Ehrung für Johnson Sirleaf
22. Juni 2014Die liberianische Staatspräsidentin und Friedensnobelpreisträgerin Ellen Johnson Sirleaf erhält am Sonntag (22.06.2014) den "Weltwirtschaftlichen Preis", der ihr von dem Institut für Weltwirtschaft an der Universität Kiel und dessen Partnern verliehen wird. Neben Sirleaf werden die indische Biotechnologie-Unternehmerin Kiran Mazumdar-Shaw und der US-amerikanische Wirtschaftswissenschaftler Richard Thaler geehrt.
"Sie helfen uns zu verstehen, wie man aus der Globalisierung etwas Nachhaltiges schaffen kann", sagt Dennis Snower, der Präsident des Instituts für Weltwirtschaft, über die drei Preisträger.
Johnson Sirleaf, Afrikas erste demokratisch gewählte Präsidentin, bewegt sich schon lange souverän auf internationalem Parkett. Die Karriere der heute 75-Jährigen gilt als kometenhaft. Begonnen hat sie mit einem Stipendium für ein Wirtschaftsstudium an der US-Eliteuniversität Harvard. Das Studium ebnete ihr den Weg für Positionen bei der Weltbank und den Vereinten Nationen. Sirleaf profilierte sich als strenge Finanzpolitikerin, was ihr später den Namen der "eisernen Lady" einbrachte.
Ellen Johnson Sirleaf - die Versöhnerin
Den Höhepunkt ihrer bisherigen Laufbahn erreichte sie im Jahr 2006, als sie zur ersten Staatchefin Liberias und des afrikanischen Kontinents vereidigt wurde. Johnson Sirleaf verstand es, ein Land zu einen, das nur Zerstörung kannte: 14 Jahre Bürgerkrieg, in dem schätzungsweise eine Viertelmillion Menschen starben. Die Menschen waren traumatisiert, unzählige Frauen waren vergewaltigt worden. Die Infrastruktur in Liberia war zerstört, es gab weder Wasser noch Strom.
Johnson Sirleaf war es, die den Menschen wieder Hoffnung und eine Zukunftsvision vermittelte. Dass sie eine Frau war, habe vor allem auch die Frauen motiviert, sich an der Politik zu beteiligen, sagte Betty Arsen, eine Verkäuferin in Monrovia. "Wir wählten Madam Sirleaf in der Hoffnung, sie werde den Frauen helfen."
Stark für Frauen
Ellen Johnson Sirleaf trat an und versprach, eine Null-Toleranz-Politik gegenüber Korruption durchzusetzen. Das jedoch ist ihr nicht immer gelungen. Frances Johnson-Allison, die Vorsitzende der liberianischen Anti-Korruptions-Kommission, warf ihr im Juli 2013 vor, im Kampf gegen Bestechung zu nachsichtig zu sein.
Dafür erreichte sie einen Schuldenerlass für ihr Land in Höhe von über vier Milliarden US-Dollar. Sie überzeugte Investoren, dass es sich wieder lohne, in das kleine, an Bodenschätzen reiche Land zu investieren. Das Exportverbot für Diamanten und Edelhölzer wurde unter Sirleafs Führung aufgehoben. 2011 wurde sie für den Kampf um Frauenrechte mit dem Friedensnobelpreis geehrt.
Yasmin Jusu-Sherriff, Anwältin und Menschenrechtlerin aus dem Nachbarland Sierra Leone, erinnert sich, wie sie sich damals gemeinsam mit Frauen aus Guinea und Liberia für die weibliche Präsidentschaftskandidatin stark machte. "Wir sahen die Wahl von Ellen Johnson Sirleaf als ganz entscheidend für den Friedensprozess in unserer Region an“, sagte Jusu-Sherriff.
Dunkles Kapitel: Kriegsverbrecher Charles Taylor
Dennoch ist die jetzt geehrte afrikanische Staatsfrau ist nicht unumstritten. Ein Bericht der Wahrheits- und Versöhnungskommission in Liberia warf ihr vor, den Kriegsverbrecher Charles Taylor in den 1980er Jahren unterstützt zu haben. Der Bürgerkrieg zwischen 1989 und 2003, ein Machtkampf zwischen verschiedenen Volksgruppen und Warlords, hatte Verwüstung und Leid hinterlassen.
Im Mittelpunkt: Rebellenführer Charles Taylor, der den brutalen Präsidenten Samuel Doe aus dem Amt jagen wollte. Johnson Sirleaf musste unter Doe in den 80er Jahren ins Gefängnis - und begrüßte deshalb zunächst das Eingreifen Charles Taylors. Ein großer Fehler, wie sie später zugeben muss. Taylors Kämpfer folterten nicht nur den Präsidenten Doe zu Tode, sondern terrorisierten auch weite Teile des Landes. Johnson Sirleaf stellte sich daraufhin gegen Taylor, der 2012 wegen Kriegsverbrechen verurteilt wurde.
Wegen ihrer Kontakte zu Taylor empfahl die Wahrheits- und Versöhnungskommission, die in der Amtszeit von Johnson Sirleaf das jahrelange Morden in Liberia aufarbeitete, dass die Präsidentin nicht für eine zweite Amtszeit antreten soll. Doch sie trat trotzdem 2011 erneut zur Wahl an - und gewann.
Kritik erntete Johnson Sirleaf auch, weil sie Familienmitgliedern Jobs zuschacherte - so verhalf sie ihrem Sohn etwa zu einem lukrativen Aufsichtsratsposten bei der nationalen Öl-Firma. Und auch die großen Probleme im Land kann sie nicht lösen: Sie bekommt die Korruption, die Arbeitslosigkeit und die bittere Armut nicht in den Griff.