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Eine Kamera im Kühlschrank

Sabine Kinkartz, Berlin4. September 2015

Smartphones, Smartwatches, Curved-TVs oder doch etwas ganz anderes: Was sind die heißesten Trends auf der IFA? Sabine Kinkartz hat sich auf der weltweit größten Messe für Unterhaltungselektronik umgesehen.

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Samsung Gear VR
Bild: Getty Images/P. Macdiarmid

Es kracht hörbar, als das Notebook auf dem Bühnenboden aufschlägt und für einen kurzen Augenblick halten in der laufenden Präsentation des taiwanesischen Computerherstellers Acer tatsächlich viele den Atem an. Aber natürlich ist dem Vorstandsvorsitzenden Jason Chen, der auf der IFA in Berlin Neuheiten vorstellt, der kleine Computer nicht einfach so aus den Händen gefallen. Es ist eines der preiswerten und äußerst robusten Chromebooks, die mit dem Google-Betriebssystem laufen und in nordamerikanischen Schulen inzwischen beliebter als Apples iPad sind.

Grund genug für die Taiwanesen, die Chrome-Familie weiter auszubauen. "Ich bin mir sicher, dass unsere Erfolgsgeschichte weitergeht", sagt Chen und stellte in Berlin Computer und Smartphones vor, die eines gemeinsam haben: sie sollen preiswert und damit für eine breite Masse erschwinglich sein.

IFA Messe Acer Jason Chen
Jason Chen, CEO von AcerBild: picture-alliance/Pacific Press

Diesen Weg geht auch Acers direkter Konkurrent Asus, der neue Notebooks, Smartphones, aber auch einen Router im Gepäck hat, der dank drei Funkeinheiten und acht Antennen das angeblich schnellste Internet der Welt liefern soll. Das ist vor allem für Gamer von Interesse, bei denen eine rasante Datenübertragung besonders wichtig ist.

Alle wollen nach Berlin

Für viele Computerhersteller ist die IFA inzwischen interessanter als ihre eigentliche Branchen-Messe, die CeBIT in Hannover. Ob Notebook, Tablet oder PC, was früher lediglich Arbeitsgerät war, ist heute Bestandteil der Unterhaltungselektronik. Auch die Softwarehersteller haben das erkannt. Microsoft ist in diesem Jahr erstmals auf der IFA vertreten und preist sein neues Betriebssystem Windows 10 an. Das läuft auf Computern wie auf Smartphones und verspricht dank einer von Intel vorgestellten neuen Chipgeneration deutlich mehr Leistung.

"Sie können sich jetzt auch mit ihrem Gesicht einloggen", erklärt Intel-Manager Kirk Skaugen, der auf der IFA das Zusammenspiel von Windows 10 mit einer speziellen 3D-Kamera demonstrierte, die sich selbst von eineiigen Zwillingen nicht in die Irre führen lässt. "Ein Nutzer hat heute bis zu 28 Passwörter und loggt sich acht bis zehnmal pro Tag ein", sagt Skaugen. Das sei nun überflüssig.

Ständig online

Anwenderfreundlich, unterhaltsam bis faszinierend, vor allem aber auch nützlich - so muss Technik sein, wenn sie begeistern und Käufer finden will. Fast schon zum Standard gehört der Internetanschluss. Denn ein Trend ist auch auf der IFA nicht zu übersehen: Viele Menschen sind die meiste Zeit des Tages online. Dank stabiler und leistungsfähiger Breitbandverbindungen und schneller, mobiler Datennetze gehört das Internet heute zur Lebenswirklichkeit. Zentrales Steuerungselement ist dabei das Smartphone, ohne das geht gar nichts mehr.

Deutschland IFA 2015 Schoko-Bär aus dem 3D Printer
Auch das gibt es auf der IFA: 3D-Drucker, die Essbares erschaffenBild: Reuters/A. Schmidt

1,3 Milliarden Smartphones wurden 2014 weltweit verkauft, Tendenz steigend. In immer kürzeren Abständen wechseln die Kunden ihr Gerät aus. Auf der IFA werden unzählige neue Modelle präsentiert, vom preiswerten Einsteigergerät bis zum High-End-Smartphone mit noch schlankerem Gehäuse, leistungsfähigerer Kamera und brillanterem Display. Sony zeigt das erste 4K-Smartphone der Welt, ein Format, das der vierfachen HDTV-Auflösung entspricht.

Der Computer am Körper

Ergänzt werden die Smartphones durch sogenannte Wearables. Das sind Mini-Computer, die als Armband, Uhr oder Datenbrille getragen werden, oder als Sensoren in die Kleidung integriert werden. Wearables zeichnen Körperfunktionen auf, überwachen den Schlaf, zählen Kalorien und Schritte und leiten die Nutzer über passende Apps durch den Tag. Mit dem Verkaufsstart der Apple-Watch in diesem Jahr erlebt der Markt einen echten Boom. "Das ist nicht nur ein Gimmick, sondern wer so etwas einmal hat und nutzt, der ist damit auch zufrieden" sagt Hans-Joachim Kamp, Aufsichtsratsvorsitzender des IFA-Veranstalters gfu. Allein in Deutschland sollen in diesem Jahr 1,6 Millionen Wearables verkauft werden.

Deutschland IFA 2015 Acer Stand Fitness Armband
Wem eine Smartwatch zu teuer ist, der kann mit einem Fitness-Armband einsteigenBild: Reuters/A. Schmidt

Da wundert es nicht, dass auf der IFA zahlreiche neue Smart-Watches vorgestellt werden. Dabei geht der Trend weg vom eckigen und dafür hin zum runden Gehäuse. Immer mehr Menschen vernetzen sich und ihren Alltag komplett.

Beim Unternehmensberater Deloitte geht man davon aus, dass die Deutschen bis 2020 rund 100 Millionen vernetzte Endgeräte nutzen werden, Smartphone und Tablet Computer nicht mitgerechnet. Musik wird nicht mehr gekauft, sondern über vernetzte Anlagen gestreamt. Gleiches gilt für Filme und Videos. Gamer spielen vernetzt gegen- und miteinander und selbst Küchengeräte scheinen ohne einen Internetanschluss nicht mehr auszukommen.

Eine Playlist für die Kaffeemaschine

Das große Versprechen lautet: Mehr Komfort. So lässt sich die Heizung von unterwegs steuern oder geht sogar mitsamt der Beleuchtung und der Musikanlage automatisch an, wenn sich das Auto des Besitzers dem Haus nähert. Wer im Supermarkt steht und nicht mehr weiß, ob er zuhause noch ausreichend Milch hat, kann per Smartphone-App einen Blick in seinen Kühlschrank werfen, der mit den entsprechenden Kameras ausgerüstet ist. Der Backofen kann aus einer Datenbank für Rezepte passend programmiert werden und die Kaffeemaschine nimmt per WLAN eine Playlist entgegen, auf der die Gäste im Wohnzimmer notieren, ob sie nun einen Latte Macchiato, einen Milchkaffee oder einen Espresso haben wollen.

Ob Siemens, Miele oder Bauknecht, die Hersteller von Haushaltsgeräten hoffen, mit diesen Funktionen auch jüngere Käufer begeistern zu können. Laut einer Untersuchung des Frankfurter Zukunftsinstituts interessieren sich in der Altersgruppe der 16 bis 35-Jährigen immer weniger für Kochen und Hausarbeit. "Fast 50 Prozent aus dieser Generation sagen, wir könnten uns vorstellen, wieder mehr zu kochen, wenn die Geräte cooler wären, intelligenter und vernetzter", zitiert Harry Gatterer aus der Studie "Connected Home", die sich mit den Erwartungen, Wünschen, aber auch Vorbehalten gegenüber dem vernetzten Zuhause beschäftigt.

Siemens Kühl-Gefrier-Kombination EINSCHRÄNKUNG
Eine Kamera an der Seite, die andere sitzt in der Kühlschrank-TürBild: Siemens

Datensicherheit ist ein großes Thema

Für die junge Generation muss das "Connected Home" zwingend mit den sozialen Netzwerken interagieren. Wenn gemeinsam gekocht wird, werden Videos aufgezeichnet und im Internet ausgetauscht. Mit ihren Daten gehen die jüngeren Nutzer dabei oft recht sorglos um. Die mittlere Generation und die Älteren treibt das Thema Datensicherheit hingegen erheblich um. Je älter die Nutzer sind, umso seltener sind sie beispielsweise bereit, ihre Daten einer "Cloud" anzuvertrauen. Diese Vorbehalte machen sich Firmen wie Western Digital zunutze und bieten Speichermöglichkeiten an, die in den eigenen vier Wänden stehen, aber trotzdem auch von unterwegs zu erreichen sind.

WD stellt für sein System "MyCloud" auf der IFA eine neue und nutzerfreundlichere Software vor, mit der Daten, Dokumente, Fotos und Videos zentral verwaltet werden können. Zudem bietet das System jetzt die Möglichkeit, Inhalte mit anderen zu teilen, also beispielsweise Freunde in die Heim-Cloud einzuladen. Alle eingebundenen Computer werden automatisch synchronisiert, WD verspricht eine Verschlüsselung der Daten, die selbst Hacker-Angriffen standhalten soll.

Und was wird aus dem Fernseher?

Wenn auch Computer und alles, was dazu gehört, die IFA inzwischen dominieren, sind natürlich auch Fernseher immer noch breit vertreten. Immerhin sind sie die am meisten genutzten Geräte in der Unterhaltungselektronik - noch. Wer die Verkaufszahlen anschaut, der sieht, dass die mobilen Geräte den Fernsehern den Rang ablaufen. Die Hersteller versuchen, mit noch schärferen Displays dagegen zu halten. In Berlin sind unter anderem OLED-Fernseher mit ultrascharfer 4K-Auflösung zu sehen, bei denen jeder Bildpunkt einzeln Farbe und Licht erzeugt.

Ob die Käufer anbeißen werden? Dank der Fußballweltmeisterschaft haben sich die Konsumenten bereits im vergangenen Jahr mit neuen Fernsehern eingedeckt. Im ersten Halbjahr 2015 brach der Absatz um mehr als 16 Prozent ein. Zudem haben die Fernsehsender gerade erst auf den HD-Standard umgestellt und werden so schnell wohl nicht weiter aufrüsten. Vor allem jüngere Nutzer können auf einen Fernseher inzwischen gut verzichten. Für sie muss alles mobil sein. Ein unhandliches Fernsehgerät passt in diese Welt nicht hinein.