"Falsch verstandener Korpsgeist"
30. April 2017Verteidigungsministern Ursula von der Leyen sieht "falsch verstandenen Korpsgeist" als eine der Ursachen für die späte Enttarnung des unter Terrorverdacht stehenden Bundeswehrsoldaten Franco A. Das rechtsextreme Gedankengut des Soldaten sei damaligen Vorgesetzten bekannt gewesen. Seine Masterarbeit von 2014 enthalte "ganz klar völkisches, dumpfes Gedankengut", sagte die CDU-Politikerin in der ZDF-Sendung "Berlin direkt". Die Vorgesetzten des Soldaten hätten ihre Verantwortung nicht wahrgenommen und seine extremistische Haltung "schöngeredet", erklärte sie weiter. Von der Leyen wies darauf hin, dass der Vorfall weder in der Personalakte des Soldaten vermerkt worden sei, noch habe man den militärischen Geheimdienst MAD informiert. "Es wird weggeschaut. Das gärt dann, so bis es zum Eklat kommt. Und das ist nicht in Ordnung", betonte sie.
Nach Informationen des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" hatte die Bundeswehr entgegen bisherigen Angaben schon länger Hinweise auf eine fremdenfeindliche Einstellung des bei der Deutsch-Französischen Brigade im elsässischen Illkirch stationierten Oberleutnants. Er sei bereits 2014 während seines Studiums an der französischen Elitehochschule Saint-Cyr mit rechtem Gedankengut aufgefallen.
Aus Sicht der Verteidigungsministerin weist der Fall Franco A. das gleiche Muster auf wie die Vorfälle sexualisierter Herabwürdigung in der Kaserne Pfullendorf in Baden-Württemberg sowie übelster Schikane im thüringischen Sondershausen.
Haltungsproblem bei der Bundeswehr
"Die Bundeswehr hat ein Haltungsproblem und sie hat offensichtlich eine Führungsschwäche auf verschiedenen Ebenen", konstatierte die CDU-Ministerin im ZDF. Sie plädierte dafür, die Strukturen in der Bundeswehr zu ändern. "Offensichtlich greifen die Mechanismen nicht, die solche Streitkräfte haben müssen, damit auch frühzeitig gemeldet und aufgeklärt wird", sagte sie. Vieles könne toleriert werden, aber nicht tolerieren könne man politischen Extremismus, Rechtsextremismus und religiös bedingten Extremismus. Ob und welche Konsequenzen dieser Vorfall in der Bundeswehr haben wird, ließ von der Leyen offen.
Nach ihren Worten ist bislang unklar, was der verdächtige Soldat genau geplant und ob er Unterstützer hatte. Der 28-Jährige, der sich eine zweite Identität als angeblicher syrischer Flüchtling zulegte, wird verdächtigt, einen Terroranschlag geplant zu haben. Aufgefallen war Franco A. Anfang Februar auf dem Wiener Flughafen, als er eine geladene Pistole aus dem Putzschacht herausholen wollte.
se/kle (rtr, dpa, zdf)