Wettrennen um das Auto der Zukunft
22. Februar 2006Die Visionen von George W. Bush haben oft gewaltige Ausmaße: In der Frage der Demokratisierung reichen sie von Ägypten bis Iran, im Bereich der bemannten Raumfahrt erstrecken sie sich gar bis zum Mars. Manchmal aber sind sie nur vier bis fünf Meter lang. Beim Besuch eines Entwicklungszentrums für Batterien in Milwaukee sprach der US-Präsident jetzt über seine Vision eines Hybridautos, das mit Lihthium-Ionen-Batterien 65 Kilometer weit fahren und dann den Bio-Kraftstoff Ethanol tanken kann. "Wir stehen in Amerika kurz davor, diese Vision zu verwirklichen", sagte Bush.
Wachsender Markt
Schon jetzt erfreuen sich Hybridautos - freilich noch mit Benzinmotoren und Nickel-Metallhydrid-Batterien - wachsender Beliebtheit in den USA. Die Wagen, die beim Bremsen die Akkus eines zusätzlichen Elektromotors aufladen, gelten als hip - zu den Fahrern zählen inzwischen auch Hollywood-Größen wie Leonardo di Caprio, Harrison Ford und Susan Sarandon. Zwar ist die Zahl der Fahrzeuge noch viel zu gering, um - wie von Bush erhofft - die amerikanische Abhängigkeit von Erdölimporten spürbar zu reduzieren. So verkaufte sich das erfolgreichste Modell, der Toyota Prius, im vergangenen Jahr nur 108.000 Mal. Doch die Zahlen steigen: Waren es 2004 nur 55.000 Wagen, wird für 2006 mit 245.000 Verkäufen gerechnet.
Die deutsche Automobilindustrie fehlt auf diesem Wachstumsmarkt und versucht derzeit, ihren Rückstand aufzuholen. So arbeiten DaimlerChrysler, BMW und General Motors gemeinsam an der Entwicklung eines Hybridantriebs, während Volkswagen, Audi und Porsche mit den Zulieferern Continental und ZF Friedrichshafen kooperieren. Bis zur Serienreife dürften noch zwei bis drei Jahre vergehen.
Technik von gestern
"Das ist eher ein Image- als ein Absatzproblem", sagt Stefan Reindl vom Institut für Automobilwirtschaft (IFA) in Nürtingen und verweist auf die noch geringen Absatzzahlen. "Die deutschen Autobauer wirken dadurch wie von gestern." Die Stärke der deutschen Hersteller sind vor allem die Dieselmotoren, die in den USA, dem wichtigsten Automarkt der Welt, bisher schlecht ankommen.
"Die Hybrid-Technik ist eine ganz wichtige Technologie, an der kein Weg vorbeiführt", glaubt Ferdinand Dudenhöffer, Professor für Automobilwirtschaft an der Fachhochschule Gelsenkirchen. Dass Firmen wie DaimlerChrysler versuchen, Dieselmotoren in den USA populärer zu machen, sei jedoch keineswegs ein Fehler. "In 20 Jahren wird es vor allem zwei Motorisierungen geben: Erstens den Hybridantrieb und zweitens den Diesel, der ja ein sehr effizientes Aggregat ist." Bei längeren Fahrten sind Dieselmotoren sogar sparsamer als Hybridantriebe, deren Akkus sich nur im Stop-and-Go des Stadtverkehrs aufladen.
Holzweg Biokraftstoff?
Die Eigenschaften des Dieselmotors weiter zu verbessern, ist eine der Prioritäten der europäischen Ingenieure. So soll die Adblue-Technologie von DaimlerChrysler den Stickoxid-Ausstoß verringern, indem Harnstoff in den Katalysator gespritzt wird. BMW will die Abgaswärme für den Antrieb nutzen, um so den Verbrauch weiter zu senken. Eine Kombinationslösung versucht der französische Autokonzern PSA: Derzeit werden Prototypen des Citroen C4 und des Peugeot 307 getestet, die neben einem 1,6-Liter-Diesel-Motor einen Elektromotor an Bord haben.
An einen Hybrid-Ethanol-Motor, wie von Bush erträumt, glaubt der Marktforscher Dudenhöffer nicht. "Erneuerbare Kraftstoffe wie Biodiesel oder Ethanol können langfristig nur einen kleinen Teil des Bedarfs abdecken - und das zu sehr hohen Kosten." Selbst bei einer erfolgreichen Einführung von Biokraftstoffen würden sie nicht mehr als fünf Prozent des Kraftstoffverbrauches ausmachen. Die Technik ist nicht neu:
Schon während der Ölkrise Mitte der siebziger Jahre hatte die damalige Junta in Brasilien ein entsprechendes Programm forciert. Obwohl es dort ein flächendeckendes Tankstellennetz - das in allen übrigen Ländern erst noch aufgebaut werden müsste - existiert, fahren heute lediglich drei Millionen der 17 Millionen Fahrzeuge mit Ethanol.
In Zukunft Wasserstoff
"Die Autoindustrie muss ihre Anstrengungen verstärken, alternative Antriebe zu entwickeln", sagt Stefan Reindl vom IFA. Selbst Kunden, die sich Autos mit einem höheren Verbrauch leisten könnten, würden aus Imagegründen irgendwann umsteigen. Langfristig werde sich der Wasserstoffantrieb durchsetzen, an dessen Weiterentwicklung die meisten Hersteller arbeiten. Wird mit dem Wasserstoff in einer Brennstoffzelle Strom produziert, der einen Elektromotor antreibt, entstehen keinerlei Schadstoffe; als einziges Restprodukt bleibt Wasser zurück. Für die Herstellung von Wasserstoff werden allerdings beträchtliche Energiemengen benötigt.
Ferdinand Dudenhöffer glaubt, dass der Wasserstoffantrieb die zukunftsweisende Technologie ist: "Bis zur Großserie werden wegen der noch extrem hohen Preise aber noch 20 bis 25 Jahre vergehen." Auch hier sei Toyota führend: Der Konzern investiere einen großen Teil seines Forschungsbudgets in umweltfreundliche Technologien und wolle schon 2015 ein Wasserstoff-Fahrzeug für weniger als 50.000 Dollar auf den Markt bringen. "Damit sollte man auch rechnen", sagt er. "Denn bisher haben sie alles, was sie angekündigt haben, auch umgesetzt."