Was Donald Trump für die Wirtschaft bedeutet
7. November 2024"It's the economy, stupid" - es geht um die Wirtschaft, Dummkopf - war ein zentraler Fokus der Wahlkampfstrategen von Bill Clinton, mit dem dieser 1992 zum US-Präsidenten gewählt wurde.
Auch 2024 scheinen Wirtschaftsthemen für die Wahlentscheidung eine entscheidende Rolle gespielt zu haben.
Was aber bedeutet es für die Wirtschaft weltweit, wenn Donald Trump erneut ins Weiße Haus einzieht?
Seine zweite Amtszeit dürfte Trump dadurch erleichtert werden, dass die Republikaner bei der Wahl auch die Mehrheit im US-Senat gewonnen haben. Zwar verfügt der Präsident über eine Reihe direkter Exekutivbefugnisse, doch Gesetze müssen beide Kammern im US-Kongress passieren.
Kommen neue Zölle auf Importe?
Wie schon während seiner ersten Amtszeit will Trump die US-Wirtschaft mit hohen Zöllen vor der Konkurrenz aus dem Ausland schützen. So hat er im Wahlkampf Zölle in Höhe von zehn bis 20 Prozent auf alle in die USA eingeführten Waren angekündigt. Für aus China importierte Waren plant er sogar Zölle in Höhe von 60 Prozent.
Dabei wirken sich höhere Zölle nicht unbedingt positiv auf die US-Produktion aus. Während Trumps erster Amtszeit war der durchschnittliche Zollsatz auf Importe aus China von drei auf zwölf Prozent gestiegen. Trotzdem wurde in den USA nicht mehr produziert, im Gegenteil. "Die Produktion im verarbeitenden Gewerbe war Ende 2019 - vor dem coronabedingten Einbruch des Jahres 2020 - niedriger als bei Trumps Amtsantritt", so Klaus-Jürgen Gern vom Kiel Institut für Weltwirtschaft.
Zudem sei die Beschäftigung in diesem Wirtschaftsbereich nicht stärker gestiegen als in den Jahren der zweiten Obama-Legislatur (2009-2017), und das Defizit in der Handelsbilanz sei auf mehr als 600 Milliarden US-Dollar gestiegen. Allerdings muss man auch anmerken, dass die Biden-Regierung die von Trump eingeführten Zölle weitgehend beibehalten hat.
Trump und die deutsche Wirtschaft
"Die Bedeutung der Vereinigten Staaten für Deutschlands Exportwirtschaft ist aktuell so groß wie nie in den letzten 20 Jahren", stellt das Statistische Bundesamt fest. 2023 wurden Güter im Wert von 158 Milliarden Euro in die USA exportiert, was knapp zehn Prozent der gesamten deutschen Ausfuhren entspricht.
Sollte Trump wie angekündigt auch deutsche Import mit höheren Zöllen belegen, wäre dies laut einer Untersuchung der Ökonomen Samina Sultan, Thomas Obst und Jürgen Matthes vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW)für Deutschland teuer. Demnach würde ein Handelskrieg mit den USA in den nächsten vier Jahren Deutschland 180 Milliarden Euro kosten.
"Zuletzt waren die USA Deutschlands wichtigster Exportpartner. Maschinenbauer, Autobauer und Pharmaunternehmen sind besonders auf den Handel mit den Staaten angewiesen", so IW-Direktor Michael Hüther.
Zudem könnte Trumps Rückkehr ins Weiße Haus für erhebliche handels- und geopolitische Unsicherheit sorgen. Unsicherheit ist aber in der Regel Gift für das Wirtschaftswachstum. "Wir gehen davon aus, dass Trump zunächst nur selektive, aber schlagzeilenträchtige Zölle verhängen wird - und damit droht, viel weiter zu gehen, wenn China und Europa ihm in den Verhandlungen nicht erhebliche Zugeständnisse machen", so Holger Schmieding, Chefvolkswirt der Berenberg Bank.
Gegenmaßnahmen Europas könnten Handel dämpfen
"Für sich genommen könnte eine solche Eskalation der Handelsspannungen dazu führen, dass wir unsere Wachstumsprognose für 2025 für Deutschland von derzeit 0,5 Prozent um etwa 0,2 Prozentpunkte und unsere Prognosen für andere europäische Länder um etwa 0,1 Prozentpunkte senken," so Schmieding. Sollte Trump allerdings noch weiter gehen und tatsächlich einen Zoll von zehn Prozent auf alle Importe aus Europa erheben, könnte der Schaden noch größer sein.
"Natürlich kann ein positiver Effekt durch ein vorübergehend schnelleres US-Wachstum und einen stärkeren US-Dollar diesen Schaden etwas abmildern", ergänzt Schmieding.
Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank, fürchtet zudem die europäische Reaktion auf Trumps Zollerhöhungen. "Die Zölle verteuern nicht nur deutsche Waren in den USA, sondern dürften auch zu Gegenzöllen der EU führen, was den Außenhandel weiter belasten würde."
Für Deutschland kommt die Entwicklung zu einem ungünstigen Zeitpunkt. "Nach vier Jahren Stagnation und strukturellen Schwächen ist Deutschland nicht nur der 'kranke Mann Europas', sondern auch verwundbarer als vor acht Jahren", sagt Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der ING. In Bezug auf Deutschland gelte: "Der Weg von der Stagnation zur Rezession ist nicht weit und wird gerade wahrscheinlicher."
Der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW), Moritz Schularick, sieht ebenfalls die negativen Folgen eines Trump-Sieges. Damit "beginnt der ökonomisch schwierigste Moment in der Geschichte der Bundesrepublik, weil zur inneren Strukturkrise nun massive außenwirtschaftliche und sicherheitspolitische Herausforderungen auf uns zukommen, auf die wir nicht vorbereitet sind".
Reaktionen der deutschen Wirtschaft
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) sieht in der aktuellen Entwicklung einen Weckruf für Deutschland und Europa. Die Europäer müssten ihre Wettbewerbsfähigkeit und ihre Verteidigungsfähigkeit schneller weiterentwickeln.
Von der chemische Industrie heißt es, nun seien Freihandelsabkommen und Partnerschaften mit anderen Weltregionen notwendig.
Weniger pessimistisch gibt sich der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA). "Unsere Unternehmen bieten die erforderlichen Produkte an, um die von Donald Trump angestrebte Re-Industrialisierung der USA umzusetzen. (...) Der Gesamtausblick des VDMA auf den amerikanischen Markt bleibt daher positiv."
Der Druck auf eine Verlagerung der Produktion in die Vereinigten Staaten werde "enorm groß", sagte Hildegard Müller, Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie (VDA) am Mittwoch in Berlin. Die USA sind ein wichtiger Bestandteil im Produktionsnetzwerk der deutschen Automobilindustrie", sagte Müller. "Auch von dort aus wird der Weltmarkt bedient."
Im vergangenen Jahr haben die deutschen Hersteller in den USA nach Verbandsangaben so viele Fahrzeuge gefertigt wie nie zuvor. Die deutsche Automobilindustrie beschäftigt dort demnach rund 138.000 Mitarbeiter. 2023 wurden etwa 400.000 Pkw aus Deutschland in die USA exportiert.
Wie reagieren die globalen Märkte?
Trumps Wahlsieg hatte die Aktienkurse an der Wall Street am
Mittwoch auf neue Rekordstände getrieben: Der
US-Standardwerteindex Dow Jones ging mit einem Plus von
3,6 Prozent aus dem Handel. Der breiter
gefasste S&P 500 gewann 2,5 Prozent und der technologielastige Nasdaq stieg um drei Prozent auf 18.983,47 Zähler.
In Asien legten Japans Nikkei anfangs zu, beendet den Tag aber nahezu unverändert. Experten gehen davon aus, dass Anleger auf kurzfristige Gewinne nach der US-Wahl gesetzt hatten.
Nach den Vortagesverlusten wegen der Furcht vor höheren
US-Zöllen zogen die Kurse in China wieder an: Die Börse in Shanghai gewann 0,9 Prozent. Der Index der wichtigsten Unternehmen in Shanghai und Shenzhen stieg um 0,7 Prozent.
Der Deutsche Aktienindex Dax legte am Mittwoch zunächst um knapp zwei Prozent zu, gab seine Gewinne dann aber größtenteils wieder ab. "In Frankfurt klammern sich die Anleger jetzt an den Strohhalm, dass am Ende alles nicht so heiß gegessen werden könnte, wie es gekocht wurde", sagte Jürgen Molnar von RoboMarkets.
Die Kryptowährung Bitcoin stieg am Mittwoch auf ein neues Rekordhoch von über 75.000 Dollar (69.800 Euro). Trump hatte versprochen, Amerika zur "Krypto-Hauptstadt des Planeten" zu machen, indem er die Regulierung stoppt und Innovationen fördert. Im Wahlkampf war Trumpf von Befürwortern von Kryptowährungen wie Elon Musk unterstützt worden.
US-Dollar im Aufwind
Der US-Dollar gewann ebenfalls an Wert. Ein höherer Dollar-Kurs verteuert allerdings US-Waren im Ausland. Er wird auch dazu führen, dass globale Rohstoffe wie Öl, die in Dollar gehandelt werden, für Käufer in anderen Ländern teurer werden.
In den USA sind die Ölpreise im Zuge der Präsidentschaftswahlen gefallen.
Gold weniger gefragt
Der Goldpreis gab etwas nach und verbilligte sich um knapp zwei Prozent. Experten zufolge lassen die Investoren angesichts der aktuellen Dollar-Stärke und der steigenden Renditen von US-Anleihen Gold links liegen.
Alexander Zumpfe, Edelmetall-Händler bei Heraeus, geht allerdings davon aus, dass das Interesse an Gold als sicherer Hafen schon bald wieder steigen könnte, sollte Trump seine protektionistischen Maßnahmen wie angekündigt umsetzen und neue Zölle und Handelsschranken einführen.
Neben neuen Zöllen hatte Trump im Wahlkampf versprochen, die industrielle Produktion nach Hause zu holen, die Steuern zu senken und Millionen illegaler Einwanderer zu deportieren.