Weniger Leistungen für "Doppel-Asylbewerber"
16. Dezember 2018Asylbewerber, die bereits in einem anderen europäischen Land einen Antrag gestellt haben, sollen nach dem Willen der deutschen Bundesländer niedrigere Sozialleistungen erhalten. Laut einem Bericht der "Welt am Sonntag" fordern die 16 Ministerpräsidenten die Bundesregierung zu einer Gesetzesinitiative auf, das Asylbewerberleistungsgesetz so zu erweitern, dass "Dublin-Fälle nur noch gekürzte Leistungen erhalten". Der Beschluss sei nach der Dezember-Konferenz der Länderchefs an die Bundesregierung versandt worden.
Dem Dublin-Abkommen zufolge ist grundsätzlich das EU-Land für einen Asylbewerber zuständig, in dem er erstmals den Boden der EU betreten hat. Von den Kürzungen, wie sie die Ministerpräsidenten fordern, könnte dem Zeitungsbericht zufolge mehr als ein Drittel der nach Deutschland kommenden Asylbewerber betroffen sein. Ob dies auch für Asylbewerber gilt, die bereits einen Antrag gestellt haben, geht daraus nicht hervor.
Erst Grundleistungen, dann Sozialhilfe
Grundsätzlich erhalten Asylbewerber in den ersten Monaten nur sogenannte Grundleistungen, die etwa zehn Prozent niedriger als die Sozialhilfe sind und zum Teil als Sachleistungen erbracht werden. Nach der Anerkennung ihres Antrags, aber spätestens 15 Monate nach der Einreise erhalten sie Leistungen in Höhe der Sozialhilfe - bei einem Alleinstehenden sind das 416 Euro.
Laut Welt am Sonntag standen im ersten Halbjahr 2018 rund 77.000 Asylerstanträgen rund 30.000 sogenannte Übernahmeersuchen entgegen. Bei diesen Migranten sei das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zu dem Ergebnis gekommen, dass ein anderer EU-Staat für das Asylverfahren zuständig ist und habe das jeweilige Land gebeten, die Migranten zurückzunehmen.
Nur knapp 5000 "Dublin-Rückführungen"
Rund 21.000 Mal hätten die angefragten ausländischen Staaten ihre Zustimmung erteilt, weil sie die Einschätzung der deutschen Seite teilten. Tatsächlich überstellt worden seien aber nur 4.922 dieser Dublin-Fälle, wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linkspartei-Anfrage hervorgehe. In den vergangenen Jahren sei die Erfolgsquote sogar noch geringer gewesen.
Je länger sich ein "Doppel-Asylbewerber" in Deutschland aufhalte, desto seltener finde eine Rückführung in das eigentlich zuständige EU-Land statt. Nach sechs Monaten gehe die Zuständigkeit für den Fall dann ganz auf die Bundesrepublik über.
"Flüchtlings-Obergrenze" wird nicht erreicht
Unterdessen wurde bekannt, dass die im Koalitionsvertrag vorgesehene Obergrenze für Flüchtlinge wird in diesem Jahr offenbar nicht erreicht wird. In ihrem Koalitionsvertrag hatten Union und SPD beschlossen, dass Deutschland jährlich nicht mehr als 220.000 Menschen aufnehmen sollen.
Aus der Regierungsstatistik geht laut Zeitungsbericht außerdem hervor, dass 38.500 Menschen bis Ende des Jahres ein Visum im Rahmen des Familiennachzugs erhalten. 4.600 Flüchtlinge seien aus humanitären Gründen aufgenommen worden. 26.500 Flüchtlinge hätten Deutschland verlassen, weil sie kein Asyl erhalten oder in einem anderen EU-Land einen Antrag gestellt hätten. 18.500 seien freiwillig in ihre Heimat zurückgekehrt.
cw/ml (afp, epf, kna)