Vattenfall entlässt Chef
16. Juli 2007
Als Konsequenz der Pannen in den Kernkraftwerken Krümmel und Brunsbüttel hat das Energieunternehmen Vattenfall am Montag (16.07.07) den Chef seiner Kernenergiesparte, Bruno Thomauske, entlassen. Auch der Kommunikationsleiter Johannes Altmeppen erklärte nach scharfer Kritik an der Informationspolitik Vattenfalls seinen Rücktritt. Die "personellen Konsequenzen" der Vorfälle seien mit der Leitung des schwedischen Mutterkonzerns abgestimmt, erklärte das Unternehmen. "Wir wollen damit verloren gegangenes Vertrauen zurückgewinnen." Man werde alles tun, um Fehler und Versäumnisse für die Zukunft auszuschließen. Vattenfall plant eine eigene, von Behörden unabhängige Untersuchung der Vorfälle. "Es geht uns darum, jeden Zweifel an der Sicherheit der Anlagen und der betrieblichen Abläufe auszuräumen." Bis auf weiteres übernimmt nun Kraftwerksvorstand Reinhardt Hassa Thomauskes Posten.
Umweltorganisationen: Probleme noch nicht gelöst
Umweltorganisationen kritisierten die Entlassung des Kernenergie-Chefs als Ablenkungsmanöver. "Das grundsätzliche Problem ist nicht gelöst", sagte Greenpeace-Sprecher Thomas Breuer, "Vattenfall betreibt mit Brunsbüttel und Krümmel alte und störanfällige Atomkraftwerke." Greenpeace spricht sich, wie auch der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), für eine endgültige Abschaltung beider Meiler aus. Thomauske sei ein "Bauernopfer", das einen notwendigen Lizenzentzug für die Kraftwerke verhindern solle, sagte der energiepolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Hans-Josef Fell. Dass die Verantwortlichen für die schlechte Sicherheitskultur Vattenfalls, Deutschland-Chef Klaus Rauscher und Konzernchef Lars Göran Josefsson, weiter im Amt blieben, sei unverantwortlich.
Bundesumweltminister Sigmar Gabriel begrüßte die Absetzung Thomauskes. Dieser sei Vertreter einer "Bunkermentalität" gewesen und habe "kein Interesse an Aufklärung" gehabt, sagte der SPD-Politiker. "Das ist ein erster Schritt aus der Deckung." Die Ankündigung einer Sicherheitsuntersuchung wertete er als möglichen ersten Schritt, mit den Betreibern über eine Verkürzung der Laufzeiten für "Gefährdungsreaktoren" zu sprechen. Restlaufzeiten sollten von älteren Reaktoren auf jüngere übertragen werden, so der Umweltminister. SPD-Generalsekretär Hubertus Heil bezeichnete die Störfälle, die es im vergangenen Jahr in deutschen, schwedischen und japanischen Kernkraftwerken gegeben hat, als Bestätigung der Richtigkeit des Atomausstiegs. Auch trotz neuer Standards sei die Atomenergie nicht sicher, sagte Heil in Berlin.
Menschliches Versagen
Derzeit prüft das für Atomaufsicht zuständige Sozialministerium von Schleswig-Holstein, ob Vattenfall wegen mangelnder Zuverlässigkeit die Lizenz für den AKW-Betrieb entzogen wird. "Vattenfall muss technisches und menschliches Versagen in seinen Kernkraftwerken ausschließen", erklärte die verantwortliche Ministerin Gitta Trauernicht. Das bedeute, dass alle Mitarbeiter des Unternehmens über die erforderliche Zuverlässigkeit und Fachkunde verfügen müssen. Indes schätzte das Bundesamt für Strahlenschutz die Pannen in den Atomkraftwerken Krümmel und Brunsbüttel nach bisherigen Erkenntnissen als "nicht sehr gravierend" ein. Eine abschließende Bewertung könne jedoch erst nach einer intensiven Befragung auch der Einzelverantwortlichen erfolgen.
Nach einem Trafo-Brand am 28. Juni hatte in Krümmel ein Missverständnis zwischen Schichtleiter und Reaktorfahrer zu einer Schnellabschaltung des AKW geführt. Seither waren sowohl in Krümmel als auch im nah gelegenen Meiler Brunsbüttel weitere Mängel entdeckt worden. (ask)