USA wollen mehr NATO-Unterstützung
9. Februar 2005Nicht alle Verteidigungsminister der NATO haben mit diesem Wiedersehen an der sonnigen französischen Riviera gerechnet. Beim letzten informellen Treffen in Rumänien im Oktober 2004 gingen die meisten Minister davon aus, dass es das letzte Mal gewesen sein würde, dass sie Donald Rumsfeld in seiner Funktion als amerikanischer Verteidigungsminister treffen. Nach dem erneuten Wahlsieg von US-Präsident George W. Bush blieb Rumsfeld wider Erwarten im Amt. Der Chef des Pentagons, der wegen seiner Planung für den Irak-Krieg und der Folter in einem irakischen Gefängnis massiv in der Kritik stand, kommt nach Nizza, um bei seinen Kolleginnen und Kollegen massiv für mehr Unterstützung im Irak zu werben.
Streitpunkt Ausbildung
Nach Angaben amerikanischer NATO-Diplomaten glaubt Rumsfeld nach den erfolgreich verlaufenen Wahlen im Irak, dass sich zögerliche Verbündete wie Deutschland nicht länger dem Wunsch verschließen können, irakische Sicherheitskräfte auch im Land selbst auszubilden und Offiziere aus NATO-Stäben nach Bagdad zu schicken. Deutschland bildet bislang irakische Soldaten und Polizisten in den Vereinigten Arabischen Emiraten aus. Und dabei soll es auch bleiben, sagte Bundesaußenminister Joschka Fischer vor einigen Tagen in Brüssel.
Die NATO hatte im Juni zugesagt, monatlich 1000 irakische Offiziere zu schulen. Doch die ursprünglich geplante Zahl von 300 Ausbildern wurde bislang nicht erreicht. Der NATO-Oberkommandierende in Europa, US-General James Jones, hatte daraufhin angekündigt, auch 159 Ausbilder würden ausreichen, um das Ziel zu erreichen. Bislang haben die NATO-Mitgliedsstaaten etwas mehr als 100 Ausbilder entsandt.
Nur eine Mission in Afghanistan?
Die 26 Verteidigungsminister der Allianz werden sich ab Mittwochabend (9.2.2005) außerdem mit der Ausweitung der 8300 Mann starken ISAF-Operation in Afghanistan beschäftigen. Die internationale Schutztruppe unter NATO-Führung soll in den nächsten Monaten auch regionale Aufbauteams im Westen des Landes einrichten. Zwei weitere sollen von Italien und Spanien neu aufgebaut werden und andere Aufbaukommandos von US-Truppen übernommen werden.
Rumsfeld drängt darauf, die NATO-geführte Mission und die US-Operation "Endouring Freedom" im Osten Afghanistans unter einheitlichem Kommando zusammen zu legen. Das lehnen einige NATO-Verbündete ab, weil sie fürchten, in gefährliche Kampfhandlungen gegen Taliban-Milizen und Terroristen verwickelt zu werden. Die US-Truppen machen seit dem Herbst 2001 in Afghanistan Jagd auf El-Kaida-Terroristen, deren Anführer Osama bin Laden und Taliban-Kämpfer.
Starke Gegenstimme gewünscht
Frankreich, das in diesem Monat das Kommando über ISAF in Kabul an die Türkei übergibt, fürchtet, die USA wollten sich durch ein einheitliches Kommando über ganz Afghanistan Einfluss auf die ISAF-Mission sichern. Auf der anderen Seite ist Frankreich bemüht, seinen Einfluss in der NATO als Gegengewicht zur Führungsmacht USA zu stärken. Das Land beteiligt sich zwar seit Anfang der 1960er-Jahre nicht an den integrierten militärischen Strukturen der NATO, ist aber auf seine politische Rolle bedacht.
Die französische Verteidigungsministerin Michèle Alliot-Marie will Frankreich auch militärisch stärker dem Bündnis annähern. Ihre Einladung zum informellen Treffen in Nizza, dem ersten auf französischem Boden seit über 40 Jahren, kommt nicht von ungefähr.
Die Spannungen nach dem Irak-Krieg bleiben in der NATO immer noch spürbar, sagte ein EU-Diplomat vor Beginn der Tagung in Nizza. Alle Seiten seien aber bemüht, nach vorne zu schauen.
Rice fordert Hilfe von allen
Parallel zum Treffen der Verteidigungsminister der Nato-Länder traf US-Außenministerin Condoleezza Rice in Brüssel mit Nato-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer zusammen. Rice drängt alle NATO-Verbündeten, zur Stabilisierung des Iraks beizutragen, wie Diplomaten nach dem Treffen sagten. Dabei spiele es keine Rolle, ob die Alliierten im Irak selbst oder außerhalb des Landes Sicherheitskräfte ausbildeten, hieß es weiter. Auf dem NATO-Gipfel in Brüssel am 22. Februar mit US-Präsident George W. Bush sollen die Verbündeten ihre Solidarität demonstrieren.