US-Zins verschreckt Börsianer
27. Januar 2022Seit gestern ist der Geist aus der Flasche. Es werde "bald angemessen sein", den Leitzins zu erhöhen, sagte FED-Chef Jerome Powell. Beim "bald" wurde er überraschend deutlich. Er sei der Ansicht, "dass wir im März die Zinsen anheben könnten", betonte er am Mittwoch auf einer Pressekonferenz in Washington. Noch ließ er die Zinsen auf dem Rekordtief zwischen null und 0,25 Prozent.
Doch die Sorge über die steigende Inflation wird die US-Währungshüter in den nächsten Sitzungen wohl mehrmals in diesem Jahr zum Nachjustieren bewegen. Powell ließ jedoch offen, wie häufig das sein könnte. Das eröffnet wiederum viel Platz für Interpretation bei Investoren.
Die deutsche Börse eröffnete heute mit einem kräftigen Minus. Der deutsche Leitindex Dax verlor im frühen Handel 1,03 Prozent auf 15 300,43 Punkte und machte damit knapp die Hälfte seines Vortagsgewinnes zunichte. "Powell ist zum Börsenschreck geworden", sagte Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners. "Der neue Konsens für dieses Jahr liegt bei fünf Zinsschritten. Vor der gestrigen Zinssitzung waren es noch vier."
Der japanische Nikkei-Index rutschte zeitweise um 3,6 Prozent auf 26.044 Punkte ab und markierte damit den tiefsten Stand seit mehr als einem Jahr. Am Donnerstag ging er 3,1 Prozent schwächer aus dem Handel. Auch an den Börsen in China ging es deutlich bergab: Die Börse in Shanghai verlor 1,8 Prozent. Der Index der wichtigsten Unternehmen in Shanghai und Shenzen gab zwei Prozent nach. "Die Marktteilnehmer haben nach dem Fed-Meeting erst einmal einiges zu verarbeiten", kommentieren die Analysten der LBBW.
Schon gestern konnte die Wall Street am späten Abend nach der Entscheidung ihre anfänglichen Tagesgewinne nicht halten. Der US-Standardwerteindex Dow Jones und der S&P 500 schlossen anderthalb Stunden nach der FED-Entscheidung leicht im Minus.
Neben der Inflation werden Anleger auch genau auf die Bilanzen der Unternehmen schauen. In Deutschland sorgte die Deutsche Bank für Überraschung. Zum ersten Mal seit Jahren konnte Deutschlands größtes Geldhaus wieder einen Milliardengewinn vorweisen. In den USA werden heute der iPhone-Hersteller Apple und der Kreditkarten-Anbieter Visa ihre Bücher öffnen. Vor allem von den Quartalsbilanzen von Apple wird abhängen, wie zuversichtlich Anleger in die Zukunft blicken.
Nm/dk (dpa, rtr, afp)