Wer kämpft in Syrien gegen wen?
13. September 2016In Syrien ist Opposition nicht gleich Opposition. Große Rebellenorganisationen mit mehr als 10.000 Milizionären kämpfen ebenso wie kleine, lokale Gruppen gegen das syrische Regime unter Baschar al-Assad. Das Institute for the Study of War (ISW) zählte im vergangenen Jahr mehr als 230 Rebellengruppen in Syrien.
Assads Regime wiederum kämpft nicht nur gegen die Aufständischen, sondern auch gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS). Schließlich sind zahlreiche Großmächte in den Konflikt involviert, die unterschiedliche Kräfte in Syrien unterstützen.
Syrisches Regime
Die syrische Armee kontrolliert die meisten großen Städte Syriens, darunter Damaskus, Homs und Teile Aleppos, sowie den Küstenstreifen. Dabei haben Kriegstote und Überläufer die einst als schlagkräftig gefürchteten Truppen stark schrumpfen lassen. Von 300.000 Mann zu Beginn des Krieges blieben Ende vergangenen Jahres noch ungefähr ein Drittel.
Unterstützt werden die Anhänger Assads von bis zu 200.000 Milizionären. Dazu kommen Milizen, die aus dem Ausland - dem Iran, Irak oder Afghanistan - gelenkt werden. Am stärksten ist die libanesische Schiiten-Miliz Hisbollah vertreten: Knapp 7000 Kämpfer beteiligen sich am Bürgerkrieg.
Als traditioneller Partner der Assad-Dynastie greift Russland mit Luftangriffen massiv in den Krieg ein. Moskau begründet das mit dem Kampf gegen den IS. Dabei bombardiert Wladimir Putins Luftwaffe oft aber auch Stellungen der Rebellen - auch solche, die der Westen als Partner betrachtet.
"Islamischer Staat"
Der IS kämpft in Syrien für einen islamischen Gottesstaat, ein sogenanntes "Kalifat". Die Terrormiliz verlor in den vergangenen Monaten einige ihrer Gebiete an die Assad-Regierung und die Kurden. Dennoch kontrollieren die Dschihadisten noch weite Teile im Norden und Osten, vornehmlich Wüstengebiete.
Unter der Führung von Abu Bakr al-Bagdadi errichteten sie dort ein staatsähnliches Gebilde, in dem sie Steuern erheben und ihr eigenes Rechtssystem durchsetzen.
Fatah al-Scham
Mit mindestens 15.000 Kämpfern gilt die Fatah al-Scham als größte und schlagkräftigste Rebellengruppe. Sie verfolgt eine ähnliche Ideologie wie der IS, auch wenn beide Gruppen als verfeindet gelten. Ende Juli hieß die Gruppe noch Al-Nusra-Front und war der einzige offizielle Ableger Al-Kaidas in Syrien. Indem sich die dschihadistische Gruppierung von der Schirmherrschaft des Terrornetzwerks lossagte, machte sie den Weg frei für neue Verbindungen mit anderen Islamisten.
Schon länger arbeitet Fatah al-Scham mit einigen gemäßigten Rebellengruppen zusammen. Unter dem Dach des Bündnisses Dschaich al-Fatah sammeln sich Fatah al-Scham, die Islamisten-Miliz Ahrar al-Scham, kleine Bataillone der Muslimbrüder sowie Brigaden, die sich als Teil der moderaten Freien Syrischen Armee (FSA) verstehen. In den Städten Aleppo und Idlib kämpfen sie gemeinsam gegen die syrische Armee - teilweise unterstützt durch die USA.
Dennoch wird Fatah al-Scham von den USA sowie von Russland als Terrororganisation eingestuft. Von der Waffenruhe ist sie deshalb ausdrücklich ausgenommen. Saudi-Arabien und Katar dagegen sollen den islamistischen Rebellen nahestehen. In der syrischen Gemengelage verfolgen die Golfstaaten vor allem ein Ziel: Assad beseitigen. Dafür unterstützen sie auch radikale Islamisten.
Ahrar Al-Scham
Die salafistisch-islamistische Miliz Ahrar Al-Scham kämpft seit Oktober 2011 im syrischen Bürgerkrieg und gilt ebenfalls als äußerst einflussreich. Sie gibt sich pragmatischer und weniger radikal als Fatah al-Scham. Erklärtes Ziel der Islamisten ist es, die Assad-Regierung durch einen islamischen Staat zu ersetzen. Neben ihrem militärischen Engagement ist Ahrar Al-Scham auch politisch in einigen Gebieten vertreten. So hat die Rebellengruppe eigene Büros für religiöse, soziale und finanzielle Angelegenheiten. Unterstützung soll sie von der Türkei erhalten.
Ahrar Al-Scham lehnt die zwischen den USA und Russland vereinbarte Waffenruhe ab. In einer Videobotschaft heißt es, die Vereinbarung trage "nur dazu bei, das Assad-Regime zu stärken" und das Leiden der Menschen vergrößern.
Freie Syrische Armee (FSA)
Die FSA ist keine Armee im eigentlichen Sinne sondern ein Zusammenschluss gemäßigter Kämpfer. Sympathisanten findet sie vor allem in der sunnitischen Bevölkerungsmehrheit Syriens. Im Sommer 2011 wurde sie zunächst von überwiegend nationalistischen Kräften gegründet. Im Laufe des Widerstands entwickelte sie sich jedoch zu einer Partisaneneinheit, deren Mitglieder die unterschiedlichsten ideologischen Hintergründe haben. Von allen Oppositionsgruppen steht die FSA dem Westen wohl am nächsten.
Mithilfe der US-geführten Militärkoalition sowie türkischer Truppen verbuchte die FSA jüngst einige Erfolge. Im Nordwesten Syriens vertrieb sie den IS aus zahlreichen Dörfern. Unabhängige journalistische Berichte aus Syrien gibt es allerdings kaum. Erfolgsmeldungen kommen meist von den jeweiligen Regierungen.
Kurdische Kämpfer
Syrische Kurden gehen Allianzen mit Assads Regierung ein, kooperieren aber auch mit Gegnern des syrischen Regimes. Einige kämpfen an der Seite des Westens gegen den IS. Angesichts der Gewaltexzesse des IS schloss sich unter Führung der USA und mehrerer arabischer Staaten im September 2014 eine Militärkoalition zusammen.
Mit Unterstützung der US-Luftwaffe konnte ein Bündnis unter Führung der kurdischen Volksschutzeinheiten YPG die Terrormiliz aus Gebieten im Norden Syriens zurückdrängen.
Die YPG werden als militärischer Arm der Partei der Demokratischen Union (PYD) betrachtet. Diese steht der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) nahe, die von der Türkei, der EU und den USA als Terrororganisation eingestuft wird.
Der Nachbarstaat Türkei fühlt sich durch die Unabhängigkeitsbestrebungen der Kurden bedroht. Seit Monaten geht die Regierung in Ankara verstärkt gegen kurdische Kämpfer vor, auch in Syrien. Ihre Begründung: Terrorismusbekämpfung.