Minsk: Lukaschenko hat schon wieder gewonnen
11. September 2016Die Parlamentswahl in der autoritär geführten Ex-Sowjetrepublik Weißrussland ist beendet. Die Beteiligung lag vor der Schließung der Wahllokale nach Behördenangaben in der Hauptstadt Minsk bei rund 70 Prozent. Beobachter sprachen von einem insgesamt schleppenden Verlauf der Abstimmung.
Experten rechneten mit einem klaren Sieg regimetreuer Kandidaten bei der Verteilung der 110 Mandate. Zuletzt saßen gut 100 parteilose Anhänger des Präsidenten Alexander Lukaschenko im Parlament. Die Opposition ist zersplittert. Nur einzelnen Regimegegnern wie der früheren Präsidentschaftskandidatin Tatjana Korotkewitsch werden Chancen eingeräumt. Ergebnisse wurden am Montag erwartet, ebenso eine Bewertung der Wahl durch die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), die rund 400 Beobachter in das Land geschickt hatte.
Hoffen auf neue Kredite aus dem Westen
Der 62-jährige Lukaschenko regiert in Minsk seit 22 Jahren. Er gilt als "letzter Diktator Europas" und pflegt engen Kontakt zu Russland. Weißrussland vollstreckt als einziges Land in Europa die Todesstrafe. Lukaschenko hofft angesichts einer tiefen Wirtschaftskrise, mit einer friedlichen Wahl nach demokratischen Standards die Beziehungen zum Westen zu stärken.
Minsk setzt auf frische Kredite aus dem Westen. Die weißrussische Wirtschaftsleistung war 2015 um fast vier Prozent geschrumpft. Auch für dieses Jahr sind die Aussichten trübe. "Wir wollen nicht mit Sanktionen leben", sagte der Präsident. Das enge Verhältnis zum "Bruderstaat" Russland solle unter der Annäherung an den Westen aber nicht leiden, betonte Lukaschenko.
Vorzeitige Stimmabgabe von knapp einem Drittel der Wähler
Die EU hatte nach der friedlichen Präsidentenwahl 2015 und der Freilassung politischer Häftlinge Strafmaßnahmen gegen die Führung in Minsk gelockert. Die Sanktionen waren nach dem rabiaten Vorgehen gegen Opposition und Demonstranten 2010 verhängt worden. Die OSZE kritisiert immer wieder Defizite bei Wahlen in Weißrussland. Zwar sind einige Vorschläge der OSZE umgesetzt worden und auch die Opposition räumt ein, dass die Regierung ihren harten Griff etwas gelockert habe. Erstmals sei etwa die Teilnahme an Diskussionen im Fernsehen erlaubt worden.
Aber es gibt auch Rückschritte. Die Menschenrechtsorganisation Wesna warf den Behörden vor, zahlreiche Bürger zur vorzeitigen Stimmabgabe gezwungen zu haben. Nach Angaben der Wahlleitung hatte zwischen dem 6. und 10. September knapp ein Drittel der sieben Millionen Berechtigten vorzeitig gewählt. Dieser Vorgang sei kaum zu kontrollieren, meinen Kritiker.
sti/rk (afp, ape, dpa)