Vor dem Wettkampf ein Bier
23. August 2015Mit 29 Jahren ist Christina Schwanitz am Ziel: Sie ist Weltmeisterin im Kugelstoßen. Dass ihr beim Siegerinterview erst einmal die Stimme versagte und die Tränen rollten, ist verständlich. Vor einem Jahr, nach einer - wie sie sagt - "suboptimal" verlaufenen Knieoperation, drohte sogar das Karriereende. "Ich hatte Angst, dass ich nie mehr Kugelstoßen kann", erzählt Schwanitz. Sie ließ sich eine radioaktive Flüssigkeit ins Knie spritzen. "Aber nur wenig, ich bin nicht Tschernobyl", sagt sie mit einem Augenzwinkern.
Das Umfeld stimmt
Schwanitz, 1985 in Dresden geboren, begann mit 14 Jahren mit dem Kugelstoßen. Immer wieder wurde sie durch Verletzungen und medizinische Probleme zurückgeworfen. 2009 wechselte sie den Trainer und ließ sich fortan von Sven Lang betreuen, der auch den späteren Weltmeister David Storl betreute. Schwanitz schwört zudem auf die Zusammenarbeit mit der Psychologin Grit Reimann. Mit diesem neuen sportlichen Umfeld zeigte ihre Leistungskurve nach oben. 2013 stieß Schwanitz die Kugel erstmals über 20 Meter weit. Bei der WM in Moskau im selben Jahr gewann sie Silber. Der erste große internationale Einzeltitel folgte 2014: In Zürich wurde Schwanitz Europameisterin.
Vor Gesamtsieg in der Diamond League
In diesem Jahr lief es noch besser. Schwanitz steigerte ihre Bestweite auf 20,77 Meter. Der erste Gesamtsieg in der finanziell lukrativen Diamond League, einer Serie von hochkarätig besetzten Leichtathletik-Meetings, ist der Sportsoldatin nicht mehr zu nehmen. Sie fuhr als Top-Favoritin zur WM und hielt dem Erwartungsdruck stand. Fehlt doch eigentlich nur noch der Olympiasieg 2016 in Rio de Janeiro, oder? "Nun mal langsam", wiegelt Schwanitz ab. "Mal gucken, wie es läuft. Der Körper muss halten. Da gibt es viele Facetten, die mit hereinspielen."
Talisman um den Hals
Wie immer vor wichtigen Wettkämpfen, genehmigte sich Schwanitz auch in Peking am Vorabend ein Bier, um die Nerven zu beruhigen. Auch bei der WM-Feier wird der Gerstensaft nicht fehlen. "Ich trinke schon sehr gerne Bier", sagte die Weltmeisterin. "Es gibt sicher mehr als eins." Ihr persönlicher Glückbringer, Ehemann Tomas, mit dem sie seit 2013 verheiratet ist, fehlte in Peking. Er verfolgte den Wettkampf zu Hause am Bildschirm. Doch um den Hals trug Schwanitz ein schwarzes Plektron, ein kleines Plastikstück, das ihr Mann zum Gitarrespielen verwendet. Der Talisman hat gewirkt.