US-Vizepräsident Pence verschiebt Nahost-Reise
14. Dezember 2017Der stellvertretende US-Präsident Mike Pence hat seinen geplanten Besuch im Nahen Osten verschoben. Eine für Montag angesetzte Rede von Pence im israelischen Parlament solle ein paar Tage später stattfinden, erklärte ein Sprecher der Knesset.
Hintergrund der Verschiebung sei das Ringen um die Steuerreform im US-Kongress, sagte eine Sprecherin des Vizepräsidenten der Deutschen Presse-Agentur. Die Republikaner wollen das Gesetz noch vor Weihnachten durchbringen. Im Senat haben sie nur eine knappe Mehrheit. Bei einem Patt fiele Pence als Präsident dieser Parlamentskammer die entscheidende Stimme zu.
Termine gestrichen
Zuvor hatten mehrere Gesprächspartner Begegnungen mit Pence wegen der Anerkennung Jerusalems als israelische Hauptstadt durch US-Präsident Donald Trump abgesagt, darunter auch Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, der erklärte, die USA könnten kein Vermittler in dem Konflikt mehr sein. Auch Vertreter der Kopten und der Großimam der Al-Azhar in Kairo sagten Termine mit Trumps Stellvertreter ab.
Die arabischen Abgeordneten, die im israelischen Parlament eine gemeinsame Liste bilden, hatten am Mittwoch mitgeteilt, sie würden die geplante Rede von Pence aus Protest boykottieren. Der US-Vizepräsident sollte laut Medienberichten von Sonntag bis Dienstag nach Israel reisen.
Letzte Grenzübergänge geschlossen
Nach mehreren Raketenangriffen aus dem Gazastreifen hat die israelische Armee derweil die letzten beiden Grenzübergänge in das Küstengebiet komplett geschlossen. Wann sie wieder geöffnet würden, sei unklar, sagte eine Sprecherin der Armee. Einer der Grenzübergänge dient der Einfuhr von Waren, der andere Personen, die eine Einreisegenehmigung nach Israel haben.
Ein führender palästinensischer Politiker verurteilte die Entscheidung scharf. "Die Schließung verhindert die Einfuhr von hunderten von Lastwagenladungen mit Essen und Grundversorgungsmitteln für die Bevölkerung, die Wirtschaft, den Bausektor und internationale Institutionen", sagte Dschamal Al-Kudari, Mitglied des Palästinensischen Legislativrates. Allein die Vereinten Nationen unterstützten rund eine Million Menschen in dem Küstengebiet.
Militante Palästinenser im Gazastreifen hatten am Mittwochabend wieder Raketen auf Israel abgefeuert, wie die Armee mitteilte. Israels Verteidigungsminister Avigdor Lieberman sagte, das Militär werde sich auf alle Szenarien vorbereiten.
"Freitag des Zorns"
Unterdessen rief der Chef der radikal-islamischen Hamas, Ismail Hanija, erneut zu einem "Freitag des Zorns" auf. "Wir werden Israel nicht anerkennen", sagte er auf einer Kundgebung im Gazastreifen zu 30 Jahren Hamas. Nach palästinensischen Medienberichten kamen mehrere zehntausend Menschen zu der Veranstaltung.
Israel hat bereits vor rund zehn Jahren eine Blockade über den Gazastreifen verhängt, die mittlerweile von Ägypten mitgetragen wird. Israel begründet das mit Sicherheitsinteressen. Die USA, die EU und Israel stufen die im Gazastreifen herrschende Hamas als Terrororganisation ein. Künftig soll die gemäßigte Fatah von Abbas auch in dem Küstenstreifen die Kontrolle übernehmen. Ihr untersteht bereits das Westjordanland.
Dort kam es zu neuerlichen Auseinandersetzungen zwischen Palästinensern und israelischen Sicherheitskräften. In Tulkarem wurden laut dem palästinensischen Gesundheitsministeriums zwei Palästinenser durch Schüsse verletzt, einer durch scharfe Munition, einer durch ein Gummimantelgeschoss.
Viele Festnahmen
In der Nähe von Nablus wurden nach Angaben des palästinensischen Rettungsdienstes Roter Halbmond 17 Menschen durch Tränengas verletzt. Die israelische Polizei nahm nach den tagelangen Unruhen 67 Palästinenser fest. Sie seien an Zusammenstößen mit der Polizei und Angriffen auf Polizisten beteiligt gewesen, teilte ein Sprecher mit. In einer großangelegten Razzia nahmen israelische Sicherheitskräfte zudem am Mittwochabend 367 Palästinenser fest, die sich nach Angaben der Polizei illegal in Israel aufgehalten hatten.
Trumps Entscheidung hatte den Streit um Jerusalem neu angefacht. Israel beansprucht das gesamte Stadtgebiet als seine unteilbare Hauptstadt. Dies wird jedoch international nicht anerkannt. Die Palästinenser wollen in Ost-Jerusalem die Hauptstadt eines künftigen Staates ausrufen.
jj/sam (dpa, rtr)