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Die perfekte Weihnachtsgans

23. Dezember 2016

Der italienische Koch Camillo Virtù hat mit dem Gänse-Express eine außergewöhnliche Idee umgesetzt. Er kocht Weihnachtsgänse inklusive Füllung vor, die abgeholt und im eigenen Backofen aufgewärmt werden können.

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Heiligabend Weihnachtsbraten
Bild: picture-alliance/dpa

Camillo Virtù ist Küchenchef im Restaurant Kleinpetersberg in Bonn. In seinem kleinen, weißgekachelten Küchenreich trocknet er gerade Töpfe und Pfannen ab, bevor er die ersten Gänse vorbereitet. "Sie sind schon gebraten. Außerdem sind sie ausgelöst und saubergemacht. Dann füllen wir sie mit Orangen, Äpfeln, Sellerie, Karotte und Zwiebeln. Am Ende kommt Beifuß dazu, das sind Kräuter, speziell für Gänse," erklärt er auf dem Weg in den Keller des Restaurants.

Dort lagern in einem begehbaren Kühlschrank zwei Kisten mit je vier fertig zubereiteten Vögeln. Sie sind mittelgroß, wiegen jeweils etwa vier Kilo. Ihre Füße sind zusammengebunden, damit die Füllung im Backofen nicht herausfällt. "Ich backe diese klassischen Gänse immer so bei 100, 120 Grad. Wenn sie wieder warm sind und eine schöne Kruste kriegen, gehe ich auf 160, 180 Grad hoch. Und bei vier Kilo reicht es, wenn sie vier Stunden im Ofen bleiben," sagt er, und holt dabei die Gänse aus den Kisten.

Koch bereitet in Küche Weihnachtsgänse zu
Rund 200 Gänse bereitet Virtù' jedes Jahr in seiner Küche vorBild: DW/C. Bleiker

Die "innere" Temperatur zählt

Virtù, jetzt 60 Jahre alt, kocht bereits seit seinem 14. Lebensjahr. Er ist in Bologna zur Berufsschule gegangen und hat jeden Tag nach der Schule im Restaurant seiner Tante gearbeitet. Er weiß, wann der Braten aus dem Ofen muss - einfach nur, indem er ihn ansieht. Für Normalsterbliche ist das allerdings etwas komplizierter.

Ausschlaggebend ist unter anderem, welche Temperatur der Braten im Inneren hat. Wenn man ihn aus dem Ofen nimmt, bevor er durch und durch heiß ist, könnten noch Bakterien am Fleisch kleben. Wenn der Braten zu lange in der Röhre ist, wird er allerdings zäh und trocken. Und das wäre verheerend, sagt Christian Port. "Bei einem Braten, auf den mehrere Gäste warten, soll natürlich alles zur rechten Zeit perfekt sein." Port kennt sich auch gut mit Kochen aus, er ist Produktmanager bei Rösle, einem deutschen Küchengerätehersteller. Zu ihren Verkaufsschlagern zählt ein digitales Fleischthermometer. Es funktioniert ganz leicht: Man steckt einen kleinen nadel-ähnlichen Sensor in den Braten, bevor man ihn in den Ofen schiebt. Der Sensor ist über ein ein Meter langes Kabel mit einem Thermometer verbunden, das außerhalb des Backofens die Temperatur des Fleischs anzeigt. Auf der Thermometeranzeige kann man die jeweilige Fleischsorte auswählen - und ob man es gerne Medium oder gut durch hätte. "Sie wählen die gewünschte Temperatur aus und wenn die erreicht ist, geht ein Alarm los. Dann wissen Sie, dass das Fleisch fertig ist," erklärt Port. Das Thermometer messe auf plus/minus ein Grad genau, fügt er noch hinzu. Und eine solche Präzision sei auch wichtig, denn zwei Grad könnten schon den Unterschied machen zwischen Medium und Gut durch. Daher testet die Firma ihre Thermometer gründlich im Labor. "Wir machen gleichzeitig eine Testmessung mit einem zweiten, kalibrierten Thermometer, um zu sehen, ob sie das gleiche anzeigen oder nicht."

Die perfekte Kerntemperatur bei einer Gans ist etwa 90 Grad Celsius. Wenn das Fleisch noch rosa sein soll, sind 75 bis 80 Grad genau richtig. Für einen Rinderbraten empfehlen sich 70 Grad Celsius für Medium, 80 bis 85 Grad für gut durch.

Nicht zu früh aus dem Ofen nehmen

Aber was ist das Schlimmste, das passieren kann, wenn man den Braten zu früh herausnimmt, weil die Gäste bereits eingetroffen sind? Nun ja, die ganze Familie könnte dann die Feiertage auf der Toilette verbringen, sagt Lüppo Ellerbroek vom Bundesinstitut für Risikobewertung in Berlin. "Salmonellen, Listerien, Campylobacter und andere Bakterien, aber auch Viren im Essen sind ein Gesundheitsrisiko. Eine Salmonellenvergiftung beispielsweise ist eine entzündliche Krankheit des Magen-Darm-Trakts."

Weihnachtsgans Restaurant Kleinpetersberg in Bonn-Mehlem
Eine Weihnachtsgans, die zu früh aus dem Ofen genommen wird, kann krank machenBild: DW/C. Bleiker

Auch vor Campylobacter sollte man sich in Acht nehmen. Er ist einer der häufigsten Erreger von Lebensmittelvergiftungen. Im Vereinigten Königreich haben Forscher der Lebensmittelbehörde "Food Standards Agency" erst kürzlich Campylobacter auf frischen Hähnchen gefunden, die in britischen Supermärkten verkauft wurden.

Gute Küchenhygiene ist wichtig

Doch beim Kochen wird der Erreger vernichtet - gleiches gilt auch für Salmonellen. Wenn man allerdings die gleichen Küchenutensilien für das Geflügel wie auch für den Salat verwendet, könnte die Darmentzündung vorprogrammiert sein: Salat wird nicht gekocht, die Bakterien bleiben also am Leben - und können im menschlichen Darm Verheerendes anrichten.

Ellerbroek rät daher Hobbyköchen dazu, unbedingt auf eine gute Küchenhygiene zu achten. Man sollte immer verschiedene Messer und Teller für rohes Fleisch und alles andere benutzen.

Wer allerdings ein besonders ruhiges und entspanntes Weihnachtsfest möchte, der entscheidet sich vielleicht doch für Hilfe von außen. Chefkoch Camillo Virtù hat ja vielleicht noch ein paar Extra-Express-Gänse in seinem Kühlschrank.

Carla Bleiker
Carla Bleiker Redakteurin, Channel Managerin und Reporterin mit Blick auf Wissenschaft und US-Politik.@cbleiker