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Wie nachhaltig ist Windkraft?

27. Dezember 2021

Windkraft soll das Klima schützen. Doch der Bau der Anlagen verbraucht Energie und ihre Flügel bestehen aus Kunststoff. Wie gut ist die Ökobilanz der Anlagen, was kann recycelt werden und gibt es künftig noch genug Wind?

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Luftaufnahme von Windkraftanlagen in Macarthur in Australien
Die Windkraft gilt als wesentlicher Pfeiler für die Energiewende, aber wie umweltfreundlich sind die Anlagen selbst?Bild: www.vestas.com

Zusammen mit Photovoltaik soll Windkraft der Hauptträger der globalen Energieversorgung werden. Strom aus Wind ist bei der Erzeugung CO2-frei, aus ihm können Wasserstoff und synthetische Kraftstoffe wie Kerosin und Diesel klimafreundlich hergestellt werden. Sonne und Wind gibt es reichlich, der globale Energiebedarf ließe sich damit mehrfach decken. Die Aussichten für die Energiewende sind also gut. Doch wie steht es um das Recycling der Anlagen, Artenschutz und Klimabilanz? 

Welche Klimabilanz hat Windkraft?

Der Bau von Windkraftanlagen verbraucht viel Energie, vor allem die Herstellung der Stahltürme und der Betonfundamente. Laut Umweltbundesamt (UBA) erzeugen Windräder in 2,5 bis 11 Monaten Betrieb die Energiemenge, die zu ihrer Herstellung erforderlich war. Im Schnitt laufen Windräder etwa 25 Jahre, in der Zeit wird 40 Mal mehr Energie erzeugt als für Herstellung, Nutzung und Entsorgung der Anlage nötig sind.

Besonders die Produktion von Stahl und Zement setzen viel CO2 frei. Diese sogenannten Vorkettenemissionen werden bei der Gesamtbilanz einer Windkraftanlage bis zum Rückbau mit eingerechnet. Eine heute neu gebaute Anlage an Land (onshore) verursacht laut UBA rund neun Gramm CO2 pro erzeugter Kilowattstunde (kWh) Strom, bei einer neuen Offshore-Anlage im Meer sind es sieben Gramm CO2 pro kWh. 

Im Vergleich zu anderen Technologien schneidet die Windkraft in der Klimabilanz sehr gut ab. Nur die Wasserkraft schneidet mit vier Gramm CO2 pro erzeugter Kilowattstunde noch besser ab, bei einer Photovoltaikanlage sind es 33 Gramm CO2 pro kWh.

Strom aus Erdgas verursacht im Vergleich dazu 442 Gramm CO2 pro kWh, bei Steinkohle sind es 864 Gramm, bei Braunkohle 1034 Gramm CO2. Und bei Atomenergie entstehen beim Kraftwerksbau, Betrieb und Uranabbau laut Studie im Auftrag der globalen Anti-Atombewegung WISE rund 117 Gramm CO2 pro Kilowattstunde Strom. 

Infografik Emmissionsbilanz Energieträger Windkraft, Photovoltaik, Atomkraft, Kohle, Erdgas

Was lässt sich recyceln?

Windstrom ist in den letzten drei Jahrzehnten immer wichtiger geworden. So wurden 1991 in Deutschland nur rund 50 Windräder mit jeweils ca. 100 Kilowatt Leistung aufgebaut. 2001 kamen schon 2000 neue Windräder mit je 1300 KW jährlich dazu. Werden sie gut gewartet, können solche Kleinanlagen über 30 Jahre Strom erzeugen. Derartige Windräder stehen inzwischen in vielen Ländern.

Weil sie so lange laufen, wurden bisher nur wenige der älteren Anlagen entsorgt, doch Mitte des Jahrhunderts müssen vermutlich jedes Jahr bis zu 50.000 von ihnen abgebaut werden, weil sie zu alt werden und neuere Anlagen viel mehr Strom erzeugen. Die Hauptbestandteile von Windanlagen sind Beton (Fundament), Stahl (Turm und Getriebe) sowie ein Verbund aus Kunststoff mit Glas- oder Karbonfasern in den Rotorblättern. Der Beton kann zerkleinert und als Betonsplitt beim Straßenbau genutzt werden. Der wertvolle Stahl wird zu neuem Stahl recycelt. Auch andere wertvolle Metalle wie Kupfer und Aluminium können wiederverwertet werden.

Schwieriger ist das bei den Rotorblättern aus den stabilen, leichten Verbundkunststoffen. Bisher landen alte Rotorblätter in den USA auf Deponien, in Europa zumeist zerkleinert als Ersatzbrennstoff in Zementöfen und Müllverbrennungsanlagen.

Die Trennung von Fasern und Kunststoff ist mittels Hitze möglich - das Verfahren wird Pyrolyse genannt. Dabei wird der Kunststoff verbrannt, die anderen Fasern können wiederverwertet werden. Eine weitere Methode ist die chemische Trennung der Stoffe. Einfacher wird das, wenn das Recycling schon bei der Produktion der Rotorblättern bedacht wird.

Ein aufgeklapptes Rotorblatts in einer Fertigungsfabrik in Dänemark
Rotorblattfertigung in Dänemark: Zunehmend sollen die "Flügel" von Windkraftanlagen so gebaut sein, dass sie später leicht zu recyceln sindBild: Vestas Wind Systems

Die ersten recycelbaren Rotorblätter für große Offshore-Anlagen werden derzeit in Dänemark hergestellt. Ab 2030 will der Anlagenbauer Siemens Gamesa nur noch recycelbare Rotorblätter verkaufen, ab 2040 seine Windkraftanlagen komplett klimaneutral produzieren.

Hilft Windkraft beim Artenschutz?

Insgesamt hilft ein schneller Ausbau der Windkraft, den CO2-Ausstoß zu senken und damit die Erderhitzung und den Artenschwund zu verlangsamen. Naturschützer fordern aber, dass Windanlagen weder in Naturschutzgebieten errichtet werden, noch an Rastplätzen von Zugvögeln, um die Tiere nicht zu gefährden.

Immer mehr große Windanlagen werden zudem mit Kameras und Softwaretechnik ausgestattet, die Kollisionen mit Vögeln vermeiden sollen und die Anlagen abschalten, wenn ihnen die Tiere zu nahe kommen.

Infografik Wodurch Vögel sterben

Störend für Wale, Robben und Fische waren in der Vergangenheit auch die lauten Arbeiten auf dem Meeresgrund für die Fundamente von Offshore-Anlagen. Technisch wurde das Problem jedoch inzwischen weitgehend gelöst: Ein Ring von kleinen Luftblasen während dieser sogenannten Rammarbeiten dämpft nun diesen Schall auf ein Zehntel.

Wenn sie stehen, können Windparks im Meer sogar positiv für Meerestiere wirken. Denn diese Zonen eignen sich nicht mehr für die Schleppnetz-Fischerei, die Fischbestände können sich erholen. Zudem siedeln Muscheln an den Fundamenten.

Weniger Wind durch Erderhitzung?

Im heißen Sommer ist es oft windstill, dafür gibt es im Herbst und Winter vielerorts Stürme. Doch das heißt nicht, dass die Windkraft durch den Klimawandel gefährdet ist. Laut derzeitigem Forschungsstand wird sich der Wind insgesamt weltweit in den nächsten Jahrzehnten durch die Temperaturerhöhungen nicht wesentlich verringern. Zwar verlangsamt sich der Jetstream in acht bis zwölf Kilometern Höhe durch die globale Erhitzung, doch das hat nach bisherigem Kenntnisstand übers Jahr gerechnet keine Relevanz für den Ertrag von Windkraftanlagen.

Allerdings wird sich der Windertrag wegen der steigenden Temperaturen wird je nach Jahreszeit leicht verändern: Voraussichtlich gibt es künftig in den Wintermonaten mehr Wind als heute, im Sommer dafür weniger.

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Gero Rueter Redakteur in der Umweltredaktion