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"Parlamentarismus wird ermordet"

17. Januar 2014

Mit harscher Kritik haben die Bundesregierung, die EU und die USA auf die Beschneidung des Demonstrationsrechts durch das Parlament in Kiew reagiert. Die ukrainische Opposition will dem Druck nicht nachgeben.

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Vermummter Demonstrant mit Handschellen zum Zeichen des Protests (Foto: Getty Images)
Bild: Sergei Supinsky/AFP/Getty Images

Ukraine: Internationale Kritik an Eilgesetzen

Die deutsche Regierung hat die politische Führung in der Ukraine mit Nachdruck zu einer Kurskorrektur aufgefordert. "Der von Präsident (Viktor) Janukowitsch eingeschlagene Kurs führt in eine Sackgasse und sein Land nur weiter weg von Europa", unterstrich Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier in Berlin. "Repression darf keine Antwort auf eine politisch kontroverse Debatte sein".

Regierungssprecher Steffen Seibert bewertete die verschärften Regeln für Demonstranten als "Abkehr von europäischen Werten". Dies werde Auswirkungen auf die Zusammenarbeit der Ukraine mit der EU haben. Nach seinen Worten beobachtet Berlin mit großer Sorge diverse Anzeichen der Einschüchterung in der Ex-Sowjetrepublik.

"Parlamentarismus ermordet"

Das US-Außenministerium in Washington sprach von einem undemokratischen Verhalten. Sehr deutliche Worte fand auch EU-Chefdiplomatin Catherine Ashton. Teile des Gesetzes, das die Grundrechte einschränke, seien eilig und unter Missachtung parlamentarischer Gepflogenheiten und demokratischer Prinzipien ausgearbeitet worden, sagte sie. Der Präsident des Europäischen Parlamentes, Martin Schulz, befürchtet, dass die Ukraine in ihre "autoritäre sowjetische Vergangenheit" zurückfalle, falls die beschlossenen Maßnahmen in Kraft treten sollten. Ashton und Schulz riefen Janukowitsch dazu auf, das Gesetz zurückzunehmen und das Land wieder auf Linie seiner internationalen Verpflichtungen zu bringen.

Die inhaftierte Oppositionsführerin Julia Timoschenko forderte die Regierungsgegner zum Handeln gegen Janukowitsch auf. "Indem er den Parlamentarismus ermordet, macht er einen weiteren Schritt zur Errichtung einer Diktatur in der Ukraine", schrieb die frühere Regierungschefin aus der Haft. Ex-Boxweltmeister Vitali Klitschko, einer der Anführer der Oppositionsbewegung, forderte nochmals den Rücktritt Janukowitschs sowie vorgezogene Parlaments- und Präsidentenwahlen. Für Sonntag riefen alle Oppositionsgruppen zu neuen Protesten auf - auch wenn diese eigentlich nun verboten sind.

Barrikaden auf dem Maidan (Fotot: picture-alliance/dpa)
Die Demonstranten auf dem Unabhängigkeitsplatz, dem Maidan, harren weiter ausBild: picture-alliance/dpa

Die Opposition demonstriert seit Wochen gegen die moskaufreundliche Führung in Kiew und für einen Westkurs des zweitgrößten Flächenstaates Europas. Entzündet hatten sich die Proteste daran, dass Janukowitsch Ende November ein historisches Abkommen mit der EU über engere Zusammenarbeit auf Druck Russlands gestoppt hatte.

Verboten, verboten, verboten ...

Handstreichartig hatte die Oberste Rada - das Parlament - in Kiew am Donnerstag Eilverordnungen durchgepeitscht, die Geld- und Haftstrafen für die Errichtung von Zelten und Bühnen auf öffentlichen Plätzen vorsehen. Einen Tag zuvor hatte ein Gericht Massenkundgebungen in der Hauptstadt Kiew verboten und damit die Sorge der Opposition vor einer gewaltsamen Auflösung ihrer Protestlager geschürt. Das Verbot gilt zunächst bis 8. März. Für die Teilnahme an ungenehmigten Autokorsos drohen künftig bis zu zwei Jahre Führerscheinentzug. Darüberhinaus sollen Abgeordnete künftig schneller ihre Immunität verlieren können, die sie vor Strafverfolgung schützt.

Ungeachtet der westlichen Kritik unterzeichnete Janukowitsch die Gesetze am Freitagabend, wie auf der Website des Präsidialamtes mitgeteilt wurde.

se/haz (dpa, ape, afpe, rtr)