Himmlische Mode bei der Met Gala
8. Mai 2018Was ursprünglich als reine Benefizveranstaltung für das Kostüminstitut des New Yorker Metropolitan Museum of Art gedacht war, hat sich mittlerweile zu einem unvergleichlichen Modeereignis gemausert. Organisatorin des Events ist Anna Wintour, Chefredakteurin der Modezeitschrift US Vogue. In den USA wird die Met Gala quasi als Gegenstück der Ostküste zur Oskar-Verleihung an der Westküste gesehen. Nur von Anna Wintour ausgesuchte Gäste werden geladen. Diese erscheinen dann in zum jeweiligen Thema passender Kleidung.
Dieses Jahr fällt das Thema mit der neuesten Ausstellung des Museums zusammen. Ihr Titel: "Heavenly Bodies: Fashion and the Catholic Imagination" ("Himmlische Körper: Mode und die katholische Vorstellung").
Religiös inspirierte Haute Couture
Die Ausstellung, deren Vorschau bei der Gala stattfand, wird am 10. Mai an drei Veranstaltungsorten der Met eröffnet. Sie wurde von Andrew Bolton, dem Chefkurator des Kostüminstituts des Metropolitan Museum of Art entworfen und koordiniert. Unter den Ausstellungsobjekten befinden sich nicht nur Designerstücke, sondern auch Leihgaben des Vatikan - eine eher ungewöhnliche Kombination.
Die Modewelt ist beim aktuellen Event gut vertreten, unter anderem durch die Designer Cristobal Balenciaga, Jean Paul Gaultier, Thierry Mugler und Elsa Schiaparelli sowie dem italienischen Luxusmodehaus Versace. Ausgestellt werden Abendkleider, die entweder von religiösen Symbolen oder vom religiösen Hintergrund der Designer selbst inspiriert wurden. Darunter sind beispielsweise Kreationen von Coco Chanel, die von katholischen Nonnen erzogen wurde. Zu sehen sind auch Stücke aus der Herbstkollektion des Jahres 2000 von John Galliano, die dieser für Christian Dior schuf. Eines dieser Werke löste damals eine Kontroverse aus, als ein Model in päpstlicher Montur, mit Mitra auf dem Kopf, Weihrauch auf einem Pariser Laufsteg verströmte.
Wie Bolton auf einem Blog der Met-Seite erwähnte, sind die meisten der vertretenen Designer in der römisch-katholischen Tradition erzogen worden. "Während viele von ihnen den Katholizismus nicht mehr praktizieren und ihre Beziehungen dazu sehr unterschiedlich sind, erkennen sie jedoch an, dass diese ihre Phantasie und Kreativität entscheidend beeinflusst hat", schreibt Bolton. Dieser Einfluss mache sich sowohl auf dem metaphorischen Niveau als auch durch den Gebrauch von expliziten Symbolen bemerkbar, darunter zum Beispiel Kreuze oder Dornenkronen.
Heilige Roben
Die katholisch inspirierten Modeschöpfungen erscheinen Seite an Seite mit "heiligen" Artefakten und Roben, die Leihgaben vom Vatikan sind. Diese Stücke wurden noch nie zuvor außerhalb des Vatikans gezeigt.
Kurator Bolton gelang es, etwa 40 Roben, die von insgesamt 15 Päpsten getragen wurden, für die Ausstellung auszuleihen. Darunter solche Kostbarkeiten wie das mit Goldfäden bestickte, weiße seidene Gewand von Papst Benedikt XV. und der Bischofshut von Papst Leo XIII.. Päpstliche Roben und Zubehör aus der Sakristei der Sixtinischen Kapelle werden im "Anna Wintour Kostümcenter" gezeigt.
Die Herausgabe dieser besonderen Leihgaben aus dem Vatikan war nicht unumstritten. Bolton reiste mehrfach nach Rom, um die Kontroverse zu beruhigen und den Vatikan zur Zustimmung zu bewegen. Dort verteidigte er seine Idee vor der Presse mit den Worten: "Einige Leute mögen die Mode als ein für die Verbreitung von religiösen Ideen unpassendes oder ungehöriges Medium betrachten. Dennoch ist Kleidung ein zentrales Thema bei jeder Diskussion über Religion. Die Kleidung bringt religiöse Zugehörigkeiten sowie Abgrenzungen zu anderen Religionen zum Ausdruck."
Direkte Gegenüberstellungen
In der Ausstellung werden die Abendkleider und andere Kleidungsstücke neben heiligen Artefakten gezeigt, die sie inspiriert haben mögen. Auf diese Weise ermöglicht die Ausstellung den Besuchern, für sich Parallelen zu ziehen und selbst zu erforschen, wie die Symbolik von religiösen Kunstschätzen, wie etwa mit Juwelen besetzte Goldkruzifixe, die Kreation eines bestimmten Kleidungsstücks inspiriert haben könnte. Oder sie können entdecken, wie die von Priestern und Nonnen getragenen einfachen und bescheidenen Gewänder Designer bis zum heutigen Tag inspiriert haben.
Während die religiösen Kunstschätze aus unterschiedlichen Materialien wie Holz und Stein, Gold und Elfenbein bestehen, ist ihr Einfluss in Brokat, Seide und Spitze der von den Designern kreierten Stücken spürbar. Die Geschichten und Erzählungen, die durch die Artefakte ausgedrückt werden, gehen in die Kleidungsstücke über - was von manchen Beobachtern als eine göttliche Inspiration gewertet werden könnte.
"Die katholische Bilderwelt in all ihren vielen Erscheinungsformen [...] neigt dazu, die metaphorische Natur der Schöpfung zu betonen", schreibt Bolton und zitiert den Soziologen Pater Andrew Greeley, der über die katholische Bilderwelt schrieb: "Alle Dinge in der Schöpfung, vom explodierenden Kosmos bis hin zu herumwirbelnden und herumtanzenden und vollkommen mysteriösen Quantenteilchen, offenbart uns etwas über Gott, und bringt uns dadurch Gott näher."
Wenn also die Grundthese der Ausstellung und der Met Gala stimmt, dann ist auch die Mode in dieser Aufzählung mit eingeschlossen.