriot Act" erneut verlängert - aber wieder nur um einen Monat. Denn das Gesetz zur Terrorbekämpfung ist umstritten.

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Capitol Hill in WashingtonBild: Illuscope

Der "Patriot Act", das umstrittene US-Gesetz zur Terrorbekämpfung, hat eine weitere Schonfrist erhalten: Das US-Repräsentantenhaus stimmte am Mittwoch (2.2.2006) für eine Verlängerung zentraler Vorschriften des Pakets. Bis zum 10. März will der Kongress mit dem Weißen Haus einen Kompromiss finden, der Bedenken einer zu weit gehenden Einschränkung von Bürgerrechten Rechnung trägt, hieß in Washington. Der Senat wird dem Schritt des Repräsentantenhauses voraussichtlich vor Freitag (4.2.), an dem das Gesetz ausläuft, folgen.

Angst vor dem Staat

Patriot Act Gesetz USA
Umschlag des "Patriot Act"Bild: AP Graphics

Schon vor der Weihnachtspause hatte der Kongress dem von Präsident George W. Bush vorgelegten Anti-Terror-Gesetz die beantragte unbefristete Gültigkeit verwehrt. Denn der "Patriot Act" schränkt die Bürgerrechte ein, meinen Kritiker. Die Zusatzartikel der amerikanischen Verfassung garantieren unter anderem die Sicherheit der Person und die Unverletzlichkeit des Eigentums. Wollten in der Vergangenheit amerikanische Justizbehörden US-Bürger belauschen oder ihr Haus durchsuchen, benötigten sie einen hinreichenden Verdacht und eine richterliche Erlaubnis, die ihre Berechtigung klar benannte. Die Regeln wurden streng ausgelegt. Für die Einsicht in bestimmte Dokumente waren die Hürden besonders hoch.

Mit dem "Patriot Act" wurde das anders. Das Gesetz winkten die beiden Häuser des amerikanischen Kongresses nur wenige Wochen nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 durch, um den US-Behörden das Aufspüren von Terroristen zu erleichtern. Präsident George W. Bush setzt sich für seine unbefristete Verlängerung ein. Viele Kongress-Abgeordnete - insbesondere die oppositionellen Demokraten - fürchten jedoch, dass das Gesetz die Bürgerfreiheiten zu sehr einschränkt. Sie wollen das weitere Vorgehen daher genau abwägen.

Einspruch unmöglich

Medizinische Unterlagen, Ausleihen aus öffentlichen Bibliotheken, Kontoauszüge - sie alle sind zugänglich für die Strafverfolgungsbehörden, und das ohne großen Aufwand. Eine richterliche Erlaubnis wird noch immer benötigt, aber sie zu bekommen ist einfacher: Es genügt der Hinweis auf einen vermuteten terroristischen Zusammenhang - ein leicht zu konstruierender Vorwurf, sagen die Gegner des "Patriot Act".

Außerdem müssen die Betroffenen nicht mehr vorher darüber informiert werden, dass ihre Zimmer durchsucht oder ihre Bücherlisten überprüft werden. Im Gegenteil: Alle beteiligten Personen sind vorher und hinterher zur Verschwiegenheit verpflichtet. Dadurch, so argumentieren die Kritiker, wird den Verdächtigten das wesentliche Recht genommen, Einspruch zu erheben - zum Beispiel, weil sich die Behörde schlicht in der Haustür geirrt hat. Oder weil die Untersuchung den genehmigten Umfang überschreitet.

Überwachung des E-Mail-Verkehrs

Ein spezielles Gesetz erleichtert schon seit 1978 Telefonüberwachungen und Durchsuchungen im Zusammenhang mit der Auslandsüberwachung der Geheimdienste. Die richterliche Erlaubnis dafür stellt ein spezielles Gericht aus, das der Geheimhaltung verpflichtet ist. Durch den "Patriot Act" kann dieses Gericht auch die Überwachung von US-Bürgern im Inland genehmigen - es reicht auch hier wieder ein vermuteter Zusammenhang mit dem internationalen Terrorismus.

Der "Patriot Act" hat auch zur Folge, dass die Kopfzeilen einer E-Mail oder einer Internetverbindung wie die Daten einer Telefonverbindung gehandhabt werden, auf die die Behörden leichten Zugang haben. Doch enthalten sie wesentlich mehr Informationen als eine Telefonnummer: Bei einer E-Mail lässt der Text in der Betreffzeile Schlüsse zu, bei einer Internet-Suchanfrage die Stichwörter in der Internetadresse.

Das alles, so argumentiert die Regierung in Washington, sei nötig, um den Terrorismus zu bekämpfen. Die Gegner des "Patriot Act" kritisieren das ungehemmte Sammeln von Informationen über unbescholtene Bürger.

Gespaltene Öffentlichkeit

Die Betroffenen scheinen den Befugnissen, die der "Patriot Act" erlaubt, zwiespältig gegenüber zu stehen. Immer dann, wenn der Begriff Terrorismus ins Spiel gebracht wird, sind die Amerikaner eher bereit, die Einschränkung ihrer Bürgerrechte hinzunehmen. In einer Umfrage der "New York Times" und des Nachrichtensenders CBS in der letzten Woche sagten 70 Prozent der Befragten, sie seien dagegen, dass die Regierung die Kommunikation von unbescholtenen Amerikanern überwacht. Wird jedoch nach der Überwachung von Amerikanern gefragt, die die Regierung verdächtig findet, befürworten dies 68 Prozent der gleichen Gruppe.

Ähnlich verhält es sich mit der Unterstützung für den Präsidenten in seiner jüngsten Lauschangriff-Affäre. 53 Prozent der Befragten befürworten Bushs Anweisung, Telefonate ohne richterliche Erlaubnis abzuhören, um terroristische Gefahren abzuwenden. Fehlt in der Frage der Hinweis auf den Kampf gegen den Terrorismus, stimmen nur noch 46 Prozent derselben Personengruppe den geheimen Anweisungen ihres Präsidenten zu.