'Wir sind im Krieg'
14. Mai 2008Die Zielrichtung ist klar: Wer im Verdacht steht, bei der oppositionellen Bewegung für einen Demokratischen Wandel (MDC) sein Kreuzchen gemacht zu haben, der ist in Gefahr. Warum, das erklärte Mugabe selbst. Vor den Wahlen und danach auch. Es werde sich niemals etwas ändern, sagt er immer wieder. Das soll heißen: Er wird niemals sein Amt abgeben, aus welchem Grund auch immer.
Für die Simbabwer bedeutet das nichts Gutes. Dabei sind sie schon viel gewohnt. Seit Jahren leben sie in Angst und mit dem Schrecken, den die staatlich organisierte Gewalt mit sich bringt. Doch so schlimm wie jetzt war es noch nie.
"Ich weiß nicht, wohin es in diesem Land noch gehen soll, sagt ein junger Mann, der gerade seinen Vater beerdigt. Am 12. April sei er von Anhängern der Regierungspartei ZANU-PF angegriffen worden. "Sie haben auf ihn eingestochen", sagt der Sohn und die Ehefrau der Mordopfers ergänzt: "Ich bin gerannt, als ich meinen Mann am Boden liegen sah. Er blutete aus dem Mund und auch sein Bauch war voller Blut." Sie habe versucht, die Blutungen zu stillen, sagt die Frau mit tränenerstickter Stimme. Am nächsten Morgen starb ihr Mann. Er ist eines von vielen Opfern.
Wer falsch gewählt haben könnte, wird bestraft
Der MDC-Vorsitzende Morgan Tsvangirai spricht deshalb auch von einem Krieg, der in seinem Land geführt wird. "In Simbabwe brennt es", sagt er vor Journalisten. Verantwortlich dafür macht er Präsident Mugabe und seine Schlägertruppen: Soldaten, Polizisten, Milizionäre und Anhänger der ZANU-PF-Jugendorganisation. Sie gingen mit Gewalt gegen die Menschen vor, erklärt Tsvangirai – als Bestrafung dafür, dass sie für den Wandel gestimmt haben. Es gab mindestens 15 Tote, andere sprechen von bis zu 30 Mordopfern, weitere Menschen werden vermisst. Tausende Menschen wurden verprügelt, ihre Häuser wurden niedergebrannt, ihr Hab und Gut gestohlen.
Es ist ein Leben in ständiger Angst, denn überall sind Polizisten und Soldaten in voller Kampfmontur und mit schwerem Gerät im Einsatz. Doch die Regierung tut so, als sei alles in Ordnung. Justizminister Patrick Chinamasa – sein Parlamentsmandat hat er zwar gerade verloren – hetzt deshalb gegen die MDC. Sie verbreite Lügen, sagt er und erklärt: "Wir weisen die Anschuldigungen, dass Menschen aufgrund von politisch motivierter Gewalt sterben, komplett zurück." Stattdessen, so Chinamasas Ratschlag, sollte man genauer nachfragen und herausfinden, ob die Opfer denn auch Namen hätten.
Zehntausende wurden schon vertrieben
Sie haben Namen. Jeder einzelne von ihnen. Und viele haben sie aufgeschrieben: Menschenrechtsorganisationen, Oppositionsanhänger und natürlich auch die Augenzeugen. Ein alter Mann, der nach einem Angriff auf sein Haus in die Parteizentrale der MDC geflüchtet ist, erinnert sich sehr gut: "Sie heißen Mr. Gijima oder Mr. Makore, Mr. Chimutwe und Gideon oder Jokora", sagt er.
Sie alle seien schwer verletzt worden, würden keine ärztliche Hilfe bekommen. Sie könnten nur zu Hause sitzen und weinen. So wie der alte Mann sind zehntausende Menschen im vergangenen Monat aus ihren Häusern geflüchtet. Die meisten würden jetzt im Busch leben, sagt ein Vertriebener. Sie hätten nichts mehr zu essen und auch keine Kleidung. Als Mugabes Anhänger ihre Häuser anzündeten, sei alles verbrannt.
Eine Stichwahl ist unter diesen Voraussetzungen unmöglich
Über Nachrichten wie diese machen sich viele Sorgen. Eigentlich müsste bald die Stichwahl zwischen Mugabe und Tsvangirai stattfinden. Doch die Opposition warnt: In einer Situation wie dieser mache es keinen Sinn, sagt der MDC-Chef. Nur wenn internationale Wahlbeobachter ins Land gelassen würden, wenn die Wahlkommission tatsächlich unabhängig ist und die Menschen in Simbabwe wieder Vertrauen in den Wahlprozess gefasst haben, nur dann könnte eine Stichwahl stattfinden.
Unterstützung bekommt die Opposition dabei aus dem Ausland. Gerade erst mahnte der Leiter des südafrikanischen Wahlbeobachterteams, Kingsley Mamabolo, zu mehr Zückhaltung seitens der Regierung. "Man kann die nächste Wahlrunde nicht in so einer Atmosphäre abhalten", sagte er bei einem Treffen der Außenminister des regionalen Staatenverbunds SADC in Tansania. Es wäre nicht hilfreich, ergänzte er, denn es würde viele neue Probleme verursachen. Neben der SADC haben auch die Panafrikanische Union, europäische Staats- und Regierungschefs, die USA und die Vereinten Nationen an Mugabe appelliert. Doch gegen Worte ist Präsident Mugabe schon lange immun.