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Weg frei für Waffenexporte nach Libyen

Bernd Riegert, zurzeit Luxemburg11. Oktober 2004

Bei ihrem Treffen in Luxemburg haben die 25 EU-Außenminister das Waffenembargo gegen Libyen aufgehoben. Das gegen China dagegen bleibt bestehen. Weiterhin untätig bleibt die EU in der Sudan-Frage.

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Wieder guter Partner der EU: Muammar el GaddafiBild: AP

Mit dem Waffenembargo der Europäischen Union fällt für Libyen die letzte internationale Handelshürde, die nach den Terroranschlägen Ende der 1980er Jahre verhängt worden waren. Bereits im Sommer hatten die europäischen Außenminister den Handel mit Libyen wieder erlaubt. Die USA waren Ende September diesem Beispiel gefolgt. Jetzt wird auch der Verkauf von Waffen an den libyischen Machthaber Muammar al Gaddafi wieder erlaubt, nachdem Libyen mit der Entschädigung von Opfern des Bombenanschlages auf die Berliner Diskothek La Belle begonnen hat.

Bombenanschlag auf Diskotek La Belle
Bei dem Anschlag auf die Berliner Diskothek La Belle im April 1986 starben zwei US-Amerikaner und eine türkische Frau. 230 Menschen wurden verletzt.Bild: AP

Libyen hatte die Verantwortung für den Terrorakt im April 1986 übernommen und Entschädigung von 35 Millionen Dollar zugesagt. Konkrete Waffengeschäfte zwischen Deutschland und Libyen seien aber nicht geplant, versichert Bundesaußenminister Joschka Fischer. Die "nationale Prüfungskompetenz" bleibe unbeschadet. "Es geht um die Frage, wie weit man die Beziehungen angesichts der dramatischen Veränderungen in Libyen weitgehend normalisieren will", so Fischer.

Nur wenig Druck bei Menschenrechtsfragen

Alltag in Libyen Ölindustrie
Libyen ist der drittwichtigste Treibstofflieferant DeutschlandsBild: AP

Am 15. Oktober will Bundeskanzler Gerhard Schröder als vierter Regierungschef der EU Libyen mit einer hochrangigen Wirtschaftsdelegation im Schlepptau besuchen. Die Europäer versprechen sich gute Geschäfte mit dem öl- und erdgasreichen Wüstenstaat in Nordafrika. Vergangene Woche eröffnete Muammar al Gaddafi eine Gaspipeline nach Italien. Libyen ist wichtiger Energielieferant für Europa.

Getrübt werden die Beziehungen nur noch durch das Todesurteil gegen bulgarische Krankenschwestern, die im Mai von einem libyschen Gericht verurteilt worden waren, weil sie angeblich Patienten in Tripolis mit dem AIDS-Virus infiziert hatten. Gegen das Urteil konnte vor dem Obersten Gerichtshof von Libyen Berufung eingelegt werden. Die EU will helfen, macht eine Lösung der Frage aber nicht zur Bedingung für Geschäfte mit Libyen. "Wir werden uns auch weiter darum bemühen, dass es hier den Rechtsstandards der Union und den internationalen Grundregeln folgend zu einer entsprechenden Lösung kommt", sagte Fischer. Bulgarien, das 2007 der EU beitreten soll, hatte den Annäherungskurs der Union gegenüber Libyen kritisiert.

Gaddafi wieder salonfähig

Spätestens seit seinem Besuch bei der EU-Kommission in Brüssel im April gilt Muammar al Gaddafi, einer der dienstältesten Diktatoren der Welt, in Europa aber wieder als salonfähig. Im Dezember 2003 hatte Gaddafi auf jegliches Streben nach Massenvernichtungswaffen verzichtet.

Italien will Libyen nach dem Ende des Waffenembargos möglichst bald mit neuen Patrouillenschiffen ausstatten, damit die libysche Marine im Mittelmeer afrikanische Asylsuchende abfangen kann, die mit altersschwachen Booten Richtung Europa aufbrechen. Italien hilft Libyen bereits dabei, Lager für Flüchtlinge aufzubauen und hat Zelte nach Nordafrika geliefert. Die Auffanglager, die in Deutschland vom deutschen Innenminister Otto Schily propagiert und heftig kritisiert werden, werden in Libyen bereits eingerichtet. Eine Vertreterin des Flüchtlingshilfswerkes der Vereinten Nationen (UNHCR) hatte in Rom keine Einwände. Es sei immer noch besser, die Flüchtlinge würde an Land gesammelt, als dass sie auf hoher See ertrinken, so der UNHCR.

China muss nachbessern

Das Waffenembargo gegen China, das nach dem Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens vor 15 Jahren verhängt wurde, soll nach dem Willen der EU-Außenminister weiter bestehen. Deutschland und Frankreich treten seit Monaten für eine Aufhebung ein. Erst müsse sich die Menschenrechtslage in China verbessern, so die Mehrheit der EU-Außenminister. Sanktionen gegen die Regierung im Sudan sollen weiterhin nicht verhängt werden, obwohl sich die Situation in der westsudanesischen Darfur-Region nicht verbessert hat. Dort werden nach Erkenntnissen der EU weiter Menschen von regierungsnahen Milizen vertrieben. Rund eine Million Menschen sind auf der Flucht.

Den Drohgebärden aus dem Iran steht die EU weitgehend hilflos gegenüber. Nachdem die iranische Regierung die Stationierung von weitreichenden Raketen und die Anreicherung von Uran angekündigt hat, könnte die EU jetzt dafür eintreten, den Weltsicherheitsrat der UN mit dem Problem zu befassen. Die EU und die USA vermuten, dass der Iran Atomsprengköpfe entwickeln will. "Es ist eine schwierige Situation, wo ich fürchte, dass der Iran dabei sein könnte, einer gefährlichen Fehlkalkulation zu unterliegen und falsche Entscheidungen zu treffen. Das sollten wir vermeiden", warnte Fischer. Vor einem Jahr hatten die Außenminister Frankreichs, Großbritanniens und Deutschlands der iranischen Regierung die Zusage abgerungen, auf die Urananreicherung, einer Vorstufe zum Bau von Waffen, zu verzichten. Diese Zusage hatte Teheran aber nicht eingehalten.