Wahl in Brandenburg: SPD feiert "Aufholjagd"
Veröffentlicht 22. September 2024Zuletzt aktualisiert 22. September 2024Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke bezeichnete das Abschneiden seiner Sozialdemokraten bei der Landtagswahl als großen Erfolg. "Wir haben eine Aufholjagd hingelegt, wie es sie in der Geschichte unseres Landes noch niemals gegeben hat", erklärte Woidke bei der SPD-Wahlparty in Potsdam. "Es war ein hartes Stück Arbeit", betonte der 62-Jährige. "Unser Ziel war von Anfang an, zu verhindern, dass unser Land einen großen braunen Stempel kriegt", sagte Woidke mit Blick auf die Partei "Alternative für Deutschland" (AfD).
Und so lautet das vorläufige amtliche Endergebnis, das am späten Sonntagabend veröffentlicht wurde:
Seit 2019 regierte Woidkes SPD in einem Dreierbündnis mit CDU und Grünen. Nun muss er sich jedoch umorientieren. Eine realistische parlamentarische Mehrheit hätte eine Koalition aus SPD und dem neuen "Bündnis Sahra Wagenknecht" (BSW). Dies liegt vor allem daran, dass die Grünen nicht mehr im Landtag in Potsdam vertreten sein werden - ebenso wie die Partei "Die Linke" und die "Freien Wähler/BVB".
Woidke hatte seine politische Zukunft eng mit dem Wahlausgang verknüpft. Für den Fall, dass die AfD auf Platz eins gelandet wäre, wollte er sein Regierungsamt nach elf Jahren abgeben. Seit der Wiedervereinigung Deutschlands 1990 stellen die Sozialdemokraten durchweg die Ministerpräsidenten in Brandenburg.
AfD ohne Koalitionsoptionen in Brandenburg
Die AfD hat mangels Koalitionspartnern keine reelle Chance, selbst zu regieren. Der Verfassungsschutz in Brandenburg stuft die Partei als "rechtsextremistischen Verdachtsfall" und ihren Spitzenkandidaten Hans-Christoph Berndt als rechtsextrem ein. Auch deshalb haben alle anderen relevanten Parteien versichert, sie würden mit der AfD nicht zusammenarbeiten.
Der Wahlkampf habe gezeigt, dass die AfD "die Partei der Zukunft" sei, meinte Berndt auf der AfD-Wahlparty. Dagegen seien SPD und CDU "Parteien der Vergangenheit". Zahlen des Instituts "infratest dimap" bestätigen: Die AfD wurde deutlich stärkste Kraft bei den jüngeren Wählern. Sie erreichte in diesem Alterssegment 32 Prozent, die SPD nur 18.
Robert Crumbach, der Spitzenkandidat des BSW, zeigte sich vom Wahlergebnis begeistert. "Keine neun Monate nach der Gründung unserer Partei" sei dies das "dritte tolle Ergebnis und der Einzug in einen Landtag", sagte Crumbach vor Anhängern. Er bezog sich dabei auch auf die Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen Anfang des Monats, bei denen das BSW ebenfalls auf Anhieb den Einzug in die Landesparlamente geschafft hatte.
Auf die Frage, ob das BSW in Brandenburg regieren wolle, antwortete Crumbach: "Das ist gar nicht die Frage." Es gehe darum, "vernünftige Politik zu machen und tatsächlich etwas zu verändern".
Der Spitzenkandidat der Christdemokraten, Jan Redmann, teilte mit, er wolle trotz der Wahlschlappe für seine Partei nicht den Vorsitz der CDU Brandenburg abgeben. "Das wäre das ganz falsche Signal", so Redmann.
Bei der Landtagswahl vor fünf Jahren hatte die SPD 26,2 Prozent der Stimmen geholt, die AfD belegte mit 23,5 Prozent ebenfalls Platz zwei. Für die CDU stimmten 15,6 Prozent, für die Grünen 10,8, für "Die Linke" 10,7 und für die "Freien Wähler" 5,0 Prozent. Die liberale FDP scheiterte schon damals an der Fünf-Prozent-Hürde.
Viel Fläche, wenig Einwohner
Brandenburg ist das fünftgrößte deutsche Bundesland und mit einer Fläche von etwa 29.700 Quadratkilometern fast so groß wie Belgien. Allerdings leben dort nur knapp 2,6 Millionen Menschen - ein großer Teil der Fläche wird von Wäldern, Gewässern und Naturparks bedeckt. Mit einem Bruttoinlandsprodukt (BIP) von etwa 97,5 Milliarden Euro lag Brandenburg 2023 im Bundesländervergleich auf Rang elf (von 16). Lediglich 2,4 Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung wurden dort erbracht.
Trotzdem gilt die letzte Landtagswahl dieses Jahres auch als bundespolitisch wichtig. Die SPD von Bundeskanzler Olaf Scholz hoffte, nach schlechten Umfragewerten zumindest ihre Hochburg Brandenburg zu halten - was nun gelang. Die AfD hatte es sich zum Ziel gesetzt, mit einem Wahlerfolg in Brandenburg die "Ampel-Koalition" aus Sozialdemokraten (Parteifarbe: rot), Grünen und FDP (gelb) im Bund zu "zertrümmern".
FDP-Vize Kubicki spekuliert über "Ampel"-Aus
Der stellvertretende Bundesvorsitzende der FDP, Wolfgang Kubicki, hielt am Wahlabend ein baldiges "Ampel"-Aus tatsächlich für möglich. "Ich glaube nicht, dass bei der jetzigen Performance diese Koalition Weihnachten noch erreicht", sagte Kubicki dem privaten TV-Sender "Welt". Die Zusammenarbeit insbesondere mit den Grünen in der Bundesregierung sei für die Liberalen "toxisch". An den Ergebnissen der FDP bei den Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und nun in Brandenburg gebe es nichts schönzureden. Dreimal in Folge um ein Prozent bedeute, "dass die Freien Demokraten marginalisiert sind".
Bei der Wahl in Thüringen am 1. September war die dort als "gesichert rechtsextrem" eingestufte AfD stärkste politische Kraft geworden - erstmals in einem Bundesland. In Sachsen belegte die AfD vor drei Wochen Platz zwei hinter den Christdemokraten von Regierungschef Michael Kretschmer. Die Regierungsbildung gestaltet sich in beiden Bundesländern schwierig.
wa/MM/haz (dpa, rtr, afp)