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Wird eSport in Deutschland offizieller Sport?

12. Juni 2018

Die Politik in Deutschland denkt darüber nach, eSport als Sportart anzuerkennen. Das hätte weitreichende Auswirkungen auf die Computerspiel-Industrie des Landes und würde den digitalen Sport weiter legitimieren.

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Deutschland eSports Turnier "Virtuelle Bundesliga" in Düsseldorf
Bild: DW/M. van Daele

Das anhaltende Wachstum von eSport hat die Computerspiel-Wettbewerbe immer mehr in den Fokus einer breiten Öffentlichkeit gerückt. Zusätzlich hat es eine Debatte über die Rolle von Computerspielen in der deutschen Gesellschaft ausgelöst und eine Diskussion darüber, ob eSport offiziell als Sport eingestuft werden sollte. Mittlerweile sieht es mehr und mehr danach aus, dass dies wirklich geschehen wird. Die große Koalition von Bundeskanzlerin Angela Merkel aus CDU/CSU und SPD hat sich im Koalitionsvertrag darauf verständigt, eSport anzuerkennen. Die dazu notwendigen Gesetzesvorschriften sind jedoch noch nicht verabschiedet.

"Der eSport galt lange Zeit als Nischenthema, das in der Regel nur von Experten diskutiert wurde. Er ist nun an einem Wendepunkt angelangt, an dem er für die gesamte Gesellschaft ein bedeutendes Thema geworden ist und nicht ignoriert werden kann", sagte Konstantin von Notz, stellvertretender Fraktionschef der Grünen im Bundestag. Die Oppositionspartei hatte zu einer Diskussionsrunde nach Berlin eingeladen. Es sei jetzt an der Zeit, ernsthaft über die Anerkennung von eSport als Sport zu diskutieren, sagte von Notz.

Eine laufende Debatte

Deutschland Bundestagsdebatte Berlin | Konstantin von Notz, Bündnis 90/Die Grünen
Konstantin von NotzBild: picture-alliance/dpa/K. Nietfeld

Veronika Rücker, Vorstandschefin des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), kam zum Kern des Problems. "Es ist schwierig festzustellen, ob eSports ein Sport ist, da sich das Verständnis dessen, was einen Sport ausmacht, im Laufe der Zeit entwickelt und verändert hat und nicht immer einfach zu definieren ist", sagte Rücker. Auf die große Vielfalt des eSports wies Hans Jagnow, Präsident des deutschen eSport-Verbands (ESBD) hin. Neben Sportspielen wie FIFA gebe es Ego-Shooter-Spiele wie "Counter Strike" und Multiplayer Online Battle Arena (MOBA)-Titel wie "League of Legends" oder "Dota 2". Die Beurteilung dieser extrem unterschiedlichen Spielarten sowie der immer beliebtere Virtual-Reality-Programme ist keine leichte Aufgabe.

Bald gemeinnützig?

Bei der Klassifizierung von eSport als Sport geht es nicht nur darum, wie er in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird oder ob den Spielern ausreichend Respekt gezollt wird, sondern auch um weitreichende politische und finanzielle Auswirkungen. Die ESBD wurde Ende 2017 als nationale Organisation der eSport-Vereine und -Spieler gegründet. Der Dachverband drängt auf eine offizielle Anerkennung als Sportart. Dies sei entscheidend für die Entwicklung des eSports, sagte ESBD-Chef Jagnow. Die eSport-Klubs erhielten dann den Status gemeinnütziger Vereine, was ihnen rechtliche und steuerliche Vorteile brächte und ihnen die Tür für öffentliche Zuschüsse öffnen würde.

Laut Jagnow sagte, der Non-Profit-Status "wäre eine große Erleichterung, vor allem für kleinere Clubs. Weniger oft auditiert zu werden, Fragen des Sponsorings zu klären, wo man spielen und trainieren kann, die Finanzen so klar und einfach zu organisieren wie jede andere Sportart, hätte einen großen Einfluss."

eSports Runder Tisch Diskussion
Runder Tisch in Berlin: Grünen-Politiker und Vertreter der deutschen eSports-Szene im GesprächBild: Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen

Die Bundestagsfraktion der Grünen denkt noch immer über ihre Position zu eSports nach, aber die meisten der Anwesenden am Runden Tisch sind weitgehend dafür, ihn als Sport anzuerkennen, und die Berliner Sektion der Partei hat eSports kürzlich voll und ganz unterstützt. Die Befürworter hoffen, dass die Veranstaltung am Montag dazu beitragen wird, das Thema auf der Prioritätenliste der Großen Koalition ganz oben zu halten.

Olympische Ambitionen

Könnte es eSports vielleicht sogar rechtzeitig vor den Sommerspielen 2024 in Paris noch ins Programm der Olympische Spiele schaffen? Möglicherweise dann, wenn die Regierung von Angela Merkel sich darum kümmert. Die derzeitige Koalitionsvereinbarung beinhaltet die Verpflichtung, die Idee der Einführung von eSports in den olympischen Wettkampf zu unterstützen. Auch am Runden Tisch am Montag fand das Thema große Unterstützung. Es ist jedoch nicht die Entscheidung der deutschen Regierung.

Bisher hat der DOSB es abgelehnt, eSports als Sport anzuerkennen, aber Rücker hat offenbar erkannt, dass man das Thema nicht für immer ignorieren kann. "Wir glauben, dass eSports, insbesondere durch seine Reichweite in bestimmte Bevölkerungsgruppen, eine große Chance bietet, den organisierten Sport zu fördern", sagte sie.

Der DOSB soll bis Ende des Jahres entscheiden, ob er eSports anerkennt. Allerdings könnte die rasante Entwicklung der Spiele beim Streben nach der Aufnahme in den Olympia-Kanon sogar als Beschleuniger wirken. Schließelich, so bemerkte Rücker, sei schwer zu prognostizieren, welche Spiele in vier Jahren populär sein werden.

Egal, was der DOSB entscheidet, das Internationale Olympische Komitee (IOC) hat das letzte Wort wenn es darum geht, eSports bei den Olympischen Spielen einzuführen. Und bei weniger traditionellen Sportarten wie Sportklettern, Surfen und Skateboardfahren hat das IOC in den vergangenen Jahren viel Flexibilität bewiesen.