Zähe Verhandlungen im Südsudan
8. Oktober 2014Bis Anfang Oktober hatten die Bürgerkriegsparteien im Südsudan Zeit gehabt, die Kämpfe einzustellen und eine Regierung der nationalen Einheit zu bilden. Andernfalls hatte der ostafrikanische Staatenbund IGAD gedroht, "Maßnahmen zu ergreifen gegen die, die das Erreichen eines Friedens im Südsudan verhindern." Doch die Frist ist verstrichen und statt Sanktionen gegen die Konfliktparteien zu verhängen, räumte IGAD ihnen noch einmal mehr Zeit ein. Diesmal bis zum 16. Oktober.
Das folgenlose Verstreichen dieses jüngsten Ultimatums zeigt erneut, wie hilflos die Vermittler im südsudanesischen Bürgerkrieg sind. Seit Mai 2014 ist IGAD, der Südsudans Nachbarländer Äthiopien, Sudan, Kenia, Uganda sowie Somalia angehören, Gastgeber von Gesprächen zwischen der Regierung von Präsident Salva Kiir und den Rebellen unter Führung von Riek Machar. Mehrfach setzten die Vermittler bereits Fristen für ein Ende der Kämpfe und die Bildung einer gemeinsamen Regierung. Die Konfliktparteien ließen sie jedes Mal verstrichen. Die einzige Folge war stets, dass die IGAD eine neue Frist setzte.
Die Hoffnungen, dass die Verhandlungen bald zu einem Ergebnis führen, sind gering. "Ich denke, von einem Friedensprozess kann man derzeit gar nicht sprechen", kommentiert Wolf-Christian Paes, der Sudan-Koordinator des Bonner Internationalen Zentrum für Konversion (BICC).
Zahnloser Tiger als Vermittler
Der Bürgerkrieg im erst seit 2011 unabhängigen Südsudan war Ende 2013 ausgebrochen. Präsident Kiir hatte seinem ehemaligen Stellvertreter Machar einen Putschversuch vorgeworfen. Machar wies den Vorwurf zurück und behauptete, Kiir wolle eine Diktatur errichten. Bisher kostete der Konflikt, der das Land entlang ethnischer Linien spaltete, mehr als 1000 Menschen das Leben. Hunderttausende wurden vertrieben. Menschenrechtler werfen beiden Parteien schwere Kriegsverbrechen vor. Noch immer harren Zehntausende aus Angst vor Übergriffen unter katastrophalen Bedingungen in überfüllten UN-Lagern aus.
IGAD, so Konfliktforscher Paes, habe sich als weitgehend "zahnloser Tiger" erwiesen. Die internationale Gemeinschaft darüber hinaus habe offenbar ihr Interesse am dem Konflikt im Südsudan verloren. "Meiner Kenntnis nach gab es in den vergangenen Monaten keinen Versuch im Weltsicherheitsrat, ernsthafte Sanktionen gegen die südsudanesischen Konfliktparteien durchzusetzen", so Paes. Nicht einmal ein Waffenembargo, wie es in vielen anderen vergleichbaren Konflikten verhängt wurde, sei derzeit absehbar.
Streitpunkt Macht
Gescheitert waren die Verhandlungen zuletzt an der Frage, mit welchen Kompetenzen der neu zu schaffende Posten eines Premierministers in einer künftigen Übergangsregierung ausgestattet werden soll. Dem Präsidenten, der bisher allein die Regierungsgeschäfte führt, soll demnach künftig ein Vertreter der Rebellen als Premier zur Seite gestellt werden. Im Prinzip hatten beide Seiten dem zugestimmt. Darüber, welche Macht dieser künftige Regierungschef haben soll, konnten sich sie sich allerdings nicht einigen.
Das zeige, wo der Kern des Problems liege, sagt Nhial Tiitmamer, Direktor am südsudanesischen Think Tank SUDD-Institute: "Dies ist ein Konflikt um Macht." Mit allen wichtigen politischen Forderungen, wie die Reformen des Verfassung, der Sicherheitskräfte und der Verwaltung der Rohstoffvorkommen, schienen die Konfliktparteien einverstanden zu sein. In einer Machtteilung zwischen den Rivalen Kiir und Machar im Rahmen einer Einheitsregierung liege daher auch der Schlüssel zur Beilegung des Bürgerkriegs, so Tiitmamer.
Der Streit um die Macht sei durch internationale Vermittlung oder selbst durch diplomatischen Druck und Sanktionen nicht zu lösen, sagt Tiitmamer. Der Hass und das Misstrauen sowohl zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen als auch den politischen Führern sei zu groß. "Die Hasspropaganda hier verhindert, dass die Konfliktparteien erkennen, dass das Land bedeutender ist, als ihre eigenen Egos."
Ausländische Vermittler, so Analyst Tiitmamer, könnten höchstens helfen, Misstrauen und Hass zwischen den Konfliktparteien abzubauen. "Der IGAD-Prozess sollte durch Maßnahmen zur Vertrauensbildung begleitet werden." Dann sei eine Beilegung des Konflikts möglich, glaubt Tiitmamer. Nach blutigen Konflikten zwischen südsudanischen Ethnien etwa in den 90er Jahren habe es erfolgreiche Versöhnungsprogramme für die Bevölkerung gegeben.