Westerwelle warnt Ukraine vor Gewalt
5. Dezember 2013Bei einem Treffen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in der ukrainischen Hauptstadt Kiew sagte der amtierende deutsche Außenminister Guido Westerwelle, die Regierung der ehemaligen Sowjetrepublik sei "in der Pflicht, friedliche Demonstranten vor jeder Art von Einschüchterung und Gewalt zu schützen". Die Ukraine führt derzeit den Vorsitz der OSZE, der 57 Staaten in Europa, Nordamerika und Zentralasien angehören.
Zur Rolle Deutschlands in dem politischen Machtkampf sagte Westerwelle: "Wir sind in der Ukraine nicht Partei für eine Partei, sondern für die europäischen Werte." Wenn Europäer mit Europäern in der Ukraine redeten, sei dies keine Einmischung in innere Angelegenheiten, sondern eine Selbstverständlichkeit. Nach seiner Ankunft in Kiew am Mittwochabend hatte Westerwelle Demonstranten besucht.
Indirekt Kritik an Russland
Ohne Russland beim Namen zu nennen, betonte der FDP-Politiker, die Menschen in der Ukraine wollten über ihre Zukunft selbst entscheiden. "Das Aufbauen von Drohkulissen und das Ausüben wirtschaftlichen Drucks sind inakzeptabel." Die USA sicherte den proeuropäischen Demonstranten ebenfalls ihre Unterstützung zu. "Wir stehen hinter den Menschen in der Ukraine, die ihre Zukunft in Europa sehen", sagte die Europa-Beauftragte Victoria Nuland in Kiew.
Die Regierung in Kiew hatte vor zwei Wochen unter Druck aus Moskau die geplante Unterzeichnung eines Assoziierungsabkommens mit der EU überraschend abgesagt. Seitdem gibt es Massenproteste gegen Staatspräsident Viktor Janukowitsch und seine Regierung. Wiederholt kam es zu gewaltsamen Zusammenstöße mit den Sicherheitskräften.
Die russische Führung hatte der Ukraine mit dem Verlust von Handelsvorteilen gedroht. Russlands Außenminister Sergej Lawrow warf der EU "Hysterie" vor. Die Reaktion des Westens auf den Verzicht der Ukraine auf das Assoziierungsabkommen sei "emotional" und "am Rande der Unanständigkeit". Die Ukraine habe "lediglich ihr souveränes Recht genutzt, zu diesem Zeitpunkt das Abkommen nicht zu unterzeichnen", sagte Lawrow am Rande des OSZE-Außenministertreffens in Kiew.
Die Proteste in Kiew dauern an. Tausende demonstrierten den 14. Tag in Folge für eine Annäherung der Ukraine an die EU. Mehrere Regierungsgebäude werden weiter blockiert. Auf dem Unabhängigkeitsplatz, dem Maidan, harren Demonstranten weiter in einer Zeltstadt aus. Am Rathaus, das seit Tagen von Demonstranten besetzt gehalten wird, hissten Regierungsgegner unter dem Jubel einer Menschenmenge die EU-Fahne.
Premier beschimpft Demonstranten
Die Polizei setzte den Demonstranten ein Ultimatum von fünf Tagen zur Räumung sämtlicher belagerter öffentlichen Gebäude. Welche Konsequenzen drohen, wenn die Regierungsgegner dem nicht Folge leisten, ist bislang nicht klar. Ministerpräsident Nikolai Asarow, der auf der OSZE-Konferenz noch seine Dialogbereitschaft betont hatte, beschimpfte die Demonstranten als "Nazis, Extremisten und Kriminelle". Sie könnten "in keinster Weise unsere Partner bei der 'Eurointegration' sein", sagte Asarow bei einem Treffen mit Westerwelle nach Angaben der Regierung in Kiew.
wl/rb (dpa, afp, rtre)