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Wirbel um geheime TTIP-Papiere

1. Mai 2016

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace will heute Teile des umstrittenen Handelsabkommens TTIP veröffentlichen. Darin wird offenbar deutlich, wie stark die US-Regierung Europa bei den Verhandlungen unter Druck setzt.

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Greenpeace-Aktivisten bei einem Protest gegen das Freihandelsabkommen TTIP in Brüssel (Foto: dpa)
Greenpeace-Aktivisten blockierten im Februar den Eingang zum EU-Hauptquartier in Brüssel, um gegen TTIP zu protestierenBild: picture-alliance/dpa/O. Hoslet

Greenpeace stellte die insgesamt 240 Seiten umfassenden Abschriften der geheimen Verhandlungsdokumente zunächst der "Süddeutschen Zeitung" (SZ) sowie den Sendern WDR und NDR zur Verfügung. Am Mittag sollen die Dokumente im Rahmen einer Pressekonferenz dann auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

"Ein Albtraum"

Greenpeace befürchtet vor allem, dass in Europa durch das Handelsabkommen deutlich schwächere Umweltstandards drohen. Künftig solle nach den Vorstellungen der Unterhändler aus Washington das in den USA angewandte Risikoprinzip gelten. Eine mögliche Folge: Dadurch dürften in Europa auch hoch umstrittene und bislang in vielen Ländern nicht zugelassene genmanipulierte Pflanzen und Lebensmittel so lange angebaut und konsumiert werden, bis ihre Schädlichkeit nachgewiesen sei.

"Was bislang aus diesen Geheimverhandlungen an die Öffentlichkeit drang, klang wie ein Albtraum. Jetzt wissen wir, daraus könnte sehr bald Realität werden", sagt Greenpeace-Handelsexperte Jürgen Knirsch. Mehrere mit den Verhandlungen vertraute Personen bestätigten den Medien, dass es sich bei den vorliegenden Dokumenten um aktuelle Papiere handelt. Greenpeace ist nach eigenen Angaben im Besitz der Originale.

Nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" droht Washington damit, Exporterleichterungen für die europäische Autoindustrie zu blockieren, um im Gegenzug zu erreichen, dass die EU mehr US-Agrarprodukte abnimmt. Die Dokumente offenbaren den Berichten zufolge zudem, dass sich die USA dem dringenden europäischen Wunsch verweigern, die umstrittenen privaten Schiedsgerichte für Konzernklagen durch ein öffentliches Modell zu ersetzen.

Berlin Wirtschaftsministerium TTIP-Dokumente Leseraum
Der Leseraum im WirtschaftsministeriumBild: picture-alliance/NurPhoto/M. Heine

Mit der Veröffentlichung der TTIP-Unterlagen würden die Bürger erstmals ungefiltert Einblick in die Verhandlungen zwischen USA und Europa erhalten, schreibt die Zeitung weiter. Timm Klotzeck, einer der Chefs des Magazins der SZ, veröffentlichte über den Kurznachrichtendienst Twitter die Schlagzeile des Blattes.

Seit Beginn der Gespräche vor knapp drei Jahren ist die Öffentlichkeit vor allem auf Vermutungen angewiesen, worüber beide Seiten wirklich reden. Auch deshalb wächst der Widerstand gegen TTIP. Während die EU ihre Vorschläge veröffentlicht, beharren die USA auf Geheimhaltung ihrer Positionen. Selbst Parlamentarier in Berlin durften die Texte bislang nur in behördlichen Leseräumen einsehen.

Genmanipulierte Lebensmittel bald normal?

"Es ist sehr interessant zu sehen, was die USA fordern", sagt Klaus Müller, Vorstand des Bundesverbands der Verbraucherzentralen, in der SZ zu den Dokumenten. "Es bestätigen sich in den Texten bisher so ziemlich alle unsere Befürchtungen bezogen auf das, was die US-Amerikaner bei TTIP in Bezug auf den Lebensmittelmarkt erreichen wollen", sagte Müller. Werden damit genmanipulierte Lebensmittel auch in Europa zum Normalfall?

US-Präsident Barack Obama und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatten bei ihrem Treffen in Hannover vor einer Woche zur Eile bei den TTIP-Verhandlungen gemahnt. Merkel betonte, das Freihandelsabkommen sei aus europäischer Perspektive sehr wichtig für das Wirtschaftswachstum in Europa. Obama brachte zwar seine Hoffnung zum Ausdruck, bis Anfang 2017 die Verhandlungen zu beenden. Er ging aber wegen des Wahlkampfs in den USA nicht von einer so raschen Ratifizierung des Abkommens aus.

Hannover Messe US-Präsident Obama und Kanzlerin Merkel
Bei ihrem Treffen in Hannover: Obama und MerkelBild: Getty Images/AFP/A. Körner

ml/kle (dpa,afp,rtr)