Kandidatenkür im US-Wahlkampf
12. Februar 2008Die US-Truppen umgehend aus dem Irak abziehen und keine dauerhaften Standorte einrichten – das wollen sowohl Barack Obama als auch Hillary Clinton. Nach den jetzigen Plänen der US-Regierung werden zum Zeitpunkt der Amtsübergabe noch rund 130.000 US-Soldaten im Irak stationiert sein. Ein Abzug von ein oder zwei Brigaden im Monat, wie es Obama und Clinton planen, würde die Truppen innerhalb von etwa 16 Monaten nach Hause bringen. Barack Obama hat sich auf diesen Zeitplan festgelegt.
Truppenabzug ja - aber wann?
Hillary Clinton ist da vorsichtiger. Innerhalb von 60 Tagen nach Amtsübernahme soll mit dem Abzug begonnen werden, sagt sie immer wieder, und sie hoffe, dass er innerhalb von einem Jahr oder 16 Monaten abgeschlossen sei. Festlegen will sie sich aber nicht, denn nicht nur der Rückzug sei gefährlich und müsse gut geplant sein, sagte sie während der jüngsten Debatte im US-Fernsehsender CNN. Es müsse auch über die Zukunft der mehr als 100.000 amerikanischen Zivilisten nachgedacht werden, die für die Botschaft arbeiten, für Firmen und für Wohltätigkeitsvereine. "Ich glaube auch, dass wir uns überlegen müssen, was wir mit den Irakern tun, die sich auf unsere Seite geschlagen haben. Viele der Fahrer und Übersetzer retten so viele Leben unserer Soldaten, dass wir sie nicht verlassen dürfen, ohne das wir einen Plan haben für die, die im Fadenkreuz stehen", so Clinton.
Barack Obama stimmt ihr grundsätzlich zu, beharrt aber auf einem festen Datum, um der irakischen Regierung ein klares Zeichen zu geben – und hält seiner Rivalin, die 2002 mit Präsident Bush gestimmt hat, an dieser Stelle stets seinen größten Trumpf entgegen: "Ich denke, ich bin der demokratische Kandidat der am effektivsten ist gegen John McCain oder einen republikanischen Kandidaten, weil ich im deutlichen Gegensatz zur Irakpolitik der jetzigen Regierung stehe." Er habe den Krieg nie unterstützt und ihn immer für eine schlechte Idee gehalten. "Ich will nicht nur den Krieg beenden, sondern auch die Mentalität, die uns den Krieg gebracht hat."
McCain und Huckabee: Nur als Gewinner abziehen
Denn in der Tat verspricht der Republikaner John McCain die Fortsetzung der Irak-Politik von Präsident George W. Bush. Er will die Amerikaner so lange im Irak belassen, wie es die Sicherheit aus seiner Sicht erfordert – und zieht Vergleiche mit Kuwait, Bosnien und Südkorea. "Wir werden nicht über einen Abzugszeitplan reden, sondern darüber, wie wir gewinnen, und was dafür notwendig ist."
Als Sieger und in Würde aus dem Irak abziehen – dafür steht auch der ehemalige Gouverneur von Arkansas, Mike Huckabee, der in den letzten Vorwahlen Delegiertenstimmen gewinnen konnte, aber zu McCain einen großen Abstand hat. Ron Paul, der noch immer als chancenloser Dritter im Bunde um Stimmen wirbt, fordert dagegen als einziger republikanischer Kandidat einen umgehenden Abzug der Soldaten aus dem Irak. Er sieht in dem Krieg vor allem eine Verschwendung von Steuergeldern.
Obama und McCain gemeinsam gegen Guantanamo
Die Einstellung der Kandidaten zum Irak-Krieg gibt auch die Richtung ihrer übrigen außenpolitischen Pläne an. John McCain will das Militär erheblich ausbauen und sich auch im Atomstreit mit dem Iran die militärische Option offen halten. Er warnt vor Nordkorea und dem Erstarken Chinas und Russlands, dem nur ein militärisch starkes Amerika entgegentreten könne. Der Kampf gegen den Terrorismus hat für ihn Priorität.
In der Einwanderungspolitik hat McCain allerdings in der Vergangenheit liberalere Positionen vertreten als seine republikanischen Mitbewerber, ebenso in Fragen der internationalen Klimapolitik. Als ehemaliger Kriegsgefangener lehnt er Folter und auch das berüchtigte "Waterboarding" ab, eine Foltertechnik, bei der die Gefangenen glauben zu ertrinken. Außerdem hat er sich gegen das US-Kriegsgefangenenlager in Guantanamo ausgesprochen.
Guantanamo schließen will auch Barack Obama – und so das Renommee der USA in der Welt wieder gerade rücken. Über den Irakkrieg habe man den Kampf gegen den Terrorismus in Pakistan aus dem Auge verloren, sagt der demokratische Kandidat. Auch um Lateinamerika werde er sich stärker kümmern. Die wirtschaftliche Konkurrenz durch China müsse ernst genommen werden. Anders als Clinton will sich Obama mit dem Iran ohne Vorbedingungen an einen Tisch setzen und der Regierung eine Mitgliedschaft in der Welthandelsorganisation WTO und andere wirtschaftliche Vorteile für ein Entgegenkommen im Atomstreit anbieten. Die NATO muss nach Obamas Ansicht gestärkt werden, und er werde sich für ein größeres Engagement ihrer Mitglieder bei Wiederaufbaumissionen stark machen.
Zwei-Staaten Lösung für Israel und Palästina
Auch Hillary Clinton will das Ansehen Amerikas in der Welt wieder reparieren. Globale Probleme wie Klimawandel, Armut und AIDS will sie bekämpfen, aber auch den internationalen Terrorismus. Ansonsten sieht Clinton wie auch Obama die USA weiterhin an Israels Seite. Beide wollen eine Zwei-Staaten-Lösung mit einem souveränen Palästina weiter vorantreiben.
Und was ist mit „old Europe“?
Über die Beziehungen zu Europa haben die Kandidaten bisher wenig gesagt – doch die Experten erwarten, dass beide demokratischen Kandidaten Europa als Partner ansehen und nicht als Gegner. Darin sind sie sich vermutlich einig mit dem Republikaner Mike Huckabee, der die Außenpolitik von Präsident Bush scharf kritisiert hat. Dann musste er nach heftigem Protest der Republikaner zurückrudern und verpackt seine Ansichten jetzt etwas charmanter. "Ich denke der zweitwichtigste Job des amerikanischen Präsidenten, neben dem des Oberbefehlshabers, ist der des Chefkommunikators. Er muss vor allem den positiven Geist dieses Landes dem Rest der Welt nahe bringen. Und das werde ich tun, wenn ich Präsident bin."