Durchbruch?
9. Januar 2014An seine umjubelten Golfschläge im Winterurlaub auf Hawaii wird sich der US-Präsident noch gern zurückerinnern. Im neuen Jahr will Barack Obama nicht nur auf dem Rasen einputten. "Ich glaube fest, dass 2014 für die USA das Jahr des Durchbruchs werden könnte", erklärte er vor Journalisten in Washington.
Wirtschaftlich gesehen war die Basis dafür seit Jahren nicht so gut sagt auch William Galston vom Think-Tank Brookings Institution. "Die fiskalische Bremse der Regierungspolitik ist beseitigt, die Exporte laufen gut, die Produktivität steigt wieder. Und zumindest in den Haushalten wurden viele Schulden abgebaut - leider nicht in der Regierung", sagte Galston der DW.
Auch Neil King vom Wall Street Journal bilanziert im Internet: "An der Börse läuft es gut, und der Arbeitsmarkt ist im Aufwind." Doch die Chancen für eine wirkliche Zusammenarbeit zwischen dem Präsidenten und dem Kongress seien nach wie vor begrenzt. Da werde es schon trüber, meint auch Galston. "Die Aussichten auf eine gestaltende Gesetzgebung, fernab der Routine, sind 2014 nicht sonderlich gut."
Das gilt zum vor allem für zwei Überhänge aus dem Vorjahr: NSA-Affäre und Gesundheitsreform. Noch im Januar will Obama bekanntgeben, ob er sich tatsächlich zu einer Reform der Geheimdienste durchringen kann - wie sie eine Expertengruppe fordert. Dann wird sich auch zeigen, ob seine umstrittene Gesundheitsreform nach ihrem Fehlstart an Fahrt gewonnen hat. Mit Obamacare wollte der Demokrat garantieren, dass rund 30 Millionen bislang unversicherte Amerikaner künftig eine bezahlbare Krankenversorgung genießen. Nach der Panne der Anmeldungs-Website haben sich aber bislang erst sieben Millionen eingeschrieben. Bis zum Frühjahr müssten die Versicherungswilligen Gas geben, um das Projekt zum Erfolg zu führen.
Leidiges Dauerthema
Im Februar aber geht es im Kongress erst einmal um ein weiteres leidiges Dauerthema: Die Anhebung der Schuldenobergrenze wird eine der ersten großen Kraftprobe des Jahres, sagt der ehemalige politische Berater von US-Präsident Bill Clinton Galston. "Die Republikaner wollen im Gegenzug für die Anhebung der Schuldenobergrenze einige politische Gegenleistungen. Der Präsident wiederum hat im Herbst angekündigt, dass er darüber nicht verhandeln wird."
Auch Beobachter wie King vom Wall Street Journal sehen Obama 2014 bereits auf starkem Konfrontationskurs. Sein Team vergrößerte er mit einem Berater, der Unterstützer gelegentlicher präsidialer Alleingänge ist: "Er heuerte John Podesta, Ex-Mitarbeibeiter der Clinton-Regierung, an. Ganz klar mit dem Ziel, einige Dinge, die ihm wichtig sind, per Exekutivorder voranzutreiben. Etwa den Klimaschutz. Das deutet darauf hin, dass er nicht unbedingt den Kongress als sein Hauptspielfeld ansieht."
Damit wäre Obama schlecht beraten, sagt hingegen Galston. Der Präsident sei schließlich seinem Land und sich selbst gegenüber verpflichtet, zunächst nach einem Kompromiss zu suchen. Die Exekutivorder dürfe im Notfall erst ein zweiter Schritt sein.
Republikaner unter Druck
Obama sei gut beraten, wenn er danach handle - zumal er sich eine Konfrontation in vielen Fällen sparen könnte. Etwa bei zwei brennenden Sozialthemen: der Verlängerung der Arbeitslosenversicherung und der Erhöhung der Mindestlöhne. Die Demokraten wollen den bundesweiten Mindestlohn von derzeit 7.25 Dollar pro Stunde auf 10 Dollar anheben. Und zwar noch vor den Kongresswahlen. Der Punktsieg sei bereits programmiert, sagt Galston. "Selbst Republikaner, die mit diesen Gesetzen nicht glücklich sind, werden einen Weg finden, ihnen zuzustimmen", sagt der Politologe. "Ich glaube nicht, dass viele Republikaner im Herbst in die Zwischenwahlen gehen wollen, wenn sie davor die Verlängerung der Arbeitslosenbezüge und die Anhebung des Mindestlohns blockiert haben."
Ähnlich ist es bei der anstehenden Reform des Einwanderungsrechts. Sein Wahlversprechen trägt Obama seit 2008 vor sich her. Ein Kompromiss des Senats sah im vergangenen Sommer vor, 12 Millionen illegalen Zuwanderern die Staatsbürgerschaft zu garantieren - im Gegenzug für schärfere Kontrollen an der Grenze zu Mexiko. Die Vorlage scheiterte an der republikanischen Mehrheit im Repräsentantenhaus. Doch auch die Konservativen wissen um den Wert lateinamerikanischer Wählerstimmen. Obama könnte davon profitieren, "denn er bekommt in jedem Falle etwas: entweder sein Gesetz - oder den politischen Nutzen", so Galston.
Aussenpolitsche Fallen
Weniger punkten kann der Präsident mit der Außenpolitik. Die Gewalt nach dem Abzug der US-Truppen aus dem Irak, der schwierige Rückzug aus Afghanistan, der Bürgerkrieg in Syrien oder die zähen Verhandlungen zwischen Israelis und Palästinensern - der Großteil der Amerikaner sorge sich nach zwölf Jahren unentwegter Kriegseinsätze inzwischen mehr um den Aufbau des eigenen Landes, sagt Brookings-Experte Galston: "Kurzfristig kann der Präsident in der Bevölkerung mehr punkten, wenn er das militärische Engagement beendet - und nicht erneuert."
Ungeachtet aller Punktsiege für Obama: Die Republikaner gehen nach Ansicht vieler Kommentatoren mit starkem Rückenwind in die Wahlen im November. Der Fehlstart der Gesundheitsreform, der Tiefpunkt Obamas Beliebtheitswerte, die auf teils unter 40 Prozent gesunken sind, und der Unmut über die durch Edward Snowden ans Tageslicht gekommene Telefonüberwachung von US-Bürgern durch den militärischen Geheimdienst NSA wiegen schwer.
Die Republikaner wollen das ausschlachten und sich neben der bestehenden Mehrheit im Repräsentantenhaus auch noch den Senat holen. Sechs Sitze müssten sie in der kleinen Kongresskammer dazu gewinnen. Fünf prominente demokratische Senatoren, die bisher sämtliche Wahlkämpfe gewonnen haben, treten von der politischen Bühne ab.
Fest steht: Will Obama noch ein paar Bälle auf dem politischen Spielfeld einputten, muss er das 2014 tun. Im nächsten Jahr um diese Zeit läuft sich nämlich bereits sein Nachfolger warm. Oder seine Nachfolgerin. Etwa Obamas ehemalige Außenministerin, Hillary Clinton. Nach einer Umfrage der privaten US-Universität Quinnipiac sehen die US-Wähler sie bereits als Favoritin.