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Rundum glücklich

Günther Birkenstock15. November 2013

Menschliche Beziehungen und Teilhabe an der Gesellschaft sind das wichtigste, um zufrieden zu sein, sagen moderne Glücksforscher.

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#50236508 - Pärchen Strand. GlückHappy couple jumping in the tropical beach © Dmitry Sunagatov
Bild: Fotolia/Dmitry Sunagatov

Mit dem Begriff "Glück" und wie es zu erreichen ist, haben sich schon die griechischen Philosophen der Antike beschäftigt, allen voran Aristoteles. Die Glücksforschung der Moderne ist jedoch erst wenige Jahrzehnte alt. Der Schweizer Wirtschaftswissenschaftler Bruno Frey ist einer der führenden Köpfe dieser jungen Disziplin. "Vor zehn bis fünfzehn Jahren war die Glücksforschung in der Wirtschaftswissenschaft total vernachlässigt. Die hielten die Glücksforscher damals für Spinner", sagt Frey im Gespräch mit der Deutschen Welle. Die Zeiten haben sich deutlich geändert. Glück und Glücksforschung sind derzeit ein großes Thema, das von vielen Medien aufgegriffen wird.

Anfangs verkannt

Begonnen hat die moderne Glücksforschung in den 1940er Jahren in den USA, wurde damals aber noch wenig beachtet. "Mit der Empirie ging es erst richtig los", erklärt Karlheinz Ruckriegel, Professor für Volkswirtschaft an der TH Nürnberg und seit acht Jahren Glücksforscher. Im größeren Stil wurde in den 1960er Jahren geforscht vor allem von Soziologen und Psychologen, der Durchbruch kam mit einer neuen Generation von Forschern in den 1980er Jahren dann auch in den Wirtschaftsdiziplinen.

Der Schweizer Ökonom und Glücksforscher Bruno S. Frey: Foto:Universitaet Zuerich
Bruno S. Frey: Die Politik muss die sozialen Bedingungen schaffen, damit Menschen zufrieden sindBild: picture-alliance/dpa

1974 hatte der Ökonom Richard Easterlin einen Aufsatz veröffentlicht, der auf Umfragedaten beruhte, die in 19 Ländern über einen Zeitraum von 24 Jahren erhoben worden waren. Seine Kernthese lautete: "Wenn grundlegende Bedürfnisse gestillt sind, führt mehr Reichtum nicht zu mehr Glück". Easterlin wurde damals ignoriert, seinen Aufsatz konnte er nur in einer Universitäts-Festschrift veröffentlichen. Das lag, so Ökonom Ruckriegel, an der damaligen Ideologie "mehr Materielles führt zu mehr Zufriedenheit." Heute wird Richard Easterlin als Wegbereiter der Glücksforschung gefeiert.

Äußere und innere soziale Bedingungen zählen

Wichtiger als das Nochmehr an materiellen Gütern, seien Freundschaften und auch die politischen Bedingungen, betont Bruno Frey. "Wer in einer Diktatur lebt, ist nicht glücklich." Und, so fügt Frey hinzu, das werde von Psychologen und Psychiatern oft vernachlässigt. "Die Psychologen schauen, was in unserem Innern vorgeht. Das ist natürlich völlig korrekt und wunderbar. Sie schauen auch auf die Interaktionen mit wenigen Menschen, aber die gesellschaftlichen Bedingungen für das Glück sind nicht ihre Sache." Diese Seite würden die Ökonomen unter die Lupe nehmen.

Allerdings habe sich auch die Forschungsrichtung der Psychologie inzwischen geändert. So gebe es seit den 1990er Jahren auch eine Positive Psychologie und nicht mehr nur jene, die sich mit Depression und Angstzuständen beschäftige.

Vor kurzem wurde der sogenannte "Glücksatlas" der Deutschen Post angekündigt, der Ende November dieses Jahres erscheint. Teile daraus wurden bereits in der Presse veröffentlicht. Ein wertvolles Werk, meint Glücksforscher Ruckriegel. "Der Glücksatlas basiert auf den Daten des sozioökonomischen Panels. Das wurde in den 1980er Jahren gegründet." Eine Langzeituntersuchung mit objektiven Daten, wie Einkommen, Beschäftigungssituation und Familienstand. Gleichzeitig so Ruckriegel, würden aber auch subjektive Faktoren erfragt. "Zum Beispiel: Wie zufrieden sind sie mit ihrem Leben - auf einer Skala 1-10." Das sozioökonomische Panel sei eine Gemeinschaftsarbeit von Soziologen und Ökonomen. Daten, die inzwischen weltweit genutzt werden. "Das ist das beste Datenmaterial, das wir haben. Und damit waren wir in Deutschland die ersten."

Prof. Dr. Karlheinz Ruckriegel, Foto: Karlheinz Ruckriegel
Karlheinz Ruckriegel: Glücksaltlas "ein wichtiges Werk"Bild: privat

Lebensqualität als Grundrecht

Die Ergebnisse verschiedener Untersuchungen zeigen laut Karl-Heinz Ruckriegel klar, dass Menschen, die mehr Wert auf soziale Beziehungen legen, zufriedener sind als Menschen, die vor allem aufs Materielle aus sind. Deshalb empfiehlt der Wirtschaftswissenschaftler, "sich mal zu überlegen, Lebensqualität und Lebenszufriedenheit als Staatsziel ins Grundgesetz aufzunehmen, neben Tierschutz und Umweltschutz. Dann hätten wir eine Verordnung der Politik und der Verwaltung auf dieses Ziel." Dadurch müsste man sich dann überlegen, wie politische Beschlüsse und Maßnahmen konkret wirken.

Ähnlich sieht es Bruno Frey. Er empfiehlt der Regierung, keinesfalls direkt zu intervenieren und den Einzelnen zu sagen, wie man glücklich wird. "Die Politik und auch die Wirtschaftspolitik sollte die Grundlagen liefern, damit die Menschen glücklich sein können. Sie müssen Arbeit finden können. Sicherheit haben und sich politisch aktiv beteiligen können." Der Kern dazu liegt in Bildung und Ausbildung. Und was macht Glücksforscher Ruckriegel selbst glücklich? Die Antwort sei einfach, sagt der Ökonom: "gelingende soziale Beziehungen, Gesundheit und eine Tätigkeit, die mich befriedigt."

Eine von Hans D. Jarass und Bodo Pieroth kommentierte Ausgabe des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland liegt am Dienstag (22.05.2012) auf einem Tisch in Berlin. Foto: Jens Kalaene dpa/lbn
Lebensqualität als Ziel im Grundgesetz verankern?Bild: picture-alliance/ZB