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Versammlung der Machtlosen

Matthias von Hein5. März 2003

Der Nationale Volkskongress gilt als höchstes Verfassungsorgan Chinas. Doch von einer Kontrolle der Regierungsarbeit kann keine Rede sein. Das dürfte auch beim zehnten Volkskongress so sein.

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Bühne für politische Statisten: <br>Der Volkskongress in PekingBild: AP

2985 Delegierte des Volkskongresses sind am Mittwoch (5.3.2003) zu ihrer jährlichen Tagung in Peking zusammenkommen. Auf dem Programm steht nicht weniger als der weitreichendste Führungswechsel seit zehn Jahren. Mit Überraschungen ist dabei nicht zu rechnen: Weil auf den Kandidatenlisten für die Staats- und Regierungsspitze Alternativen fehlen, sind die neuen Amtsinhaber schon vorher bekannt. Staatspräsident Jiang Zemin übergibt das Amt mit 76 Jahren an den neuen Chef der Kommunisten, den 60-jährigen Hu Jintao. Die Nachfolger sollen voraussichtlich zum Abschluss der zweiwöchigen Jahrestagung am 18. März ernannt werden.

Hu Jintao
Desgnierter Staatschef: Hu JintaoBild: AP

Bereits im November vergangenen Jahres hatte die Kommunistische Partei Chinas (KP) auf einem Parteitag den Generationswechsel eingeleitet und Hu Jintao zum Generalsekretär ernannt. Mit Jiang Zemin dankt nun eine ganze Riege von Parteifunktionären ab. So muss ebenfalls Ministerpräsident Zhu Rongji in den Ruhestand gehen sowie der wegen seiner Verstrickung in die brutale Niederschlagung der Demokratiebewegung 1989 unbeliebte Parlamentspräsident Li Peng.

Neue Führungsriege

An ihre Stelle treten die Führer der so genannten vierten Generation. Dazu zählt neben dem neuen Staatspräsidenten Hu Jintao der für das Amt des Ministerpräsident vorgesehene Wen Jiaobao sowie der designierte Parlamentspräsident Wu Bangguo. Die neue Führungsriege ist mit einem Durchschnittsalter von rund 60 Jahren gut 10 Jahre jünger als ihre Vorgänger um Jiang Zemin. Sie gelten als gut ausgebildete Technokraten, als weniger ideologisch und stattdessen ergebnisorientierter.

Chinesischer Präsident Jiang Zemin in Beijing
Politisches Auslaufmodell: Jiang ZeminBild: AP

Große Mitsprachemöglichkeiten hat der formal zuständige Nationale Volkskongress bei der Wahl der Regierung nicht, auch wenn der Pomp, mit dem der Volkskongress in den kommenden zwei Wochen inszeniert wird, das Gegenteil suggerieren soll. In der bisherigen fast 50-jährigen Geschichte des Volkskongresses wurde noch nie ein Kandidat abgelehnt. Allerdings zeichnet sich tendenziell ein gewachsenes Selbstvertrauen der Abgeordneten ab. Zustimmungsraten zu Kandidaten und Vorschlägen der Partei von ehemals durchweg über 90 Prozent sind passé. Manche Kandidaten wurden nur mit knapp 70 Prozent Zustimmung regelrecht abgestraft.

Wirtschaftliche Entwicklung ganz oben auf der Agenda

McDonald's in Peking
Stets willkommen in China: Ausländische InvestorenBild: AP

Ganz oben auf der Agenda dürfte für die neue Regierung die wirtschaftliche Entwicklung des Landes stehen. Dazu gehören die Reform der maroden Staatsunternehmen und des Bankensektors, die weitere Implementierung der WTO-Vereinbarungen, die Überwindung starken Einkommensgefälles sowie der Kampf gegen die Arbeitslosigkeit. Auf wirtschaftlichen Erfolg ist die chinesische KP nicht nur ökonomisch, sondern auch politisch dringend angewiesen, um ihre Alleinherrschaft weiterhin zu legitimieren. Denn die Partei ist ideologisch ausgehöhlt und durch Korruptionsskandale angeschlagen.

Unterdessen dürften Demokratisierung und Bürgerrechte weiterhin Mangelware in China bleiben, solange Folter, Hinrichtungen und Repressionen gegen politische Gegner an der Tagesordnung sind. So standen beispielsweise vor wenigen Wochen die Arbeiterführer Yao Fuxin und Xiao Yinliang vor Gericht. Der Vorwurf: Organisation illegaler Proteste, Herstellung von Kontakten zu ausländischen Nichtregierungsorganisationen, Kontakte zu Dissidenten innerhalb Chinas und das Reden mit ausländischen Journalisten. Davon dürfte auf dem 10. Nationalen Volkskongress freilich kaum die Rede sein.