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Meinungsaustausch oder Freakshow?

Michael Knigge/ cb5. August 2015

Die erste Debatte im Republikanischen Vorwahlkampf ist das bisher größte Ereignis im amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf. Donald Trump führt die Umfragen an und ist bereit für ein weiteres Medienspektakel.

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Donald Trump hält eine Rede. (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/J. Lane

Am vergangenen Wochenende wand sich Donald Trump an seine 3,4 Millionen Twitter Follower und schrieb, dass er sich "sehr freundlich und sehr respektvoll gegenüber den anderen Kandidaten" verhalten werde. Es geht, natürlich, um die erste Debatte im Vorwahlkampf der Republikaner in Cleveland.

Die anderen neun Politiker, die US-Präsidentschaftskandidat der Republikaner werden wollen, sollten diese Worte mit Vorsicht genießen. Schließlich hat Donald Trump bisher genau das Gegenteil von dem getan, was er gesagt hat.

Mehrere Konkurrenten haben schon seine volle Breitseite abbekommen, darunter Jeb Bush: Trump beleidigte auf Twitter Bushs Ehefrau, die aus Mexiko kommt, löschte den Eintrag aber später wieder. Selbst über John McCain, dessen Status als Kriegsheld in den USA bewundert wird, machte Trump kürzlich abschätzige Bemerkungen.

Quote und Klickzahlen im Vordergrund

Es ist fraglich, wie sinnvoll diese frühe Debatte mit zehn republikanischen Kandidaten tatsächlich ist. Die Auswahl an Kandidaten für die Präsidentschaftswahl 2016 ist bei den Republikanern so groß wie nie zuvor in der jüngeren Geschichte der USA. Und Kandidat Donald Trump präsentiert sich als wandelndes Medienereignis.

"Zu diesem Zeitpunkt des Vorwahlkampfs - volle sechs Monate bevor irgendjemand eine einzige Stimme abgibt - ist die ganze Debatte eine Freakshow, egal, wie viele Kandidaten auf der Bühne stehen", sagte Jennifer Mercieca, Expertin für politische Rhetorik von der Texas A&M Universität.

Die Debatte sei darauf ausgelegt, Zuschauer- und Klickzahlen für Fox News und Facebook zu generieren, die das Ereignis übertragen werden. Außerdem könnten die Kandidaten so Schlagzeilen machen, die ihnen dabei wiederum hülfen, Spenden für ihren Wahlkampf zu sammeln, sagte Mercieca der DW.

Jeb Bush bei einer Rede vor Fans. (Foto: REUTERS/Carlo Allegri)
In der Defensive: Experten raten Jeb Bush, einen Schlagabtausch mit Trump zu vermeindenBild: Reuters/C. Allegri

Unterhaltung, nicht Demokratie

"Eine zehn-Personen-Debatte, besonders eine mit Donald Trump und einigen der anderen kontroversen Republikanischen Kandidaten, wird für hohe Zuschauerzahlen sorgen", so Mercieca. "Es wird ein großartiges TV-Ereignis sein. Die Twitter-Gemeinde wird es lieben. Aber bei dieser Debatte geht es mehr um Unterhaltung als um den demokratischen Prozess."

Adam Seth Levine, Experte für politische Kommunikation an der Cornell University im US-Bundesstaat New York, sieht das anders. Levine meint, dass die Debatte trotz ihrer schwachen inhaltlichen Ausrichtung für Kandidaten und mögliche Wähler hilfreich sein kann.

Entscheidungshilfe für Unentschlossene

"Da die meisten Kandidaten noch unbekannt sind, ist die Debatte eine gute Gelegenheit für die Wähler, Politiker , die ihnen nicht gefallen, für sich 'auszusortieren'", meint Levine. "Die Debatte ist also größtenteils dafür da, klar zu stellen, was auf dem Programm steht."

Die Kandidaten, so der Kommunikationsexperte weiter, werden deshalb versuchen, die Debatte auf Themen zu konzentrieren, die für sie günstig sind, gut bei den Wählern ankommen und ihren Gegnern schaden. Darin ist Donald Trump ein Profi.

Seine kontroversen Bemerkungen zur Einwanderung sind von den Medien aufgegriffen und immer wieder hervorgeholt worden. Das zwang alle anderen Kandidaten, ebenfalls zu diesem Thema Stellung zu beziehen - und Trumps Einstellung wurde praktisch zum Standard, an dem Wähler seine Gegner beurteilten.

Ein US Grenzschutzbeamter mit Einwanderern. (Foto: John Moore/Getty Images)
Polemik: Republikaner Trump hetzte im Vorwahlkampf gegen Einwanderer aus MexikoBild: John Moore/Getty Images

"Kurz gesagt, Trumps Ausfälle gegenüber mexikanischen Einwanderern haben ganz stark die Diskussion geprägt", sagte Levine. "Das ist natürlich nicht unbedingt gut für Jeb Bush, da viele Republikanische Wähler nicht mit seiner Komplettüberholung [des Einwanderungsgesetzes, die Red.] einverstanden sind."

Mehr noch: Jeb Bush ist auch der Kandidat, der bei dieser Debatte am meisten zu verlieren hat. Wegen seines Familiennamens ist er, von Trump abgesehen, nicht nur der prominenteste Republikaner im Vorwahlkampf, er steht außerdem finanziell sehr gut da und braucht eigentlich gar keine früh angesetzte Debatte, um neue Spender anzuziehen.

Gute Vorbereitung ist Pflicht

Bush ist der Lieblingskandidat des Republikanischen Establishments und damit auch das Hauptziel für Angriffe von Kandidaten vom rechten Rand, die ihn als nicht konservativ genug darstellen wollen. Eine große Herausforderung für Bush wird sein, einen Schlagabtausch mit Trump über Einwanderung oder andere kontroverse Themen zu vermeiden, und stattdessen das Gespräch auf Themen zu bringen, bei denen er besser dasteht, wie zum Beispiel die Wirtschaft.

"Wenn ich Teil von Bushs Stab wäre, würde ich dafür sorgen, dass er jede Menge 30-sekündige Antworten parat hat, die die Unterschiede zwischen seinen Positionen und denen der anderen betonen", sagte Mercieca. "Wenn jemand die haben sollte, dann ist es Bush."