Sind Weihnachtslichter gut für die Umwelt?
16. Dezember 2021Die Tage werden kürzer, die Lichter bunter. Nichts läutet die Weihnachtszeit so sicher ein wie die Lichterketten auf Bäumen und Balkonen, die leuchtenden Sterne in den Fenstern und die Straßen voll funkelnder Rentiere. Weihnachtslichter sorgen für Gemütlichkeit und gute Laune in der dunklen Jahreszeit. Besonders in den Pandemiejahren ist das Bedürfnis nach Licht groß: In Deutschland fällt der weihnachtliche Lichterzauber in diesem Jahr mit rund 19,5 Milliarden Lämpchen laut einer aktuellen Umfrage eines Stromanbieters zum zweiten Mal in Folge üppiger aus als je zuvor.
Doch mit der Zahl der Weihnachtslämpchen steigt der Stromverbrauch – grob geschätzt verbraucht Deutschlands weihnachtlicher Lichterzauber mittlerweile so viel Energie, als hinge zusätzlich eine mittelgroße Stadt mit 200.000 Einwohnern das ganze Jahr über am Stromnetz. Wenn dieser Strom aus fossilen Energiequellen stammt, steigen auch die CO2-Emissionen. Um die Adventszeit und das große Fest mit einem guten Umweltgewissen genießen zu können, lohnt es sich also, den weihnachtlichen Leuchtschmuck mit Bedacht zu wählen. Zum Glück können sich umweltbewusste Deko-Fans dabei an ein paar Empfehlungen halten.
Stromsparen mit LED-Schmuck
Ob im Garten, auf dem Balkon oder in der Wohnung, in Bäumen, an Dachgiebeln oder über dem Sofa – Lichterketten und Leuchtsterne setzen der Freude am Dekorieren kaum Grenzen. Beim Kauf des elektrischen Schmucks gibt es aus ökologischer Sicht jedoch klare Regeln.
Dass Weihnachtsbeleuchtung mit LED-Lichtern deutlich stromsparender ist als solche mit Glühlampen, ist schon lange mehr als ein heißer Tipp von Öko-Insidern. Das Ausmaß der Energieersparnis ist aber in der Tat beachtlich: LED-Lampen verbrauchen im Vergleich zu Glühlampen etwa 80 bis 90 Prozent weniger Strom. Das bedeutet, dass eine Stadt mit 200.000 Einwohnern allein durch das Austauschen alter Glühlampen-Lichterketten in der Weihnachtszeit so viel Strom einsparen könnte wie 340 Haushalte durchschnittlich im Jahr verbrauchen.
Um gleichzeitig CO2-Emissionen und die eigene Stromrechnung zu senken, ist es also sinnvoll, alten Leuchtschmuck durch LED-Varianten zu ersetzen – selbst dann, wenn die Glühlampen an Sternen und Lichterketten noch funktionieren. "Die meiste Energie verbrauchen Lampen in der Nutzungsphase", sagt Tobias Schleicher, Experte für Stoffströme und nachhaltigen Konsum am Öko-Institut, "die für die Herstellung benötigte Energie fällt im Vergleich kaum ins Gewicht."
Eine Einladung, sich dem alljährlichen Lichterkaufrausch hinzugeben, ist das aber nicht. "An allen Ecken werden Billigprodukte angeboten, die mitunter nicht länger als eine Saison halten und noch immer wird von den ausrangierten Weihnachtslichtern ein viel zu kleiner Teil recycelt", so Schleicher. Die Folge: Viele der Lichter landen dann als Elektroschrott im Müll. Wertvolle natürliche Rohstoffe wie das in den Lichterkabeln enthaltene Kupfer und die seltenen Erden würden verschwendet, warnt Rolf Buschmann, Referent beim Bund für Umwelt und Naturschutz. Außerdem enthalten die Kabel der Lichterketten oft hohe Anteile illegaler Schadstoffe. Wenn alter Lichterschmuck auf Deponien statt in Recyclinganlagen landet, könnten diese schlimmstenfalls auch Böden und Grundwasser verunreinigen, sagt Buschmann.
Deswegen sei es wichtig, beim Kauf der Weihnachtsbeleuchtung auf Qualität und Langlebigkeit zu achten, meint auch Schleicher. Und mal ehrlich: Jedes Jahr den liebevoll gehüteten Familien-Lichterschmuck hervorzuholen, sorgt wohl für mehr Weihnachtsstimmung, als immer wieder auf der Jagd nach Lichterschnäppchen durch die Elektromärkte zu hetzen.
Dezent schmücken statt großflächig bestrahlen
Auch ein Wettstreit mit den Nachbarn um die wildeste Weihnachtsbeleuchtung schadet der Umwelt. Man kennt diese Häuser, an deren Fassaden hunderte Lichterketten strahlen, in denen es in der Weihnachtszeit aus allen Winkeln leuchtet oder sogar hektisch blinkt. Nachhaltig ist so eine üppige Festtagsbeleuchtung nicht.
"Dass LED-Lichter fünf- bis zehnmal weniger Energie verbrauchen als Glühlampen, bedeutet ja nicht, dass wir in der Weihnachtszeit fünf- bis zehnmal mehr Lichterketten aufhängen sollten", sagt Tobias Schleicher. Er warnt vor dem sogenannten Rebound-Effekt. Mit diesem Begriff beschreiben Wissenschaftler die Tatsache, dass die Stromersparnis von energieeffizienter Technik oft durch einen gesteigerten Verbrauch zunichte gemacht wird. Während sich in den letzten 15 Jahren LED-Lampen auf dem Markt immer mehr durchgesetzt haben, habe vielerorts auch der Umfang der Weihnachtsbeleuchtung massiv zugenommen, so Schleicher.
Tatsächlich ist der weihnachtliche Stromverbrauch mancher Länder enorm: Eine im Wirtschaftsmagazin Forbes veröffentlichte Studie des US-amerikanischen Energieunternehmen Arcadia schätzte im vergangenen Jahr, dass in den USA allein durch die Weihnachtslichter privater Haushalte im Monat Dezember rund 3,5 Milliarden Kilowattstunden verbraucht wurden. Schon das übersteigt den Jahresenergieverbrauch von Ländern wie Uganda und Suriname. Und dabei ist das weihnachtliche Lichterspektakel in den Straßen, auf den Plätzen und in den Shopping Malls noch gar nicht mitgerechnet.
Doch nicht nur der hohe Energieverbrauch einer solchen Lichterflut ist aus ökologischer Sicht problematisch. Auch die vielen Lichter unter freiem Himmel belasten die Umwelt. Grelle Weihnachtslichter tragen erheblich zur Lichtverschmutzung bei, stören den Biorhythmus von Menschen und Wildtieren und regen den Stoffwechsel von Vögeln an. Diese finden im Winter nicht ausreichend Futter, um den wachsenden Hunger zu stillen und können also in Folge der vielen Lichter letztendlich sterben.
Damit die eigene Weihnachtsdeko also weder die Nachbarn noch die Tiere vor dem Fenster verschreckt und auch nicht unnötig viel Energie kostet, ist es ratsam, dezent zu schmücken, Zeitschaltuhren zu benutzen und eher in warmen Farben als mit grellweißem Licht zu dekorieren.
Auf nachhaltige Weihnachtskerzen setzen
Weniger lichtintensiv, energiesparender und sicher romantischer als jede künstliche Beleuchtung ist Weihnachtsschmuck mit echten Kerzen. Obwohl sich ihre Dochte ganz ohne Stromverbrauch entzünden lassen, lohnt es sich aber auch bei Kerzen, die Ökobilanz im Blick zu behalten. Ein Großteil der Kerzen wird aus Paraffin hergestellt, einem Kohlenwasserstoffgemisch, das bei der Raffination von Erdöl entsteht. Nachhaltig ist das nicht, denn die weltweiten Ölvorkommen sind endlich und die verehrenden Folgen der Ölförderung hinlänglich bekannt.
Doch es gibt nachhaltige Alternativen zu den herkömmlichen Paraffinlichtern und die Nachfrage nach Kerzen aus erneuerbaren Ressourcen wie Bienen-, Soja- und Rapswachs steigt. Seit einigen Jahren produzieren Unternehmen wie das Berliner Startup UpCandle Kerzen, deren Ökobilanz im Vergleich zu herkömmlichen Paraffinkerzen nach eigenen Angaben deutlich besser abschneidet. Wichtig sei es, dabei nicht nur auf nachwachsende Rohstoffe zu setzen, sagt Geschäftsführer und Mitgründer Henry Roloff, sondern auch die durch den Transport der Rohmaterialien anfallenden CO2-Emissionen zu berücksichtigen.
Für in Europa gefertigte Kerzen eignet sich deshalb Raps als regional leicht verfügbarer Rohstoff besonders gut. Noch haben diese nachhaltigen Kerzenalternativen ihren Preis: Die verschiedenen Naturwachse sind rund zehnmal teurer als herkömmliches Paraffin. Die Kosten für die Umwelt aber sind deutlich geringer, denn Soja-, Raps- und selbst Bienenwachs sind prinzipiell erneuerbar. Und in dem Wissen, dass eine nachhaltige Beleuchtungsquelle für eine heimelige Atmosphäre sorgt, lässt sich der Lichterglanz in der Weihnachtszeit gleich doppelt genießen.