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Wie sicher wird die Fußball-EM?

Jan-Hendrik Raffler24. März 2016

Durch die Brüsseler Anschläge rückt das Thema Sicherheit bei der Fußball-Europameisterschaft erneut in den Fokus. Kann Frankreich eine sichere EM garantieren? Oder steht das Turnier möglicherweise sogar vor dem Aus?

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Polizisten mit Sturmgewehren stehen vor dem geschlossenen Stadion und Sperren den Bereich ab. Nach den Terroranschlägen von Paris wurde das Spiel kurzfristig abgesagt, das bereits geöffnete Stadion wurde evakuiert. Foto: Julian Stratenschulte/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++
Bild: picture-alliance/dpa/J. Stratenschulte

Frankreichs Behörden wollen jedem Zweifel entgegentreten: Die Fußball-Europameisterschaft findet statt - und es wird alles getan, um Spieler und Fans zu beschützen. Sportminister Patrick Kanner wiederholt wie ein Mantra, dass kein Sportereignis dieser Größenordnung in Frankreich jemals so stark geschützt worden sei. Steht die EM jetzt infrage? Die Gastgeber sagen nein. "Das wäre eine Niederlage, damit würde man den Terroristen einen Sieg geben", sagte Premierminister Manuel Valls dem Radiosender Europe 1. Frankreich habe mit der UN-Klimakonferenz wenige Tage nach den Pariser Anschlägen bewiesen, dass es solche Großereignisse stemmen könne. "Wir wiederholen es seit mehreren Monaten, die terroristische Bedrohung war von Anfang an Teil unserer Überlegungen", erklärte Sport-Staatssekretär Thierry Braillard der Zeitung "L'Équipe".

Immer wieder wird darüber gesprochen, ob Spiele notfalls vor leeren Rängen stattfinden könnten. Nun fachte UEFA-Vizepräsident Giancarlo Abete die Debatte neu an. "Das Risiko von Partien hinter verschlossenen Türen existiert immer, weil es um einen Wettbewerb geht, der um jeden Preis stattfinden soll", sagte er nach den Brüsseler Anschlägen dem italienischen Sender Radio 24. "Man kann keine Spiele auf andere Tage verschieben, weil in einem Turnier alles davon abhängt, dass festgelegte Daten eingehalten werden." EM-Organisationschef Jacques Lambert schloss nicht aus, dass solche Szenarien für den Notfall existieren. Er betonte jedoch in einem Interview, dies sei absolut nicht das Ziel: "Das wäre eine offenkundige Absurdität."

Werden die EM-Stadien zur Festung?

Wie ist die Sicherheitslage in Frankreich? Das Land steht noch immer unter dem Eindruck der blutigen Terroranschläge des vergangenen Jahres. Die Behörden warnen, die Bedrohung sei noch nie so hoch gewesen. Nach wie vor gilt der Ausnahmezustand, der den Behörden Sonderrechte gibt. Im Alltag zeigt sich die Alarmstufe vor allem durch mehr Polizeipräsenz zum Beispiel in Bahnhöfen, in Paris auch durch die Militärpatrouillen an gefährdeten Orten wie dem Eiffelturm und strengere Kontrollen an öffentlichen Gebäuden - ansonsten herrscht aber Normalität. Werden die EM-Stadien zur Festung? In jedem Fall müssen Fans Geduld mitbringen: Jeder Zuschauer soll durchsucht werden. Die Stadien sollen konsequent abgeriegelt werden, nach einem Bericht von "L'Équipe" könnten Metalldetektoren und Drohnen genutzt werden. Die Polizei hat Urlaubssperre.

Außer ein paar Ordnern und Polizisten sitzt niemand auf der Tribüne. Foto: DPA
"Geisterspiele" bei der EM sind unwahrscheinlich, aber möglichBild: picture-alliance/dpa/B. Thissen

Die UEFA will 10.000 private Sicherheitsleute engagieren. Einen Vorgeschmack in Sachen Sicherheit gab es beim Rugby-Spiel Anfang Februar zwischen Frankreich und Italien. Es war die erste Sportveranstaltung im Stade de France, nachdem sich am 13. November während des Fußballspiels zwischen Frankreich und Deutschland drei Selbstmordattentäter nahe des Stadions in die Luft gesprengt hatten. Fans sollten frühzeitig zum Stadion kommen, die Zahl der Polizisten wurde verdreifacht, beim Sicherheitsdienst standen statt sonst 750 etwa 900 Mitarbeiter bereit, Spürhunde und Scharfschützen wachten am Stadion.

"Auf alle Hypothesen vorbereiten"

Allerdings sehen Kritiker den eigentlichen Schwachpunkt abseits der Stadien. Sie warnen, vor allem die Fanmeilen seien mögliche Anschlagsziele und nur schwer zu sichern. Zu den 51 EM-Spielen werden rund 2,5 Millionen Zuschauer in den Stadien erwartet, in den zehn Fanzonen könnten es weitere sieben Millionen sein. Die Behörden haben angekündigt, auch hier strenge Vorkehrungen zu treffen. Zugänge werden gesichert, Besucher durchsucht, die Gelände per Video überwacht. Und Innenminister Bernard Cazeneuve schließt nicht aus, Fanzonen bei Gefahr abzuriegeln und die dortigen Übertragungen der Spiele abzusagen. In Dutzenden Übungen trainieren Sicherheitskräfte im ganzen Land für den Ernstfall - vergangene Woche simulierten sie beispielsweise in Nimes ein Attentat mit einer "schmutzigen Bombe" in einer Fanzone. "Nicht, weil es ein reales Risiko eines solchen Anschlags gibt, sondern weil wir uns aus Vorsicht auf alle Hypothesen vorbereiten müssen", sagte Cazeneuve.

"Keine Gefahr bei Spielen gegen England und Italien"

Die EM geht erst in zweieinhalb Monaten los – bis dahin gibt es noch zahlreiche Testspiele. Die deutsche Nationalmannschaft spielt zum Beispiel am kommenden Samstag in Berlin im Klassiker gegen England. Für den DFB-Sicherheitsbeauftragten Hendrik Große Lefert ist trotz der aktuellen Terrorgefahr die Austragung in Berlin nicht gefährdet. "Wir haben keine Hinweise, die auf eine Spielgefährdung in den kommenden Tagen hinweisen", sagte Große Lefert drei Tage vor dem Spiel im Olympiastadion in der Hauptstadt. Auch die Begegnung des Weltmeisters am kommenden Dienstag in München gegen Italien werde deshalb wie geplant stattfinden. Große Lefert bestätigte zwar, dass aufgrund der aktuellen Umstände das Personal bei Polizei und weiteren Sicherheitskräften entsprechend aufgestockt worden sei, konkrete Angaben konnte und wollte er aber nicht machen.

Hendrik Große Lefert Sicherheitsbeauftragter des Deutschen Fußball-Bundes
DFB-Sicherheitsbeauftragter Große Lefert: "Sollte es konkrete Hinweise geben, würden wir handeln"Bild: picture-alliance/dpa/C. Charisius

Nach den Terroranschlägen von Brüssel habe der DFB aber den Kontakt zu den zuständigen Berliner Behörden noch einmal intensiviert. Das Sicherheitskonzept sei nochmals genauestens überprüft worden und einzelne Maßnahmen seien angepasst worden. "Selbstverständlich fließen die jüngsten Ereignisse von Brüssel und die Erkenntnisse der Sicherheitsbehörden vor Ort in die Lageeinschätzung für die Länderspiele in Berlin und München ein", erklärte er: Große Lefert sagte aber auch: "Die Situation von Hannover hat gezeigt, dass gehandelt wird, wenn konkrete Hinweise vorliegen. Danach sieht es aber nicht aus." Dass Trittbrettfahrer für Unruhe sorgen, sei allerdings nicht ausgeschlossen.